In
den Wind gesprochen (6):
Nie
war der Weg zum eigenen Schiff preiswerter wie jetzt?
Die Zahl derjenigen, die demnächst "auf Langfahrt"
gehen wollen, steigt unaufhörlich. Hier gehen täglich Mails ein, von durchaus
ernsthaften Weltumsegelungsaspiranten, aber auch von Träumern, von
Millionären, die auf die unbequemste Art, nämlich auf einem Segelschiff reisen
vollen, von Spinnern (meistens jungen Leuten, kaum der Pubertät entwachsen),
aber auch richtigen Seglern mit viel (Seemanns-)Handwerk im
Hintergrund - und von Wichtigmachern.
Fast
allen gemein ist die Suche nach dem geeigneten Schiff. Wobei sich meistens auf der Wunschliste eine neue
Yacht mangels Masse von vorneherein nicht findet.
Umgekehrt gibt es aber auch Kandidaten, die durchaus großzügig ihre
finanziellen Möglichkeit im Hinblick auf ein werftneues Boot darlegen. Und das gibt
Anlass zum Wundern. Denn der, fast immer sechsstellige Betrag, reicht vorne und
hinten nicht, ein neues Schiff der gewünschten Größe ins Kalkül zu ziehen,
andererseits wäre es damit ein Leichtes, zu einem adäquaten Schiff zu kommen. Wenn man
sich mit einem second-hand-Schiff begnügt.
Denn
der Markt mit Plastikschiffen ist übervoll. Und von denen wird nur eine
verschwindend geringe Prozentzahl entsprechend den Anschaffungskosten genutzt.
Meist stand zu Beginn der Yachteignerkarriere ein Traum Pate. Der Traum von der
eigenen Yacht, mit der man über die Meere segelt, vor seinen Freunden den
erfolgreichen Yachty, spielt wie es die Werbung den Leuten halt so vorgaukelt:
("meine Yacht, mein...").
Die
Realität überholte schnell die Träume: Horrende Liegeplatzgebühren, gar
mafiöse Betreuerstrukturen in Mittelmeer-Marinas, der übliche und schon ganz normale
Ärger mit der Werft wegen unverständlicher Mängel am Schiff, die ständige
Drohung mit neuen Segel- und Funk-Scheinen, das Damoklesschwert neuer Steuern (wie
demnächst in Griechenland) , kurzum, finanzielle Belastungen, wie sie vor Beginn der
Kapitäns-Karriere auf eigener Yacht einem niemand vorhergesagt hat. Bestandteil solcher Träume (Alpträume?) war aber auch die Suche nach einem
neuen persönlichen Image - wer ist davon nicht ganz frei? - mit dem man sich
als bewunderter Yachteigner im Freundeskreis schon sah (Nochmals: "Meine
Yacht, mein...!")
Und
dann dieses: Freunde, vor denen man bei gemeinsamen Urlauben produzieren wollte,
waren plötzlich selbst Yachteigner, suchten selbst Mitsegler im Urlaub, die
heranwachsenden Kinder hatten plötzlich keine Lust mehr auf die so unsäglich
langweiligen Segeltörns. Kurzum: Die Yacht wurde zur Belastung, zeitlich und
finanziell. Der Entschluss war dann unausweichlich: "Weg damit!".
Was
dann kam, war meist der ganz große Niederschlag, wie ich selbst im eigenen
Bekanntenkreis vielfach(!) miterleben konnte. Beim Streuen des Gerüchts, man
denke an ein Aufhören, herrschte noch gedämpfter Optimismus, beim ersten
Inserat in der YACHT (wo sonst?) wollte man die Realität nicht einsehen. Und
erst bei der vierten Schaltung, als sich dann immer noch kein Inserent gemeldet
hatte, wusste man, dass sich die Trennung von der einst geliebten Yacht noch
lange hinziehen würde. Und irgendwann kam die niederschmetternde Einsicht:
"Die Yacht ist nicht zu verkaufen - jedenfalls bei Weitem nicht zu dem
Wunschpreis, den man sich, immer noch optimistisch aus Anschaffungspreis plus
hineingesteckter Technik und daraus dann 80 Prozent, oder auch 70 Prozent, oder
vielleicht gar nur 60 Prozent errechnet. Dramen werden von den Fakten
überdeckt. Ein freund, stolzer Eigner einer 1,4 Millionen-Yacht brauchte fast
fünf Jahre um die Yacht für wenige hunderttausend an den Mann zu bringen. Zu
einem Preis, den er im ersten "Verkaufsjahr" noch entrüstet abgelehnt
hatte. Zu den erheblichen finanziellen Verlusten kam die verlorene (Segel-)Zeit,
denn die Yacht war in den vergangenen Jahren nur noch Quell von Enttäuschungen,
ein lästiges schwerwiegendes Anhängsel.
