In
den Wind gesprochen (65):
Das Herz einer Langfahrtyacht
Stéphane vom 14-Neter-Katamaran OLENA (www.sy-olena.ch) schreibt aus Tahiti:
"Zu deinem letzten "In den
Wind Gesprochen" Beitrag (siehe
auch hier!), kann ich nur sagen, genau so ist es.
Einige aktuelle Beispiele von uns. Morgen
Samstag, 2.11., erhalten wir unsere neue CY-Batteriebank (4x220Ah), in Garantie.
Weil von der aktuellen Bank 1 von 4 seit anfangs Juli tot ist und XY Ende Juli
freundlicherweise entschieden hat, alle 4 Batterien in Garantie zu ersetzen. Man
rechne die Lieferzeit Ende Juli zu anfangs November.
Nächstes Beispiel, anfangs
August, nach 419 Betriebsstunden und exakt eine Woche nach Garantieablauf hat
beim teuren ZZ-Generator, der Inverterteil das Zeitliche gesegnet. Die
freundlichen Leute von ZZ haben dann entschieden, das 11 Kg Teil unter Kulanz zu
ersetzen. Ausfallzeit , bis das gute Teil wieder 230 V lieferte: 7 Wochen.
Leider benötigt unser Watermaker 2,5 Kw/230V, somit mussten wir all die Zeit mit
Wasserkanistern irgendwo an Land Wasser kaufen, manchmal war es gratis. Aber mit
5 Nasen an Bord wöchentlich ca 400 Liter ankarren, ist nicht ganz ohne.
Weiteres Beispiel: Nachdem
ich Ende Juli konsterniert feststellen musste, dass viele von den benötigten
Ersatzteilen in Tahiti auch nicht erhältlich sind, habe ich beim großen WW in
Deutschland eine Bestellung aufgegeben. Angesagte Lieferzeit mit DHL: 1-3
Wochen, tatsächlich 6 Wochen!
Trotz bester und vorsorglicher
Pflege gehen sehr viele "Schiffs-Ausrüstungs-Teile" kaputt, Tatsache!
Die Amis unter den Seglern,
nehmen einen der täglichen Flieger nach Los Angeles oder San Francisco und
lassen sich die benötigten Ersatzteile ins Airporthotel liefern und kommen 3
Tage später wieder zurück mit Koffern voller Ware.
Ich sage es allen Landratten
und zukünftigen Weltumseglern. Auf dem Schiff hat man einen strengen
Arbeitgeber, in meinem Fall heißt er OLENA, bei dir hieß er THALASSA."
Ja,
man könnte heulen, wenn man solche Mails bekommt!
Sie
meinen, das hört sich doch ziemlich harmlos an? Was macht das schon, wenn man
wegen ein paar Reparaturen ein paar Wochen, vielleicht auch mal ein paar Monate
auf Ersatzteile warten muss? Weltumsegler haben doch praktisch unbegrenzt Zeit
und dabei genießen sie das dolce vita (laut eines Slogans aus der
sarkastischen Weltumsegel-Definition) „an den schönsten Plätzen der
Erde...".
Denkste!
Zeitverlust auf einer Weltumsegelung kann dramatisch sein.
Solche Leidensgeschichten (wie sie regelmäßig in meinem Postfach landen) sind
leider fast ganz was Normales. Dabei können die Konsequenzen aus
Ersatzteilschwierigkeiten dramatisch sein. Man versäumt zum Beispiel das Ende
der Hurricanesaison zum Weitersegeln, was zur Folge hat, dass ein Jahr zur
geplanten Weltumsegel-Zeit hinzu gerechnet werden muss. Ein kaum lösbares
Problem wegen der Schulplicht der Kinder, der Finanzen, des Wiedereinstiges in
den Beruf und so fort.
Abgesehen vom dem Ärger an vielen Plätzen mit Handwerkern, dem Zoll, den
sonstigen Behörden (Visa verfällt), entstehen dann unerwartete Kosten für teure
Marinas, die man eigentlich vermeiden wollte. Und ganz schlimm wird es, wenn man
sich auf einer Rally um die Welt, wie sie neuerdings für viel Geld verstärkt
angeboten werden, aus der Flotte ausklinken muss, denn es ist nicht anzunehmen,
dass die übrigen 20 Teilnehmer darauf warten, dass auf einem der anderen Schiffe
noch ein wichtiges Ersatzteil für den Generator ankommen muss. Die Verbliebenen
wollen vielmehr "betreut" weitersegeln.
