YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
22.9.2013
Hallo
Herr Morawietz,
als
Präsident des großen Yacht Club Austria wollte ich mal einen wertvollen
Preis von Sponsoren finanzieren lassen. Ich habe meinen Sandkastenfreund, den
inzwischen verstorbenen Manager von Boris Becker, Dr. Axel Meyer-Wölden,
befragt, wie ich das am besten anstellen solle. Er erklärte, es sei ganz
einfach, das zu organisieren. Ich müsse nur einem potenten Sponsor schlüssig
darlegen, dass er die "paar tausend DMark" über den Werbeeffekt
seines Sponsorings leicht wieder reinholt. Das konnte ich nicht. Und damit war
das Projekt gestorben.
Sie
sehen, ich habe absolut nichts gegen Sponsoring, wollte es ja selbst schon in
Anspruch nehmen. Ich habe nichts dagegen, solange
es beiden Parteien, dem Sponsor und dem Segler, zum Vorteil gereicht. Hier die
Unterstützung eines Segelunternehmens durch Geldzuwendung oder Sachgaben –
dort der Geldwert des Werbeeffekts.
Schließlich
kann man nichts dagegen sagen, wenn mit Leistung und Gegenleistung Geld
verdient wird. Das machen wir im Berufsleben doch alle.
Nur
sieht die Wirklichkeit beim Fahrtensegeln gelegentlich nicht
ganz so sauber aus. Mancher Zeitgenosse scheut sich nicht, gegenüber (im
Segeln) unerfahrenen Firmen oder Personen bei der Bitte um Sponsoring seine
Leistung - und damit den erzielbaren Werbeeffekt - falsch darzustellen. Da
wird zuweilen mit wissenschaftlichem Hintergrund taktiert:
"Weltumsegelung, um auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam zu
machen", die "Erforschung der Folgen des Klimawandels" oder die "Selbsterfahrung eines Einhandseglers, wie sich das
lange Alleinsein auf die Psyche auswirkt". Der Sponsor glaubt es, hat
jedoch keine Chance, seinen Einsatz als Werbeerfolg über ein Buch, über
Vorträge oder Ähnliches zurückzubekommen. Noch dreister ist es, wenn einer
seine Einhandweltumsegelung sponsern lässt und dann prompt mit Dame lossegelt
(hier könnte ich gleich mehrere prominente Namen nennen (nein, Erdmann ist außen
vor!).
Nun, was geht andere das an?
Irgendein dummer Sponsor wurde halt über den Tisch gezogen. Was soll es, es
ist ja jedermanns eigene Sache, wie er sein Geld versenkt? Nein, so ist es
nicht! Schließlich gibt es eine ganze Reihe von Langfahrtseglern, die etwas,
zum Beispiel eine ehrliche Weltumsegelung auf der Passatroute zu bieten hätten,
aber bei eventuellen Sponsoren, und sei es auch nur der Lieferant von Gemüsekonserven
oder Brotteig, nicht landen können, weil sie ja "nur" mit einer
Erdumrundung unter Segel dienen können - ohne jeden
wissenschaftlichen Hintergrund und ohne überwältigende psychische
Ausnahmesituation.
Also, Sponsoring ja, aber
nur, wenn es voraussichtlich beiden Teilen was bringen wird.
Es
spricht nichts dagegen, mit einer Rallye unterwegs zu
sein. Wenn ich nochmals mit dem Hochseesegeln anfangen
würde, wäre die Atlantiküberquerung im Pulk
wahrscheinlich auch für mich was. Und ich verstehe durchaus, dass es Segler gibt, die
ein ausgeprägteres Bedürfnis nach Sicherheit haben und
sich von der Teilnahme an einer Rallye mehr Sicherheit
versprechen. Und wenn es diesem Umstand zu verdanken
ist, dass sich ein Segler an ein Unternehmen wagt, das
er sonst niemals in Angriff genommen hätte, so finde
ich das großartig.
Aber
leider gibt’s auch eine Kehrseite der Medaille.
Heutzutage gibt es weltweit Hunderte von Rallyes, auch
um die Welt. Allein im Herbst finden mehrere Rallyes
(französische und englische) über den Atlantik statt.
Ich erinnere mich an die Zeiten, als es noch kein
organisiertes Segeln gab und gerade mal 10 oder 20
Yachten pro Jahr über den großen Teich gesegelt sind.
Heute sind es über 1000. Man kann sich leicht
vorstellen, welche Konsequenzen es für die
Individualsegler hat, wenn in eine einst verschlafene
Marina mit einem Schlag hundert Yachten reinbrechen.
Dabei hat der Individualsegler noch Glück gehabt, dass
er Monate zuvor einen der letzten nicht reservierten
Liegeplätze ergattert hat. Die Lokale sind plötzlich
mit feiernden Seglern übervoll, der Segelmacher ist überhaupt
nicht mehr zu erreichen und an andere dringend
notwendige Handwerker ist ebenfalls nicht mehr zu denken
("Termin erst wieder ab Mitte Dezember"). Oder
wenn ein Ankerplatz, der eigentlich nur für zwei
Dutzend Yachten reicht, mit weiteren 50 Yachten belegt
wird. Und wenn man Pech hat, handelt es sich auch noch
um eine der englischen Rallyes. Denn dort herrscht eine
Vorliebe für „echte“ Herrentörns; und deren
Erkennungsmerkmal ist nächtelanges Gegröle von
"Seehooligans". So ist es
nicht weiter verwunderlich, wenn sich bei Yachtsleuten,
die sich geruhsam auf ihre Atlantiküberquerung
vorbereiten wollten, die Begeisterung über so manche
Rallye in Grenzen hält.
Herzliche
Grüße
Bobby
Schenk
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