YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
25.04.2010
Sehr geehrter Herr Blass,
Wassermacher
Es ist nicht richtig, dass wir uns unterwegs
ausschließlich auf den Wassermacher verlassen haben. Auch ist es gerade beim
Watermaker fehl am Platz, von Problemlosigkeit und Störungsfreiheit zu
sprechen.
Das sind meine Erfahrungen, die mir aber auch von
zahlreichen Langfahrtseglern bestätigt wurden.
Das
Prinzip einer Entsalzungsanlage ist einfach: Seewasser wird mit Hilfe von ganz
gewöhnlichen Filtern gereinigt und dann mit sehr hohem Druck (für die eine
Hochdruckpumpe sorgt) durch eine Membrane (auf dem Foto schwarz) - bei
fast jedem Gerät von DuPont -
gedrückt, wobei Salz und Bakterien (keine Viren!) nahezu gänzlich dem
Seewasser herausgefiltert werden. Das Ergebnis ist sauberes Wasser mit neutralem
Geschmack und niedrigem Mineral-Gehalt.
Das Hauptproblem ist, neben der Energieversorgung,
der hohe Druck, den die Bauteile aufnehmen und abdichten müssen.
Aber der Reihe nach: Als wir vor fast 10 Jahren in
der Türkei einen Wassermacher mit Energierückgewinnung einbauen ließen,
funktionierte er tatsächlich ein paar Monate störungsfrei. Aber schon im
Herbst des ersten Jahres machte er bei der Atlantiküberquerung Ärger, indem er
leckte. Zwar maßvoll, aber immerhin. So musste während seines Betriebs
ständig Seewasser abgeschöpft und nach draußen gebracht werden. Nicht
schlimm, aber lästig und ungut fürs Gefühl. Aber er
versorgte dennoch alle vier Mannschaftsmitglieder mit Frischwasser in
ausreichender Menge - wobei der Begriff "ausreichend" von Skipper und
Mannschaft unterschiedlich definiert wurde.
In der Folgezeit musste die Hochdruckpumpe mehrfach
repariert, beziehungsweise ausgetauscht werden. Was ja nur ein finanzielles
Problem wäre, wenn der Reparaturfall in zivilisierten Gegenden und da nur im
Hafen passieren würde. So mussten wir die Pumpe in Tonga einem Freund in Tonga
anvertrauen, der sie dann nach Neuseeland schleppte, damit sie von dort nach den
USA verschickt werden konnte.
Derartige Reparaturen häuften sich in den
folgenden Jahren. Und nervten entsprechend. Denn ein Hauptproblem beim
Wassermacher ist, dass er ohne Wartung sich nicht so ohne Weiteres selbst
überlassen werden kann. Man kann sich also nicht damit trösten: Warten wir mal
ein paar Monate, bis wir einen geeigneten Reparaturplatz gefunden haben. Denn
die empfindliche (und sehr teure) Membrane würde durch Fäulnis,
beziehungsweise biologischem Wachstum des in ihr befindlichen Seewassers im
Wortsinne vergammeln, das heißt unbrauchbar werden. So sollte alle paar Tage
eine Rückspülung mit "sauberem" Frischwasser durchgeführt,
wobei Wasser aus den Trinkwassertanks, die mit dem Schlauch vom Steg befüllt
wurden und damit zerstörerisches Chlor (für die Membrane) enthalten, nicht
verwendet werden darf - es sei denn, man verlässt sich auf einen Chlor- (Carbon-)Filter.
Der seinerseits alle 6 Monate gewechselt werden muss. Der zweite Filter am
Seewassereinlass - ein Feinfilter mit meist 5 Micron - muss je nach allgemeiner
Verschmutzung des Meerwassers alle 2 bis vier Monate ausgetauscht,
beziehungsweise gereinigt werden.
Bei längerem
Nichtgebrauch, muss die Anlage gepickelt werden, indem das Seewasser
rausgewaschen wird und Chemikalien (Ascorbinsäure) in die Membrane eingedrückt
werden, die dann weiteres biologisches Wachstum in der Membrane verhindern. Dies kann nur mit Hilfe der
Hochdruckpumpe geschehen, was dann ziemlich nervt, wenn diese undicht oder sonst
defekt ist
(ein Totalversagen der Hochdruckpumpe haben wir allerdings nie erlebt).
Genauso wenig kann man beim Heimaturlaub den
Niedergang abschließen und den Watermaker vergessen. Und genauso wenig kann man
während langer Hafenliegezeiten (wer will schon das verdreckte Hafenwasser zu
Trinkwasser verarbeiten?) so ohne Weiteres auf Schlauch am Steg
"umschalten". Immer muss der Watermaker vor dem Ruhestand gepickelt werden - was auch
für den Laien keine unlösbare Aufgabe wäre, wenn es zum Beispiel zur
wöchentlichen Bordroutine gehörte. Das Pickeln hält maximal 10, 11 Monate
vor, dann muss es erneut durchgeführt werden.
Nach meinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen
bei anderen Yachten sind besonders störanfällig Wassermacher, die mit
sogenannter Energierückgewinnung arbeiten. Sie verbrauchen zwar deutlich
weniger Strom (in meinem Falle circa 8 bis 10 Gallonen bei einem Verbrauch von
13 Ah mit 12,5 Volt). Diese Energierückgewinnung macht aber die Anlage eben
komplizierter wie beispielsweise die Anlage von Echo Tec (siehe Foto
oben), die darauf verzichtet, deshalb bei 12 Volt nicht ganz so effektiv ist. Stünde
ich nochmals vor der Wahl, wäre sie meine nächste Anlage.
Denn, trotz allem, einen Watermaker würde ich
wieder haben. Die Vorteile sind gewaltig: Gleichgültig, wo man sich am Anker
oder auf See befindet:
-
Immer Wasser von
unzweifelhafte Qualität
-
Immer Trinkwasser in
ausreichender Menge
-
Keine schwierigen oder
umständlichen Anlegemanöver an der Wasser-Tankstelle oder sonstiger
Wasserquelle
-
Keine Kanistertransporte mit
Beiboot von und zum Land
-
Erheblich weniger Zuladung an
Bord (auf meiner THALASSA II wären es eine Tonne weniger gewesen!)
Die Frage nach dem Backup stellt sich in der Praxis
nicht. Denn die Tanks fürs Trinkwasser sind ja ohnehin vorhanden und im
Normalfall jedenfalls teilweise gefüllt. Im Falle des kompletten Zusammenbruchs
der Entsalzungsanlage ist die Gefahr des Verdurstens gleich Null, zumal ja
sicher jede Menge Konserven an Bord sind.
Parasailor
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Es ist eine ganz
persönliche Entscheidung, zugunsten eines Parasailors und gegen Passatsegel zu
entscheiden. Ich bring es mal so auf den Punkt: Je größer das Schiff, desto
mehr gehr bei mir die Tendenz zum Parasailor statt einer Passatbesegelung. Ich für meinen Teil hab den Parasailor gewählt, die Bäume bei
den Passatsegeln haben mich lange genug genervt.
Mast- und Schotbruch
Ihr Bobby Schenk

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