YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
16.9.2013
Hallo Herr Plan,
bei der elektrischen Ausstattung einer
Langfahrtyacht sind folgende Grundprinzipien beachtlich:
- Eine Langfahrtyacht "lebt"
elektrisch aus der Batteriebank. Sie kann also in erster Linie nur mit
Gleichstrom versorgt werden. Nur in Ausnahmefällen steht ihr die
Stromversorgung in einer Marina mit 240-Volt-Strom zur Verfügung.
- Die Haupt-Stromversorgung einer Yacht kommt
von den Lichtmaschinen an der Maschine. Da Batterien nur Gleichstrom
aufnehmen können, wird der Strom der Lichtmaschine in Gleichstrom
umgewandelt und in die Batterie als Ladestrom eingespeist.
- Gleichstrom kann - im Gegensatz zu
Wechselstrom - nicht transformiert werden. Man kann also aus dem
Batteriestrom von 12 Volt nicht ohne den Umweg über den Wechselstrom
24 Volt Gleichstrom machen, ebenso nicht ohne 50 Prozentverlust aus 24 Volt
12 Volt.
- 220-Volt-Wechselstrom kann somit auf einer
Yacht unterwegs nur mit einem lärmenden Generator oder aus der Batterie
mittels Inverter (Wechselrichter) erzeugt werden.
Sie haben recht, das Problem beim
12-Volt-Gleichstrom sind die hohen Ströme, die notwendig sind, manche
Stromfresser ohne Spannungsverlust zu betreiben. Wenn man sich die dicke
Zuleitung von der Batterie zur 12-Volt-Ankerwinde mal ansieht, erkennt man
sofort, dass die Ausstattung der ganzen Yacht mit solchen sperrigen und
umfangreichen Drähten gar nicht möglich ist. Die 12-Volt-Ankerwinde ist die
große Ausnahme unter allen Verbrauchern. Denn da fließen schon mal Ströme von
100 Ampere und darüber. Diese Problematik führt übrigens dazu, dass man auf
manchen Yachten für das Ankerspill eigene Batterien in der Nähe der Winde
vorfindet. So kann die aufwändige Stromleitung kurz gehalten werden.
Warum wird auf einer Langfahrtyacht überhaupt
240-Volt-Wechselstrom benötigt?
Für viele Verwendungszwecke gibt es gar keine
12-Volt-Geräte. Und wenn, dann sind sie bei mäßiger Leistung
unverhältnismäßig teuer. Trotzdem wollen wir auf diese Annehmlichkeiten oft
nicht verzichten, die da zum Beispiel sind: Mikrowelle, Geschirrspüler,
Waschmaschinen, motorgetriebene Werkzeuge (Stichsäge, Bohrmaschine, Flex,
Schweißgerät u.s.w.). Ein gewichtiges Argument für den Betrieb von
Wechselstromgeräten auf Yachten ist der niedrige Anschaffungspreis. Wir können
die Maschinen direkt aus dem Baumarkt oder von einem Discounter direkt auf der
Yacht einsetzen. Nur - zum Betrieb benötigt man Wechselstrom und den bekommt
man - unterwegs - vom Inverter, der aus dem 12-Volt-Strom der Batterie
Wechselstrom mit 240 Volt, beziehungsweise "220" Volt erzeugt. (Dass
auch ein eigener Generator mit seinen Einbau-Wartungs- und Preisproblemen
Wechselstrom liefert, wollen wie hier mal unberücksichtigt lassen).
Aber:
Die Ströme, die ein Inverter aus der Batterie zieht, sind beachtlich. Was
wiederum nichts im Hinblick auf die Dicke der Leitungen ausmacht, wohl aber eine
enorme Belastung der Batterie(-Bank) darstellt. Ein Wechselstromverbraucher mit
1000 Watt zieht aus der Batterie fast 100 Ampere. Das machen die wenigsten
Batterien mit, wenn es sich um Dauerverbraucher handelt. Der Betrieb eines
Heizlüfters an kalten Tagen oder einer Klimaanlage an schwülen Tagen verbietet
sich deshalb. Aber bei Kurzzeitverbrauchern ist das eine feine Sache. Jahrelang
haben wir eine Mikrowelle (die vielleicht 50 Euro gekostet hat - siehe Foto)
täglich mehrfach betrieben. In wenigen Minuten hatten wir heißes Wasser für
den Tee oder die Suppe, ohne und mit der Gas- oder Petroleum-Problematik von
Kochöfen auf Yachten befassen zu müssen. Die Batterie hat dem Inverter zwar an
die 80 Ampere liefern müssen, doch wurden dem 500-Ah-Stromtank insgesamt für
den Tee nur etwa 5 Amperestunden entnommen - zu vernachlässigen! Gleiches galt
für die Powertools (Bohrmaschine, Stichsäge, Flex etc)
Bleibt die Frage, warum auch das Notebook über
Inverter angesteuert wird, obwohl das (intern) ja doch mit Gleichstrom arbeitet?
Erstens arbeitet nicht jedes Notebook genau mit den bordüblichen 12 Volt,
sodass zum Beispiel - bei 18 Volt schon wieder eine Transformatierung notwendig
ist. Zweitens ist es bei dem niedrigen Stromverbrauch einfacher, über den
Inverter zu gehen statt Eingriffe in der Stromversorgung des Computers
vorzunehmen.
Ein Hinweis: Es gibt billige und scheinbar teure
Inverter. Elektronische Geräte (Fernseher, Musikspieler, Videogeräte)
benötigen einen reinen Sinus-Strom, und dafür muss man eben tief in die Tasche
greifen. Bei der Bemessung des Inverters berücksichtige man, dass bei
Wechselstrommotoren ein doppelter bis dreifacher Anlaufstrom gezogen wird. Der
Betrieb einer 1000-Watt-Bohrmaschine setzt also einen 2 Kilowatt-Inverter
voraus.
Beste Grüße
Bobby Schenk
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