YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
21.10.2012
Hallo Herr Schwiering,
zunächst einmal meine
Gratulation zu Ihrer Yacht. Die ist fürs Blauwassersegeln zielsicher
praxisgerecht ausgerüstet. So würde ich es für meine (Einrumpf-)Yacht auch
wünschen. Inbesondere was die Batteriekapazität anbetrifft, haben Sie Nägel
mit Köpfe gemacht. Und einen Watermaker selber bauen? Alle Achtung! Eigentlich
wünschte man sich eine solche Ausrüstung schon ab Werft! Aber schauen Sie mal,
wo Sie sowas kriegen: Fehlanzeige.
Nur in einem werden Sie
sich täuschen: Mit "den Motor alle drei Tage laufen lassen", werden Sie nicht
hinkommen. Ich schätz mal: Jeden Tag eine Stunde wirds für die
Energiergewinnung brauchen. Von Ihren Solarpaneelen bekommen Sie Strom
geschenkt, aber es wird viel weniger sein, als Sie erwarten. Haben Sie
einkalkuliert, dass Ihr elektrischer Ruderautomat unterwegs 5 bis 10 Ampere
zieht? Und das 24 Stunden lang!
Damit
sind wir beim Thema. Eine Selbststeueranlage ist bei Langfahrten schlechthin
unverzichtbar. Wenn Sie Berichte von anderen Seglern lesen, die, aus welchen
Gründen auch immer, gezwungen waren, per Hand zu steuern, so mündet das nahezu
immer in ein Klagelied. Der Laie wird sich fragen, warum die Segler darüber
jammern. Die Antwort liegt auf der Hand: Segeln ist zwar unser Traumhobby und
Rudergehen, heißt auch die Seglei genießen. Eine Stunde lang, vielleicht auch
zwei. Aber wenn es 24 Stunden werden und das tagelang so ist, dann beginnt man,
das Segeln nicht mehr so schön zu finden. Kurzum, es wird zur Qual.
Nachem sich Ihre Yacht
bestimmt nicht selber steuert, also unter Segel ungefähr den Kurs hält,
sollten Sie danach trachten, niemals ans Ruder gezwungen zu werden. Das werden Sie
auch nicht, solange Ihr elektrischer Automat funktioniert. Auch wenn es sich bei
Ihrem Gerät um einen leistungsfähigen und weitgehend(!) funktionssicheren
Automaten handelt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der nicht mal
unterwegs seinen Geist aufgibt. Und dann haben wir eine mittlere Katastrophe.
 Deshalb
würde ich Ihnen raten, sich eine Windsteueranlage ans Heck zu bauen, damit
gewinnen Sie viel Unabhängigkeit. Auf meiner THALASSA hatte ich einen
elektrischen Rudergänger (wird auch in der Berufsschifffahrt eingesetzt), der
fast immer höchst zufriedenstellend funktionierte, Aber eben nur
"fast". Als er eines Tages auf hoher See einmal schlecht gelaunt war
und ausstieg (möglicherwiese ein Software-Fehler) waren wir richtiggehend
erleichtert, dass wir innerhalb ein paar Minuten auf unsere Windpilot-Anlage
umsteigen konnten. Der Törn war irgendwie gerettet, denn die Windsteueranlge
brachte uns zum Zielhafen ohne dass wir auch nur einen Augenblick ans Ruder
mußten.
Mit
dieser Einstellung bin ich nicht allein. Wenn Sie sich das Bild von Jimmy
Cornells (im Cockpit) eigener Yacht AVENTURA ansehen, entdecken Sie dort
auch die Windpilot-Anlage, obwohl ich sicher bin, dass er auch einen
elektrischen Rudergänger an Bord hatte. Gerade für Sie als Pilot wird es
unverzichtbar sein, über eine Redundanz zu verfügen.
Viele Grüße!
Bobby Schenk

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