Klartext:
Im Regelfall kann heute eine Yacht nur noch über den Preis verkauft werden! Und
der liegt sicher nicht über der Hälfte des Anschaffungspreises - solange der
Käufer einigermaßen bei Verstand und Bewusstsein um die Marktsituation ist.
Ein erfahrener Schiffshändler hat für die "armen" Schiffverkäufer
einen lebensnahen Rat parat: "Nicht vorbieten, sondern von vorneherein den
Preis nennen, den man unter allen denkbaren schlechten Umständen gerade noch
erzielen muss und dann, bei Erscheinen eines Interessenten, nachgeben!"
Der
Markt ist eben überfüllt, jahrelange Überproduktion ist genauso daran schuld,
wie die naturgegebene Beschränktheit an Liegeplätzen oder die Einengung der
Gewässer durch - berechtigte - Sorgen um die Umwelt. Vor allem, Schiffe
verrotten nicht (mehr), verschwinden nicht vom Markt wie Autos, Abwrackprämien
für Yachten gibt es nicht (warum eigentlich nicht?).
Eine
desaströse Situation - nur für Yachteigner!
Und
ein wunderbarer Markt für jene, die eine Yacht suchen. Bargeld vorausgesetzt.
Vor einem Fehler aber darf gewarnt werden: Sich einen
"Pflichtenkatalog" zurechtzulegen, wie die "neue" (alte)
Yacht beschaffen sein soll. So als ob man zu einer Werft ginge und einen
Bauauftrag erteile, wie es vor einem halben Jahrhundert vielleicht noch die
Regel war. Dann wird man - zunächst - nie fündig, und wird sich dann mit einer
"Notlösung" zufrieden geben müssen.
Besser
ist es, ganz grobe Wunschvorstellungen sich selbst vorzugeben. Meine Anforderungsliste
würde zum Beispiel so aussehen: "Mono, Kunststoff,
Einmaster, circa 12 Meter, nicht älter als 20 Jahre, kein Teakdeck, Liegeplatz
Mittelmeer, maximal 50 Tausend."
Und
wenn ich dann die Yacht "vor mir" hab, dann werd ich mich halt mit ein
paar Ausrüstungsgegenständen anfreunden müssen - oder mich daran erfreuen.
Der
verlangte Preis ist niemals gerechtfertigt, sondern immer als Verhandlungsbasis
anzusehen, da kann hundertmal der Ausdruck "Fixpreis",
"Festpreis" oder ähnliches im Inserat stehen. Und wenn der Verkäufer
doch darauf beharrt? Einfach in einem halben Jahr nochmals nachfragen! Denn mit
einiger Sicherheit ist die Yacht immer noch da - und der Verkäufer um einige
hundert oder tausend Euronen an Liegplatzgebühren, Versicherungen, Reparaturen
ärmer.
Habe
es schon öfter geschrieben: Würde ich eine Second-Hand-Yacht suchen, hätte
ich heute(!) keine Bedenken, ein Schiff aus einem renommierten Charterbetrieb zu
kaufen. Leistungsfähige Charterbetriebe pflegen ihre Yachten erheblich besser
als Privatleute - jedenfalls in technischer Hinsicht. Sonst würden sie Kunden
nicht lange halten können. Denn per Coconut-Radio, Küstenklatsch oder Foren werden schwarze Schafe unter den Vercharterern gnadenlos hingerichtet.
Und wenn eine Yacht jahrelang Chartergäste überlebt hat, wird sie locker meine
paar tausend Meilen durchstehen, die ihr unter meiner Skipperschaft noch
bevorstehen.
Ich
hätte auch keine Hemmungen, mir eine dieser häufig und viel geschmähten
Yachten aus großen französischen oder auch deutschen Werften (Hanse, Bavaria)
in Plastik anzuschaffen. Bei deren großen Stückzahlen ist die
Wahrscheinlichkeit gering, ein Krücke zu bekommen. Das gilt um so mehr, wenn sie
den Charterbetrieb jahrelang einigermaßen unbeschadet überstanden haben.
Regelrecht
unvernünftig ist es, sich eine neue Yacht anzuschaffen. Kaum aus der Werft hat
sich schon 30 Prozent ihres Wertes verloren. Und die sogenannten hochpreisigen
Yachten - Namen seien hier verschwiegen - sind nicht die Hälfte ihres Geldes
Wert - mal rein wirtschaftlich gerechnet.
Aber,
ist Segeln überhaupt vernünftig? Ist es vernünftig, sich einen Ferrari, einen
Flügeltürer von Mercedes anzuschaffen? Wobei diese Mythosautos um einiges
billiger sind, als manche 13-Meter-Yacht aus einer Edelwerft - dies nur nebenbei. Segeln wir nicht
auch oder gerade deshalb, weil es so schön unvernünftig ist?

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