YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


3.4.2011

Betreff: Non-Stop-Weltumsegelung eines 14-jährigen

Lieber Thomas,

leider hab ich keine Kinder, so dass ich mich schwer tue, Dir "altersgerecht" zu antworten. Nachdem Du aber trotz Deiner erst 14 Jahre schon recht erwachsen wirkst, werde ich versuchen, Dir meine ehrliche Meinung zu Deinen großen Plänen zu sagen.

Um es vorwegzunehmen: Es ist sicher ein Vorrecht Deiner Jugend, großartige Pläne zu schmieden, ja auch Träume zu haben. Ich fände es aber nicht gut, Dich in einem Vorhaben zu bestärken, dessen Verwirklichung  ich, ohne Dich persönlich zu kennen, für ausgeschlossen halte. Nicht, dass ich einem 14-jährigen aufgeweckten Burschen ein solches Unternehmen nicht zutrauen würde, aber in Deinem Fall liegen die notwendigen Voraussetzungen, derzeit einfach nicht vor.

In zweierlei Hinsicht wirst Du eine solche Unternehmung nicht stemmen können: Ich weiß ja nicht, ob Du Dir schon mal Gedanken gemacht hast, auf welcher Route Du um die Welt segeln möchtest. Aber wenn Du von einer "Non-Stop-Weltumsegelung" sprichst, hast Du Dir das Schwierigste ausgesucht, was einem hierzu einfallen kann, nämlich die Route in den Brüllenden Vierzigern, südlich der stürmischen Kaps - Kap der Guten Hoffnung, Kap Horn und so. Ich nehme an, dass Du durch Presseberichte von (üblicherweise unbedarften Journalisten) über Segelfahrten durch dieses unwirtliche Gebiet angesteckt worden bist. Tatsächlich hat es in den letzten Jahren zahlreiche solcher Törns gegeben, wobei meist von irgendwelchen Superzeiten die Rede war, so dass der Leser geneigt war anzunehmen, es ginge hierbei nur um irgendwelche Rekorde. Tatsache ist aber, dass zahlreiche geplante Unternehmungen dieser Art missglückt sind, teilweise mir tödlichem Ausgang. Du hast nichts über Deine Segelkenntnisse geschrieben, also gehe ich mal davon aus, dass (noch) keine seemännischen Fähigkeiten dieser Art vorhanden sind. Das Wort "Seemannschaft" kommt nicht vom Wort "Mannschaft" (Crew), sondern es beschreibt das Handwerk der Seefahrt. Und wie das bei jedem Handwerk ist, muss man es halt erst mal lernen. Beim dem einen wird es schneller gehen, beim anderen etwas langsamer. Aber man kann es drehen wie man will, so ein oder zwei Jahre wirst Du brauchen, um es in diesem Fach zu einer solchen Meisterschaft zu bringen, dass man daran denken könnte, die schwierigste Unternehmung, die die Seefahrt kennt, durchzuziehen.

Wie Du schreibst, bist Du vom Buch der netten Jessica Watson (Foto) ermutigt worden. Wenn Du das Buch kritisch gelesen hast, sollte Dir aufgefallen sein, dass dieses Mädchen nicht einfach gesagt hat "so, jetzt segle ich um die Welt", sondern dass sie auf einem Schiff groß geworden ist, also quasi in die Welt der Seefahrt mit ihrer Familie hineingewachsen ist. Als sie das Projekt in einer für ihr Alter bewundernswerten Weise angegangen ist, war sie sozusagen schon in der Seefahrt zu Hause. Wusste, wie man ein Schiff bedient, manövriert, kannte die Gefahren der See u.s.w. Und sie hatte im Erfolgsfall etwas vorzuweisen: Nämlich als jüngste Frau (Mensch) um die Welt gesegelt zu sein, also einen Weltrekord aufgestellt zu haben.

