In
den Wind gesprochen (31):
Geteilte
Freud' ist doppeltes Leid
Davon träumen viele: Eine Yacht
kaufen und um die Welt segeln. Nur leider, der Blick aufs Konto verrät's, es reicht nicht für ein geeignetes Schiff, auch wenn man seine Ansprüche an die Größe der Yacht
noch so
sehr zurückschraubt. Doch dann ist da der Moment, wo man auf die scheinbar gute Idee kommt, wie man den Traum realisieren könnte...
Ist man denn nicht seit vielen Jahren mit Maria und John gut befreundet? Haben
wir uns nicht immer gut verstanden, Streit gab es nie? Haben die nicht den
gleichen Traum? Und reicht es bei denen auch nicht für eine geeignete Yacht?
Was liegt in einem solchen Fall näher, als Traum, Geld und Arbeitskraft zusammenzulegen, also eine schöne, große
Yacht aus der Gemeinschaftskasse zu kaufen , sich ein paar Jahre aus der tristen Arbeitswelt auszuklammern und um die Welt zu segeln
. Die
finanzielle Rechnung geht dann doch auf. Synergien freisetzen, nennt man das
heute wohl. Ozeane und Südsee, wir kommen!
Vor vielen Jahren hab ich von einer
Weltumsegelung gelesen, die von einer Studentencrew in ziemlich kurzer Zeit, es
waren so an die zwei Jahre erfolgreich durchgeführt worden ist. Das ist
allerdings der einzige mir bekannte Fall, wo so ein Experiment gelang. Ansonsten hab ich in meiner Umgebung nur
Misserfolge, nein,
das ist nicht der richtige Ausdruck, nur Katastrophen erlebt.
Zwei junge amerikanische Pärchen, befreundet seit Sandkastenzeiten, hatten ihre
ganzen Ersparnisse für das Projekt Weltumsegelung zusammengelegt und sich eine
hübsche 33-Fuß-Yacht angelacht. Ich hab sie in Galapagos getroffen, sie waren
auf dem Weg nach Hawaii. 55 Tage dauerte die Überfahrt und der erste Satz, den
eines der Mädchen uns danach geschrieben hatte, lautete: "Es war eine
einzige Schlacht; gegen Ende bezichtigten sie uns auch noch des Diebstahls von Lebensmitteln!" Zwei junge Deutsche, die
es letztlich irgendwie gemeinsam um die Welt geschafft haben, schrieen sich auf den Marquesas Inseln
so lautstark an, dass es jeder in der Bucht hören konnte. Der Streit endete
letztlich mit einem gellenden:
"Erschieß mich doch endlich!" Eine weitere Freundschaft, die nach ein
paar tausend Seemeilen - zumindest geräuschlos - zu
Ende ging: Als der Skipper nach einem Ausflug auf die gemeinsame Yacht
zurückkehrte, war sein Freund einfach verschwunden. Wortlos hatte er sich in
den Flieger gesetzt und war nach Hause geflogen. Ausgeträumt war sein Traum von
der Weltumsegelung, was schlimmer war als der Verzicht auf den
Miteigentums-Anteil an der gemeinsam gekauften Yacht.
Wenige Ausnahmen bestätigen die
Regel, dass solche Partnerschaften schief gehen. Aber warum ist das so?
Meist handelt es sich bei diesen Konstellationen doch um gutartige, vernünftige
Leute mit gesundem Verstand. Eine schlüssige Antwort ist nicht leicht. Einen
extrem negativen Einfluss hat sicher die Enge der Yacht, in die die Menschlein
eingesperrt sind. Tierversuche sind eindeutig: Auf je kleinerem Raum Ratten
zusammengesperrt sind, desto aggressiver reagieren sie. Ja, ich weiß... Aber warum sollte das
bei den Menschen anders sein, wenn der Bordalltag sie einholt, zumal die lange Zeit
einer Weltumsegelung, meist mehrere Jahre und Wochen auf See, gegen die
Freundschaft arbeitet. Am Anfang mag das gemeinsame Ziel "Einmal
Rund" noch verbinden, doch dann nimmt der Stress überhand. Unerwartete
Reparaturen, schlechtes Wetter, die Seekrankheit, vielleicht auch finanzielle
Probleme lasten auf der selbstgewählten Schicksalsgemeinschaft und unbewusst
sucht man die Schuld bei den anderen an Bord. Was sich aufschaukelt - die Länge
trägt die Last.
Warum aber funktioniert es bei einem
Paar, bei einer Lebensgemeinschaft? Selbst wenn der spärliche Platz an Bord einer
Yacht durch gemeinsame Kinder noch weiter eingeschränkt ist? Weil sich hier die
Partner von vorneherein zu einer Partnerschaft auf Lebensdauer
zusammengeschlossen und keine Zweckgemeinschaft zur Durchführung einer
Weltumsegelung gebildet haben. Die Frage kommt praktisch bei jedem Interview:
"Wenn man auf so engem Raum so lange zusammenlebt, kommt es da nicht zu
zwischenmenschlichen Problemen?" Meine Antwort nach vielen tausend Meilen
zusammen mit meiner Frau an Bord ist immer dieselbe:
"Nicht, dass ich wüsste!"
Aber selbst wenn Freunde (oder auch
bis dahin Fremde) der Meinung sind, dass das Experiment in ihrem Fall gelingen
wird, sollten sie so vernünftig ein und es zumindest für möglich halten, dass
es irgendwann zum großen Krach kommt. Die Konsequenz: Glasklare (schriftliche)
Verträge zu den Eigentumsverhältnissen am gemeinsamen Schiff und zwingende
Regelungen für den Fall, dass unterwegs die Gemeinschaft aufgelöst werden muss. Fehlt eine derartige Vereinbarung ist nicht nur der Bruch der Freundschaft
zu erwarten, sondern wird auch die Weltumsegelung unvollendet bleiben. Denn
wenn der Partner, der ja nie im Frieden scheidet, ausbezahlt werden muß, geht
das meist nur über den sofortigen Verkauf der Yacht. Damit ist der Schiffbruch
komplett. Zwingend ist also ein Vertrag, nachdem der oder die
ausgeschiedenen Partner nicht sofort ihr Eigentum am Schiff verlangen können.
Man könnte einwenden, eine Partnerschaft
ist zum Scheitern verurteilt, wenn sich schon zu Beginn das Mißtrauen breit
macht, welches mit einem geschriebenen Vertrag für den Fall des
Aussteigens eines Partners verbunden ist. Nein, wenn vom
Weltumsegelungstraum das Gehirn nicht ganz vernebelt ist, wird man die
Notwendigkeit einsehen. So wie man einen Ehevertag schließt, mit dem ja
auch die ewige Liebe in Frage gestellt wird. Und schließlich verfasst der
Vernünftige ja auch ein Testament und hofft, dass es nicht zum Tragen kommt.
Jedenfalls in nächster Zeit.
Es ist wunderbar, wenn man so viel
Vertrauen zu Freunden hat, eine gemeinsame Weltumsegelung anzugehen. Aber an
die 100%ige Sicherheit, dass sie gelingen wird, sollte man nicht glauben.
Ich kenn allerdings jetzt schon
einige Fälle, wo ich weiß, dass meine Worte in den Wind gesprochen sind.
Bobby Schenk
zur
Home-Page
Impressum und Datenschutzerklärung
|
|