Ausrüstung nach Störanfälligkeit auswählen!
Da
hilft es nur, die Ausrüstung der Yacht so zu wählen, dass die Chance auf
Reparaturen sehr gering ist. Also in erster Linie auf Überflüssiges zu
verzichten, denn Sie kennen ja die alte Binsenweisheit: "Was nicht an Bord ist,
kann auch nicht kaputt gehen!"
Das
geht beim Generator an. Was ist ein Strom-Generator in der Bordpraxis? Das
wissen wir doch: eine Verbrennungsmaschine (meistens - Diesel oder Benzin) mit
einer Stromerzeugerin dran, also einer Lichtmaschine (so eine populäre
Bezeichnung, besser benannt als „Alternator“ oder auch als „Dynamo“) . Nun haben
wir aber heute auf jeder Fahrtenyacht genau so ein Maschine (auf einem Katamaran
gar zwei!) ohnehin an Bord! Unsere Bordmaschine hat sogar meist einen ganz
mächtigen Stromerzeuger angeflanscht, der sogar ein paar PS für den Startermotor
liefen kann. Also warum einen Generator?
Nach
meinen Beobachtungen steht hierfür bei vielen Yachtkäufern etwas im Vordergrund,
was vielleicht menschlich verständlich ist, aber in technischer Hinsicht
nicht bestätigt werden kann: Zwar sind unsere Yachten, die auf Langfahrt gehen,
allesamt Segelyachten, aber bei deren Größe und gleichzeitig zahlenmäßig kleiner
Mannschaft ist es nicht verwunderlich, dass wir, ein bisserl wie Motorbootfahrer
(ja!), ohne die Maschine die Segelyacht nicht mehr bewegen, ja bei unseren engen
Häfen auch nicht mehr segeln können. Wir sind, leider, auf die "Haupt-Maschine"
angewiesen. Und deren Einsatzbereitschaft darf auf keinen Fall eingeschränkt
sein. Wenn wir sie für andere Zwecke "missbrauchen", dann riskieren wir, dass
sie uns beim Bewegen des Schiffes wegen der Überbeanspruchung für andere Zwecke
vielleicht einmal im Stich lässt, was unter Umständen auf einen Notfall
hinausläuft. Also sparen wir Maschinenzeit für den wirklich notwendigen Einsatz,
nämlich den Antrieb für unser Schiff!
Maschine zu "sparen" ist falsch - und schadet der Betriebsbereitschaft
Wie
falsch! Jeder Fachmann wird bestätigen, dass man zum Beispiel einer
Dieselmaschine nichts Schlimmeres antun kann, als sie nicht regelmäßig unter
Last laufen zu lassen!
Für
viele Rettungsboote zum Beispiel ist der regelmäßige Gebrauch des Diesels
vorgeschriebene Pflicht. Im Yachtclub von Balboa in Panama, wo der Einsatz des
Beibootes für den Landverkehr verboten ist, werden die Dieselmotoren der
Fährboote - schon aus Faulheit - den ganzen Tag nicht abgestellt, sie laufen
also 24 Stunden - ohne dass das den Motoren schaden würde.
Generator verkauft teures Zubehör!
Freilich, Werften oder Verkäufer von Yachten schätzen diese Furcht vor der zu
intensiven Benutzung der Hauptmaschine fürs Batterieladen, Watermaker,
elektrisch Kochen, Tiefkühlanlage etc, weil der Einbau eines Generators mangels
Propelleranlage einfach ist und nicht nur den Verkaufspreis um 20 oder 30
Tausend Euros erhöht, sondern weil man dem Käufer dann gleich noch eine
Waschmaschine, eine elektrische Heizung oder gar für weitere dreißigtausend Euro
oder so eine Air-Condition andrehen kann, was in der Praxis deren Betrieb ohne
Landstrom nur mit einem zusätzlichen Wechselstrom Generator möglich macht.