Und damit sind wir bei einem weiteren Hindernis für Deine großen Pläne. Wie Du schreibst, brauchst Du jemanden, mit dessen Hilfe Du das Projekt durchziehen kannst. Und zwar nicht jemanden, der Dir gute Ratschläge gibt (wie ich im Moment), sondern jemanden der Dir richtig unter die Arme greift, Dir das Projekt finanziert, also einen Sponsor. Einer meiner Jugendfreunde, Axel Meyer-Wölden, war Manager von Boris Becker, also einer, der die Sponsorenproblematik wie kaum ein anderer kannte. Er erklärte mir: "Es ist das einfachste von der Welt, einen Sponsor zu finden. Du musst ihn nur überzeugen, dass es ein Geschäft ist! Und zwar für den Sponsor!"

Du bräuchtest also jemanden, der ein paar hunderttausend Euro, jedenfalls eine Menge Geld in Deine Unternehmung investiert.  Jetzt überleg Dir mal, wie der Sponsor sein Geld wieder reinholen kann. Durch Werbung? Das ginge vielleicht(!!), wenn Du der jüngste oder der schnellste Weltumsegler aller Zeiten wärst, wenn Du also in die Segelgeschichte eingehen würdest. Bis Du das Segelhandwerk aber erlernt hast, kannst Du nicht mehr der jüngste Weltumsegler werden. Der schnellste schon gar nicht, da bräuchtest Du - neben Können - nicht ein paar hunderttausend Euro, sondern ein paar Millionen als Budget. Und lächerlich machen willst Du Dich doch nicht. Denk an Deine Altersgenossin Laura Dekker, die noch kaum ein Zehntel einer Weltumsegelung auf der kinderleichten Passatroute hinter sich gebracht hat und schon in aller Öffentlichkeit um Geld betteln muss. Und das, obwohl Ihre Eltern durch deren Großsprechereien mit einer vielleicht stattfindenen Weltumsegelung weltweit eine ungeheure Bekanntheit erzielt haben.

Nein, nimm Dir lieber ein Beispiel an dem tüchtigen Sebastian Pieters (hier klicken), der zwar das Glück gehabt hat, dass ihm sein Lehrer sein 8-Meter-Boot zur Verfügung gestellt hat, der aber auch jahrelang hart für die Realisierung seines Traums gearbeitet und Geld verdient hat. Und wahrscheinlich die Welt von ihrer schönsten Seite kennen gelernt hat, während Du ja nur das Meer sehen würdest, mal grau mal blau, mal wellig, mal "ölig", was, glaub mir, ziemlich anödend ist. Sei's drum, wenn Du es schaffst, aus eigener Kraft um die Welt zu segeln und nicht auf Pump anderer, dann ziehe ich den Hut vor Dir, auch wenn Du dadurch nicht weltberühmt wirst.

Noch eine ganz persönliche Bemerkung: Ich bin nur einmal um die Welt gesegelt, und das haben wir (meine Frau und ich) uns hart erarbeitet. Doch grade darum hab ich heute ein besseres Gefühl, als wenn ich einen Sponsor gehabt hätte. Trotzdem hätte ich nichts dagegen, wenn sich jetzt ein Sponsor für Dich melden würde. Ich würde ihm dann auch Deinen richtigen Namen weitergeben, den ich einstweilen - zu Deinem Schutz - geändert hab. Aus demselben Grund hab ich auch Dein Portrait nicht abgelichtet.

Ich fürchte, dass meine Antwort für Dich enttäuschend ist, bin mir aber sicher, dass Du, der heute schon vernünftig an seinen zukünftigen Job denkt, später einmal anders darüber urteilen wird. Und sei ehrlich, so richtig ernsthaft hast Du das ja gar nicht vorgehabt, sonst hättest Du Dich schon viel früher und intensiver mit diesem Plan beschäftigt, hättest zum Beispiel segeln gelernt.

Mit freundlichen Grüßen

Bobby Schenk

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