YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
7.5.2012
Sehr geehrter Herr Hanke,
grundsätzlich beantworte ich keine Fragen
nach bestimmten Schiffstypen - siehe oben! Einer der Gründe ist, dass ess
darauf keine allgemeingültigen Antworten gibt. Gerade Ihre Fragen könnte ich
für mich persönlich lösen, nicht aber für Sie. Zudem macht Ihr Mail den
Eindruck - das ist nicht böse oder abwertend gemeint -, dass Sie zu den Leuten
gehören, die nach einer Yacht ewig lange suchen, sich tausend Gedanken machen,
unzählige Leute fragen (siehe unten), und dann doch zu keinem 100%ig
befriedigendem Ergebnis kommen - oder vielleicht gar keine Yacht kaufen und
wahrscheinlich auch das Unternehmen "Weltumsegelung" verwerfen. Ich
erinnere mich an eine Anekdote, die vor ein paar Jahren unter Weltumseglern die
Runde gemacht hat: Ein ewig zweifelnder Segler kommt zu einem erfahrenen
Blauwassersegler und fragt, ob er nicht auch um die Welt segeln könne. Die
Antwort bestand aus einem Satz: "Tausende träumen davon, hunderte kaufen
sich ein Schiff, ein paar Dutzend fahren los, einer kommt an. Nicht Sie!"
Was
ich damit ausdrücken will: Sie machen sich viel zu viele Gedanken, die dann
gegenstandslos werden, wenn Sie eines Tages vor einer Yacht stehen und
plötzlich das hormongesteuerte Gefühl bekommen: "Das ist sie!"
Stellen Sie sich vor, ich würde Sie fragen,
ob ich einen alten Mercedes, einen alten Fiat, einen alten Volkswagen, einen
alten Toyota, einen alten Opel oder einen alten Ford kaufen soll? (Meine Antwort
wäre übrigens: "Einen alten Japaner!") Sie sehen, solche Fragen sind
kaum befriedigend zu beantworten. Schauen Sie auf meine Seite Who-is-Who-im-Weltumsegeln. Dort finden Sie
mehr als ein halbes Hundert Weltumsegler, die mit den verschiedensten
Schiffstypen um die Welt gesegelt sind. Fast immer drückten sie ihre
Zufriedenheit mit ihren Schiffen aus, was auch daran liegen könnte, dass sie es
verkaufen wollen. Trotzdem gebe ich Ihnen ein paar Anhaltspunkte - aus meiner
Sicht:
Maßgeblich für mich sind ein paar Aussagen
eines Freundes, früherer Chef eines Charterunternehmers mit 200 Yachten nach
dreißigjähriger Berufserfahrung, also ausgestattet mit kaum überbietbarer
Sachkenntnis:
- Hochpreisige Yachten
sind nicht die Hälfte ihres Preises wert
- Am wenigsten
Probleme haben wir mit Bavaria-Yachten gehabt
- die schlimmsten
Schiffe vom Zustand her sind die sogenannten "eignergepflegten"
Yachten
Damit
dürfte ein Teil Ihrer Fragen ja schon aus sehr berufenem Munde beantwortet zu
sein. Ich kann mich dem nur anschließen. Das gilt insbesondere für
Eignerschiffe, die schon einige Zeit zum Verkauf stehen, wo sich der Eigentümer
innerlich schon von seiner einst geliebten Yacht entfernt hat.
Ihr Budget ist weit ausreichend für den Kauf einer gebrauchten
34-Fuß-Yacht. Der Markt qillt über mit gebrauchten Yachten und das Schild
"For Sale" an der Reling ist ja heute in vielen Marinas sehr
verbreitet. Ihr Vorteil!
Lassen Sie sich nicht durch
"umfangreiches Zubehör" blenden, das ist wie beim Auto, es darf kaum
in den Preis eingehen, weil Sie es ohnehin ersetzen werden. Andererseits werden
Sie, falls Sie auf Weltumsegelung gehen, eine Menge Zubehör anschaffen müssen:
Qualifiziertes Ankergeschirr, Selbststeueranlage, Sonnenschutz, Beiboot mit
Aussenborder, Solarpaneele u.s.w.
Aus
dem letzten Satz Ihres Schreibens ("Ich möchte mich schon jetzt für Eure(!) Bemühungen sehr herzlich bedanken.")
ersehe ich, dass Sie noch weitere Personen um Rat fragen werden und es würde
mich nicht wundern, wenn Ihre Anfrage in einem der einschlägigen Foren
auftauchen würde. Wer Ihnen dann antwortet, wissen Sie nicht. Das ist
vergleichbar, wenn Sie in einer Marina irgendeinen Steg-Spaziergänger um seine
Meinung fragen würden. Vielleicht erwischen Sie einen Besucher, der zu seinem
ersten Segeltörn eingeladen wurde, oder den Eigner des XY-Schiffes, der Ihnen
dann erklärt, dass die XY-Yachten das absolute Nonplusultra sind.
Falls ich(!) vor so einer Entscheidung stehen
würde, sähe meine Pflichtenliste so aus:
- Billige, lieber
einen Tick größere (auf der Nordsee ist eine Yacht mit 34 Fuß schon eine
beachtliche Yacht, auf den Blauwasser-Ankerplätzen gehört sie zu den
mickrigen) Kunstoff-Serien-Yacht aus deutscher oder französischer
Fertigung, nicht älter als 10 Jahre. Maschinenanlage und Rigg einwandfrei.
Rumpf ohne jegliche Schäden oder Osmoseanzeichen und falls eine
fachgerechte(!) Osmose-Sanierung bereits vorgenommen wurde, eine
fünfjährige Garantie gegen Osmose.
- Kein Teakdeck
- Beim Kauf unbedingt
einen Fachmann zur Beratung beiziehen. Unter "Fachmann" verstehe
ich nicht jeden sogenannten "beeidigten Sachverständigen" (lassen
Sie sich nicht durch solche Titel blenden!), sondern zum Beispiel den
Betriebsleiter einer großen und seriösen Charterfirma. Die haben den
allerbesten Überblick über den echten technischen Zustand einer Yacht und
was sich hinter der polierten Gelcot-Fassade alles verbergen könnte.
- Eigentumsnachweis
penibel prüfen! Mehrwertsteuer-Problem gelöst, CE-Kennzeichen vorhanden?
Ich wünsche Ihnen jedenfalls eine für Sie
auch nach vielen Jahren noch befriedigende Lösung. Und denken Sie daran:
Nicht das
Schiff macht den Skipper, sondern der Skipper die richtige Yacht.
Herzliche Grüße
Bobby Schenk
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