Ich
hätte ja auch gar nichts gegen einen teuren Generator, wenn dessen Ausfall nicht
auffallend häufig zu beklagen ist. Bei der Kontrolle der Teilnehmeryachten vor
dem Start zur ARC auf den kanarischen Inseln wird regelmäßig als häufigster
Defekt und Reparaturnotwendigkeit ein Schaden am Generator festgestellt. Warum
ist das so?
Viele Eigner sind schon mit einer Maschine überfordert.
Wenn
mancher Eigner schon damit überfordert ist, sich fachmännisch um die
Hauptmaschine zu kümmern (Filterwechsel, Ölwechsel, etc), wie soll er dann einen
wegen der Laufruhe abgekapselten Generator, der ja auch meist aus Lärmgründen
(das nervige Auspuffblubbern ist auf den Nachbaryachten sehr wohl deutlich
wahrzunehmen) im
letzten Loch der Yacht verbaut ist, so hegen und pflegen, dass er ohne zu murren
ständig seinen Dienst versieht?
Noch
vor ein paar Jahren hat sich eine Maschinen-Philosophie auf Langfahrt-Yachten
vor allem unter dem Einfluss amerikanischer Yachties breitgemacht, die da
lautete: Die Hauptmaschine muss jeden oder jeden zweiten Tag eine Stunde lang
laufen, was gut für die Einsatzfähigkeit der Maschine ist und gleichzeitig den
Stromtank (Batterie) voll hält, damit Kühlschrank und sonstige Stromverbraucher
daraus versorgt werden können.
Zahlreiche Weltumsegelyachten sind in der Folgezeit mit Erfolg so ausgelegt und
betrieben worden. Ohne eine zweite oder eine dritte Maschine an Bord, dem
Generator! Und heute wäre der Verzicht auf einen Extra-Generator noch
unproblematischer, nachdem uns weitere Stromerzeuger (Solarpanels und vielleicht
noch Wind-Generatoren) zur Verfügung stehen.
Ein Generator kann manchmal nicht vermieden werden.
Nun
ist es nicht etwa so, dass vom Verfasser Dieselgeneratoren generell verteufelt
werden; auf manchen Schiffen ist der Generator als Stromerzeuger nicht zu
vermeiden. Naturgemäß ist dies bei allen (meist gebrauchten) Yachten der Fall,
wo halt ein Generator ohnehin schon vorhanden ist. Da heißt es, mit dieser
Maschine zu leben. Das gilt auch insbesondere für größere Yachten mit mächtiger
Antriebsmaschine, so in der Größe von hundert PS und darüber. Hier wäre es
unverhältnismäßig, die Hauptmaschine, also 100 PS, einzusetzen für gerade mal 30
Ampere, die das Ladegerät für die Batterien aufnimmt. Bei Bootsgrößen ab 15
Meter kann ein Generator durchaus sinnvoll sein. Aber bei dieser Schiffsgröße
kommen wir bald in den Bereich, wo eine zusätzliche Crew notwendig wird, die
sich dann auch um die vielen Maschinen kümmern kann.
Darunter ist der Generator mit eigenem Verbrennungsmotor bei richtiger Auslegung
des Energie-Versorgungs-Netzes überflüssig. Und eine mögliche Störquelle - siehe
oben.
14-Meter THLASSA brauchte auf 20 Tausend Seemeilen keinen Generator!
Auf
unserem Katamaran THALASSA - fast 15 Meter lang - gab es deshalb keinen
Generator, und die Yacht wurde 10 Jahre lang betrieben (zusätzlich mit einer
großen Fläche an Solarpaneelen), unter anderem ausgerüstet mit Tiefkühltruhe,
Waschmaschine, Kühlschrank und Watermaker!
Watermaker? Ohne Generator? Aber selbstverständlich, dessen Pumpe wurde direkt
aus der 12-V-Batterie betrieben. Natürlich nicht bei stehender Maschine, sondern
wenn zum Beispiel durch ein Flautenloch motort wurde, wo anschließend der
600-Liter-Tank wieder randvoll war. Nicht ein einziges Mal ist uns das Süßwasser
ausgegangen - trotz täglicher Dusche.
Großer Nutzen eines Watermakers.
