Guten
Tag, Herr Scherr,
nachdem
Sie eine Crew suchen, gehe ich davon aus, dass Sie nicht irgendwie auf einer
Weltumsegelung mitsegeln, sondern eine solche als Skipper in eigener Regie
durchziehen wollen. Das ist lobenswert, doch bestimmt nicht so einfach wie Sie
sich das möglicherweise vorstellen.
Zunächst:
Bei einer "normalen", also jahrelangen Weltumsegelung handelt es
sich nämlich nicht um ein kurzfristige Projekt, das man mal eben so
durchzieht, sondern eine Unternehmung, die eine gewisse Lebensart, und damit
eine Umstellung des Landlebens voraussetzt.
Aus Ihrer Frage erkenne ich nicht, dass Sie damit rechnen. Sie beziehen sich auf Ihre erfolgreiche
Regattatätigkeit, woraus ich entnehme, dass Sie der Meinung sind, diese
würde schon eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Weltumsegelung
erfüllen. Das ist nur zum geringen Teil richtig, wenn man mal davon absieht,
dass Sie bestimmt keine Scheu vorm Wasser haben. Aber eine Weltumsegelung, so
wie ich sie verstehe, ist mehr eine Wanderung
um den Erdball und die Segelei
ist nur ein(!) Mittel zum Zweck, ich bin versucht, das "Wellenwandern" als
"Randthema" zu bezeichnen. Bestimmt beherrschen Sie den richtigen
Segeltrimm, der das Schiff ein wenig schneller macht, aber auch ohne diese
Spezialkenntnisse würde ein schlechter Segler das andere Ufer am großen
Teich erreichen. Vielleicht ein paar Tage später, was bei einer
Gesamtreisedauer von ein paar Jahren nicht ins Gewicht fällt. Zum
wiederholten Male dieser Hinweis: Um den Erdball rum sind es rund 25 Tausend
Segelmeilen. Wenn man einer Langfahrtyacht nur 100 Meilen pro Tag zutraut,
segelt der Weltumsegler runde 250 Tage. Eine "normale"
Weltumsegelung dauert aber drei bis vier Jahre. Unter Segeln verbringt man
also nur 25 Prozent der Reisedauer. Die übrige Zeit liegt man vor Anker oder
in einem Hafen, beziehungsweise einer Marina, oft auch auf dem Trockenen mit
Werkzeug in der Hand.
Sicher
schaden Ihre Segelkenntnisse nichts, aber andere Dinge sind wichtiger.
Zunächst einmal brauchen Sie Zeit und(!) Geld. Diese
"Zeit-Geld-Gleichung" ist erfahrungsgemäß am schwierigsten zu
lösen. Denn entweder hat man das Eine oder Andere. Geld bekommt man im
Regelfall nicht ohne Arbeit, oder man hat es geerbt. Sie werden nun fragen,
wieviel Geld nötig ist? Das hängt von Ihren Ansprüchen und von Ihrer
Sportlichkeit ab. Letztere dürfte bei Ihnen ausgeprägt sein, deshalb sollte
ein Acht- oder Neun-Meter-Yacht reichen. Und dann benötigen Sie noch soviel Geld,
um mehrere Jahre ohne berufliches Nichtstun leben zu können. Egal wie Sie rechnen, eine
satte fünfstellige Summe muss also her. Dann können Sie planen.

Genauso
wichtig aber ist, dass Sie sich mit dem Fahrtensegeln, besser gesagt mit dem
Fahrtenleben beschäftigen. Sie brauchen also Kenntnisse in technischer
Hinsicht (dringend), um ein Schiff, Ihr Zuhause für mehrere Jahre unterhalten
zu können. Unterschätzen Sie das nicht! Durchaus begründet nennen einige
Weltumsegler Ihre Unternehmung als "Reparatur einer Yacht an den
schönsten Ankerplätzen der Welt". Was Sie sonst noch an Kenntnissen und
Fähigkeiten benötigen, erfahren Sie am besten, wenn Sie intensiv in die Welt
des Fahrtensegelns eintauchen. Das geht am besten, indem Sie an vielen Törns
auf fremden Yachten teilnehmen. Bestens geeignet sind Überführungstörns von
seriösen Charterfirmen oder aber auf einer anderen Yacht für eine
Atlantiküberquerung anzuheuern. Stichwort: Hand gegen Koje! Haben Sie so ein
paar tausend Meilen hinter sich gebracht, werden Sie in der Lage sein, selbst
festzustellen, was für eine Yacht Sie benötigen und was Sie alles können
müssen. Sind Sie einmal in die Szene der Blauwassersegler eingedrungen,
werden Sie auch Kontakt zu Gleichgesinnten finden und dann wird es nicht mehr
schwer sein, eine Crew oder besser eine(n) Partner(in) zu finden.
Den
besten Überblick über dieses riesige Themengebiet aber bekommen Sie sicher,
wenn Sie auf meiner Seite Who-is-Who im Weltumsegeln die Antworten der zahlreichen
Weltumsegler und deren Erfahrungen lesen. Antworten von noch so erfahrenen
Seglern, die lediglich auch mal um die Welt segeln wollen(!), sind dagegen im
allgemeinen wenig hilfreich, ja wertlos.
Mit
freundlichen Grüßen
Bobby
Schenk
