YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


9.9.2012

Hallo Rupert Drexel,

Sie sprechen da ein Problem an, das in der Langfahrt-Praxis eine große Rolle spielt. Vielleicht nicht so sehr in Norddeutschland oder in Ländern, die ein angenehmes Klima wegen der dort herrschenden Luftfeuchtigkeit haben. Doch in Gegenden, die schon mal Luftfeuchtigkeiten von 70 Prozent und darüber erreichen, ist dies ein Problem, das beim Unterhalt einer Yacht nicht unterschätzt werden darf.

Früher, als wir uns noch im Mittelmeer mit seinem im Sommer trockenem Klima aufgehalten haben, die Yacht auch nie für längere Zeit alleine gelassen haben, maßen wir dieser Frage keine größere Bedeutung bei. Für - ein wenig - Luftzirkulation, sorgten die damals üblichen Lüfter (ist Ihnen schon aufgefallen, dass die früher üblichen Dorade-Lüfter heute bei den Neubauten ersatzlos, weil unnütz, gestrichen sind?) für ein wenig Frischluft und damit für Schutz gegen stetiger Feuchtigkeit und Pilzbefall.

Dies hat sich grundlegend geändert, seitdem wir mit der Yacht in Malaysien angekommen waren, wo die Luftfeuchtigkeit selten unter 80 Prozent fällt. Selbst, als unsere befreundeten Yachtsleute Ihre Schiffe nach längerer Abwesenheit in Raiatea (Französisch Polynesien) in einem derart desolaten Zustand vorgefunden haben, dass es Ihnen die Tränen in die Augen getrieben hat, waren wir nicht sonderlich davon berührt, weil wir nicht mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass uns Ähnliches widerfahren würde. Ganz im Gegenteil, wir mokierten und über die Amerikanischen Yachties, die mehrmonatiger Abwesenheit die Klimaanlagen laufen ließen. Welche Energieverschwendung! Bis dahin hatten wir es so wie die meisten Yachtsleute gehandhabt: Entweder Luken deutlich offen lassen (was Schwierigkeiten mit dem Regenschutz mit sich bringt und bei Diebstahlsgefahr ein großes Risiko darstellt, oder das Marinepersonal daür bezahlen, dass die Yacht regelmäßig belüftet wird. Was in der Praxis über längere Zeit wegen der Unzuverlässgkeit der Leute nicht besonders funktioniert. Auch das Anheuern einer einzelnen Person für diesen Zweck birgt das gleiche Risiko. Es sei denn, man findet befreundete Yachtsleute.

Auch andere "Tricks" haben wir ausprobiert: Wir haben übers Innere des Schiffes Schüsseln mit Bleach (Chlorbleiche) aufgestellt, in der Hoffnung, dass diese die in der Luft vorhandene Feuchtigkeit bindet. Das hat alles nicht den gewünschten Effekt gehabt. Und als wir mal nach ein paar Monaten in Deutschland auf unsere Yacht zurückgekommen sind, war aus dem flüssigen Bleach zwar ein fester Stoff in den zahlreichen Schalen geworden, die Innenwände der Yacht aber waren trotz dreier (!) ständig laufenden großen Ventilatoren grün überzogen. Es hat tagelang gedauert, bis eine engagierte und extrem fleißige Arbeitskraft den "Fungus" entfernt hatte.

Nolens, wolens entsachlossen wir daraufhin, es den Amerikanern gleich zu tun: Wir kauften für wenig Geld eine Klimaanlage, wie sie in Malayien in der armrseligsten Hütte installiert ist, und ließen die per Zeitschaltuhr und Landstrom jeden Tag an die 10 Stunden laufen. Das Ergebnis schien uns wie ein kleines Wunder. Das Schiff war nach mehreren Monaten exakt in dem Zustand, wie wir es verlassen hatten: Trocken und ohne jede Spur von Pilzbefall. Wer nämlich schon mal die Wirkung einer Klimaanlage mit Hygrometer und Thermometer beobachtet hat, wird gesehen haben, dass zuerst die Feuchtigkeit ziemlich schnell von z.B. 85 Prozent auf 50 Prozent fällt und danach erst allmählich die Temperatur zurückgeht. Der Vorteil dieser Methode besteht auch darin, dass die Türen und Luken geschlossen bleiben können, die Diebstahlsgefahr zwar nicht vollkommen (die Luft der Klimaanlage muss ja in die Yacht eingeführt werden), aber durchaus reduziert wird. Der Nachteil ist ansonsten die Stromrechnung und die Notwendigkeit, dass eine zuverlässige Person sich gelegentlich um das Schiff kümmert. Versagt, nicht sehr wahrscheinlich, die Klimaanlage nämlich, hat man die komplette grüne Bescherung, denn das Schiff ist ja dann über längere Zeit völlig unbelüftet.

Also zusammenfassend: Nur eine Klimaanlage (näheres hier nachzulesen) überwacht von einem Marina-Angestellten oder einem befreundeten Yachtsmann ist eine sichere Lösung Ihres Problems.

Viele Grüße!

Bobby Schenk

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