Nach
meinen Erfahrungen würde ich nie mehr auf große Fahrt gehen ohne eine
Meeres-Entsalzungsanlage. Die Vorteile so einer Pumpanlage mit Membrane, nichts
anderes ist der Süßwasser-Produzent, sind in der Bordpraxis gewaltig. Derart
hervorstechend (fast überall einwandfreies Trinkwasser an Bord, selbst in
Marinas), dass ich niemals darauf verzichten würde! Obwohl mein Watermaker
amerikanischer Herkunft wegen seiner Kompliziertheit ein Quell ständigen
Ärgernisses war. Heute hätte ich eine Anlage des Deutschen Seglers und
Yachteigners Michael Bauza, seit vielen Jahren auf Zuverlässigkeit hin in
Trinidad produziert - nicht abschrecken lassen von dieser entfernten Lage! In
weit über viertausend Fahrtenyachten wurde inzwischen ein Watermaker von
Echotec, das ist die Firma von Bauza, eingebaut,
siehe auch hier!
Britta und Michael, bestens bekannt auf dieser Webseite wegen Ihres
Antarktistörns - (siehe
hier!) - haben seit eineinhalb Jahrzehnten einen
12-Volt-Echotec auf ihrer hochbetagten SWAN 47 eingebaut, der unter der
Betreuung von Michel Bauza sie bestens und klaglos mit Süwasser versorgt.
Wieviel Trinkwasser mit einem Ampere?
Jetzt
ein Tipp: Lassen Sie sich nicht durch die Prospektangaben bezüglich der
Leistungsfähigkeit eines Watermakers verwirren. Da werden gigantische Angaben
gemacht zur Leistungsfähigkeit einer solchen Pumpe. Entscheidend für uns, die
wir die Anlage mit Batteriestrom (genaugenommen aus der laufenden Maschine, so
wie bei der Ankerwinde) betreiben wollen, ist
allein das Verhältnis von Süßwassermenge pro Ampere. Und nicht das Produkt "in
24 Stunden". Echotec gibt für die Anlage 32 Liter pro Stunde bei 12 Volt und 20
Ampere an. Das schafft unsere (gesunde) Batterie leicht in Fahrt, wenn die
Maschine mitläuft. Und nach der Flaute ist der Tank wieder voll.
Batterie ist bei einem Elektro-Auto der Schwachpunkt - so wie bei der
Fahrtenyxacht!
Der
große Schwachpunkt einer Fahrtenyacht, wie beim Menschen das Herz, ist nicht
etwa die Maschine und deren Drumherum (wenn die nicht vernachlässigt werden),
sondern, man ahnt es: Der Stromspeicher, die Batterien.
Als
Autofahrer merken wir das nicht, denn diese Stromspeicher werden auf der Straße
kaum belastet, der Automotor erzeugt ja nach dem Anlassen komplett den
benötigten Strom: Und so halten die Batterien im Auto auch schon mal zehn Jahre,
ohne dass sie sich negativ bemerkbar machen. Aber jetzt, wo das Ringen um
Reichweiten beim Elektroauto im Mittelpunkt einer beabsichtigen
Menschheitsumstellung steht, wird uns die Unvollkommenheit unserer Batterien als
Stromlieferant fast täglich in der Zeitung vor Augen geführt.
Fakt
ist: Die üblichen Bleibatterien, auch solche, die als speziell "maritim"
bezeichnet werden oder sonstige Augenwischerei-Bezeichnungen tragen, sind
Verbrauchsgegenstände. Wenn der Ladestrom auf dem Amperemeter schon kurz nach
dem Anlassen unter 10 Ampere sinkt, dann bedeutet das, dass in die Batterien
nicht mehr Strom reingeht, dass die Bleiplatten den von der Hauptmaschine
erzeugten Strom zur Gänze gar nicht aufnehmen können, dass deren Kapazität
nach der Last der Jahre Richtung Null zurückgeht, dass sie halt hinüber sind.
Genauso wie noch beim Elektroauto sind die Batterien auf einer Fahrtenyacht der
Schwachpunkt. Das Herz der Yacht schwächelt und die Energieversorgung bricht
zusammen.
Auswege oder in den Wind gesprochen?
Vielleicht sind es die neuen (aber auch sündteuren ) Lithiumbatterien? In einem
der nächsten Beiträge werden Weltumsegler Kerstin und Hans von der Yacht
CINDERELLA sachkundig und ausführlich dazu Stellung nehmen. Auch dazu, ob sich
deren Anschaffung nicht doch im Leben einer Yacht bezahlt macht.
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