YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


9.12.2010

Sehr geehrter Herr Bode,

Malaysien ist nicht ein guter Platz, um auf einem Schiff zu leben, ...sondern der beste.

Karla und ich haben dort rund fünf Jahre auf unserem Katamaran THALASSA verbracht und es war kein Tag zuviel. Wenn ich von "Malaysien" spreche, dann meine ich im Besonderen Langkawi (6°20'N, 99°50'E) an der Westküste. Von anderen Yachtsleuten wird aber auch der Osten Malaysiens (Tioman) hochgelobt.

 

Warum ist nun Malaysien der beste Platz? Für mich, wenn ich alle Punkte zusammennehme, der beste auf der Welt? Lassen Sie es mich die Vorteile punktuell aufzählen:

  • Die Herzlichkeit der Menschen setze ich an die erste Stelle. Es handelt sich zum größten Teil um Moslems, die sich aber durch große Toleranz gegenüber anderen auszeichnen. es ist beispielsweise in vielen Lokalen, in denen aus religiösen Gründen kein Alkohol ausgeschenkt wird, ohne Weiteres möglich, sein eigenes Bier oder auch Wein mitzubringen und ein leeres Glas dazu zu bestellen.
  • Es gibt dort keine Hurricanes. Wer einmal erlebt hat, wie so manche Yacht in orkangefährdeten Gebieten zur Sturmsaison von einem zum anderen sogenannten Hurricane-Hole flüchtet und sich damit den ganzen Aufenthalt ein halbes Jahr lang vergällt, wird das zu schätzen wissen.
  • Platzprobleme für Yachten kennt man nicht. Viele der zahlreichen Marinas verfügen über eine exzellente Infrastruktur - Travelift und Pool für die Yachtsleute und sind nicht einmal zu einem Drittel ausgebucht. Was nicht an den Preisen liegt. Die sind so niedrig, dass es sich für viele nicht rentiert, einen unbequemen (selbstverständlich kostenlosen) Ankerplatz vorzuziehen. Für unsere THALASSA (15-Meter langer Katamaran) haben wir in der Türkei (Marmaris) vor 10 Jahren 200 Mark/Tag bezahlt, in Langkawi dagegen sieben Euro am Tag - Wasser ohne Limit und WLAN eingeschlossen.
  • Stürme sind extrem selten und wehen auch nur als Begleiterscheinungen zu - manchmal - heftigen Gewittern
  • Die Behörden sind gutmütig, solange man sie mit dem nötigen Respekt behandelt. Schikanen gegenüber Yachtsleuten gibt es nicht.
  • Die Preise sind so niedrig, dass es sich nur bei übermäßigem Geiz rentiert, die eigene Waschmaschine (soweit vorhanden) anzuschmeißen, oder all zu oft an Bord zu essen. In der "Stadt" (Kuah) wird man in einem der gut besuchten Lokale pro Person kaum zwei Euro los - 1 Heineken oder Tiger eingeschlossen.
  • Arbeitskräfte fürs Boot sind (aus unserer Sicht) billig, wenn auch nicht leicht zu bekommen. Denn Malayen sind alles andere als geldgierig.
  • Die Kriminalität bewegt sich auf einem sehr niedrigen Level, obwohl das Land entlang der berüchtigten Malacca-Straße liegt. Übergriffe auf Yachten sind kaum bekannt. Malaysien kennt sowohl die Prügel- als auch die Todesstrafe, zum Beispiel für unerlaubten Waffenbesitz, was einige Yachties mit versteckten Waffen an Bord offensichtlich nicht abschreckt. Wie blöd!
  • Malaysien ist aus Europa zwar nicht sonderlich bequem, doch leicht zu erreichen. Von vielen deutschen Flugplätzen fliegt man für unter 1000 Euro mit Emirates fünf Stunden nach Dubai und von da in weiteren sechs oder sieben Stunden nach Kuala Lumpur. Dann geht es mit der AirAsia noch 50 Minuten im Zwei-Stunden-Rythmus weiter für Preise zwischen 10 und 30 Euro - je nach Tageszeit. Mit der AirAsia kann man übrigens für wenig Geld Ausflüge nach Vietnam und Kambodscha machen (selbst ausprobiert, rentiert sich sehr) oder auch eine Stunde nach Singapur zum Einkaufen fliegen.
  • Langkawi ist zollfreie Zone, was sich nicht nur auf die Schnapspreise auswirkt, sondern auch das Nachsenden von Ersatzteilen per Luftfracht verbilligt. 

Und hier die Nachteile:

  • Langkawi ist kein idealer Platz zum Tauchen. Da die Malacca-Straße nur sehr seicht ist, um die 50 Meter oder so, wird viel Sand und Schlick aufgewirbelt, der dem Taucher die Sicht nimmt. Aber schon nach einem 50-Meilen-Törn trifft man auf glasklares Wasser.
  • Fachkräfte für spezielle Arbeiten am Boot findet man kaum. Meist muss man auf andere Yachtsleute zurückgreifen - und die langen schon mal gehörig hin. Oder man segelt bis 100 Meilen entfernte Phuket (Thailand)

Das wars schon.

Vor allem aber verdankt Langkawi bei Insidern seine Attraktivität dem Verhalten der Behörden und den entsprechenden Vorschriften. Yachten können, im Gegensatz zum benachbarten Thailand, ohne jede Beschränkung solange in malaysischen Gewässern bleiben, solange sie wollen. Keine Behörde scheint sich dafür zu interessiere. Jeder Besucher des Landes erhält bei jeder(!) Einreise ein 90-Tages-Visum (Achtung: keine drei Monate). Was in der Praxis keine große Rolle spielt, denn bei jedem Einkaufsbesuch in Singapur oder 30 Meilen nach Thailand gehts wieder von vorne an. Es ist auch im Rahmen des Regierungsprogramms "Malaysia - Your second home" - möglich ein Visum für 10 Jahre zu bekommen, doch sind die Hürden (Krankenversicherung, Geldimport etc) so hoch, dass es sich nach Angaben von Yachtleuten, die diese Prozedur durchgezogen haben, nicht rentiert.

Wer mehr über dieses Märchenland für Yachtsleute erfahren will, kann hier nachlesen: Geheimtipp: Super-Fahrtenseglerrevier  oder auch Malaysien, Paradies für Yachten! Wirklich?. Seit Erscheinen dieser beiden Artikel hat sich meines Wissens nichts zum Nachteil geändert.

Mit freundlichen Grüßen

Bobby Schenk

 

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