YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
31.3.2010
Sehr geehrter Herr Mahler,
Grundsätzlich
bearbeite ich Fragen nach einem bestimmten Schiffstyp nicht, weil meist die
Fragesteller ja eh nur ihre vorgefasste Meinung absichern wollen. Aber, nachdem
Sie mich in Ihr Nachtgebet einschließen wollen, kann ich Ihrem Angebot nicht
widerstehen. Und die Drohung mit dem Scheidungsanwalt schafft ein zusätzlichen
Motiv, schließlich will ich ja nicht am Ende ihrer Ehe mitschuldig werden.
Aus Ihren zahlreichen Fragen und Bemerkungen
erkenne ich, dass Sie zumindest über die sympathische Eigenschaft verfügen,
selbstkritisch zu sein. Das ist schon eine gute Voraussetzung für einen
Schiffskauf. Denn, das garantiere ich, der Schiffsbesitz wird nicht ganz so
harmonisch verlaufen, wie Sie sich das vorstellen. Aber der Reihe nach:
1 a) Ob der "happige" Preis einer
Privilege den Mehrpreis wert ist, kann ich nicht sagen. Ich beantworte es mit
einer Gegenfrage? Wieviel ist eine Frau wert? Tatsache ist, dass die Preise für
eine Privilege in den letzten Jahren ziemlich "happig" angehoben
wurden. Dies führt übrigens nebenbei dazu, dass sie neuere Privileges auf dem
Chartermarkt kaum noch finden.
1b) Ihre Frage nach den großen Fenstern beim
Privilege ist gegenstandslos, jedenfalls im Mittelmeer und in warmen Gewässern.
Denn die Fenster bleiben ständig abgedeckt (siehe Foto) und sind von mir noch
nie als solche benutzt worden. Man hätte sich die Fenster (Verkäufer: "Da
haben Sie im Hafen einen wunderbaren Überblick!") auch sparen können.
Aber wie sieht das denn aus?
2) Meine "immerwiederkehrende Feststellung:
Kat nur über 14 Meter" ist so nicht ganz richtig. Ich spreche gelegentlich
auch von "12 Meter". Die Grenze ist fließend und muss jeder für sich
selbst finden. Der Kern der Aussage ist: Je größer der Kat, umso sicherer ist
er!
3) Richtig: Ihr projektiertes Schiff wird Sie um
die 400000 € kosten. Damit sind Sie in einer Größenordnung mit den
größeren "Edelmarken" auf dem Gebrauchtbootmarkt.
4) Verarbeitungsqualität: Allgemein(!) meine ich,
dass bei Werften mit hohen Stückzahlen (und niedrigeren Preisen) die
Verarbeitungsqualität insgesamt mindestens so gut ist wie bei kleinen
"Edelwerften", die im Jahr 10 oder 20 Schiffe bauen. Wahrscheinlich
sogar besser. Allerdings, wenn Sie, der Sie ja aus der Autobranche kommen,
mit einer Qualität rechnen, die einem Opel, einem Skoda, einem Fiat entspricht
- ich hab bewusst diese Marken und nicht Audi, BMW oder Mercedes genannt -
dann werden Sie enttäuscht sein. der Schiffsbau befindet sich, verglichen mit
dem Autobau, ungefähr auf Nachkriegs-Qualitätsniveau. Hinzu kommt, dass Sie
letztlich auf allen Yachten Zubehör gleicher Hersteller finden. Die
Gesamtqualität Ihrer Yacht wird vom Zubehör limitiert sein. Und da schaut es
nach meinen Erfahrungen ziemlich mies aus. Im Jahre 1980 hab ich mich immer
damit getröstet, dass ein paar Jahrzehnte später alles besser sein wird. Jetzt
hoffe ich auf das Jahr 2050!
Sie erwähnen die Garantiearbeiten. Sie sollten
aber daran denken, dass Ihre Yacht in Las Palmas weit weg von der Werft ist.
5a) Die viele Jahre alte Idee mit den 220 Volt von
der Hauptmaschine habe ich verworfen. Man sollte diese kleinen Maschinen nicht
mit zuviel Aggregaten ausstatten, das belastet den Motor mechanisch zu
sehr.
5b) Das tägliche Laufenlassen einer Maschine dient
vor allem der Funktions-Überwachung und der Funktionstüchtigkeit.
5c) Mit einem Generator haben Sie einen
zusätzlichen (nicht unbedingt notwendigen) Schwachpunkt an Bord. Glauben Sie
den vielen Langfahrtseglern und mir: Was nicht an Bord ist, braucht nicht
gewartet werden und kann auch nicht
kaputt gehen.
6) Davits sind eine feine Sache. Windsteuerung
macht sie von der Knechtschaft des Rudergehens und(!) von der Elektrizität
unabhängig (circa 200 AH/pro Tag - siehe auch Punkt 5)! Was ist Ihnen
lieber?
7) Ihre (aus Platzgründen nicht abgedruckte
Ausrüstungsaufstellung) lässt mir nicht die Haare zu Berge stehen, so was bin
ich gewohnt; Generator und so, das volle Programm eben! Nur zwei Punkte:
Ich gehe davon aus, dass Sie sich für eine 70 Meter lange Nirokette in 10 mm
entscheiden wollen. Dann würde ich eine stärkere Ankerwinde nehmen, nicht nur
1000 Watt. Erst recht, wenn Sie sich für eine verzinkte Kette (würde ich heute
machen) entscheiden. Und statt eines Genackers würde ich (!) zu einem
Parasailor tendieren.
Sie haben mich nicht genervt, möchte Sie
allerdings an das Nachtgebet erinnern! Alles Gute wünscht
Bobby Schenk
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