Guten
Tag die Herren Härri und Malecek,
Sie
sind nicht die Einzigen, die diese Frage nach der Lebensdauer des Riggs und
damit der Wanten und Stagen stellen. Gleich mal vorweg: Das lässt sich nicht
pauschal sagen!
Und
genau genommen, gäbe es gar keinen Anlaß für so eine Frage, wenn nicht
immer wieder der Hinweis auf die Versicherungen im Raume steht.
Ganz
klar, eine Versicherung ist nicht gezwungen, mit einem Bootseigner einen
Vertrag, eben den Versicherungsvertrag abzuschließen. Sie wird es dann tun,
wenn sie Vorteile aus einem solchen Vertag ziehen kann. Das ist immer dann der
Fall, wenn der Pool groß, die Prämie möglichst hoch und das Risiko eines
Schadensfalles möglichst klein ist. Innerhalb dieses Rahmens kann es schon
mal sein, dass eine Versicherung darauf besteht, ein altes "Rigg"
gegen ein neues auszutauschen. Damit würde sich der Wert der Yacht, und
damit logischerweise auch die Prämie erhöhen. Wenn eine Versicherung
derartiges ohne konkreten Anlass verlangen würde, würde ich von der
Vertragsfreiheit Gebrauch machen und mich nach einer anderen Versicherung
umsehen. Der große Versicherungsmakler Pantaeneus erklärt auf Nachfrage,
dass er sich allenfalls zusichern läßt, dass das "Rigg" in Ordnung
ist, wird aber nicht verlangen, dass nach einer bestimmten Anzahl von Jahren
Wanten und Stagen, erst recht nicht das "Rigg" (zu dem ja auch Mast
und andere Spieren zählen) auszutauschen seien, um die Yacht zu
versichern.
Selbstverständlich
beurteilt eine Versicherung vor Abschluß einer Versicherung den Gesamtzustand
der Yacht, zu dem auch das "Rigg" gehört. Und es obliegt ihr, vor
Abschluß des Vertrages das Schadensrisiko abzuschätzen. Das bei einer neuen
Yacht sicher nach der Lebenserfahrung geringer ist als bei einer 20- oder
30-jährigen Yacht. Ein Teil des Risikos nur betrifft das Rigg.
Aber
nun zur Kernfrage? Altert überhaupt ein modernes "Rigg"?
Gegenfrage: Altert ein Stahlrumpf, altert ein Aluminiummast? Altern Wanten und
Stagen aus Niro? Altert die Maschine? Ein ganz klares: "Nein!"
Der
Stahlrumpf verrostet vielleicht, wenn er nicht ausreichend geschützt oder
beschädigt ist. Der Aluminiummast hat vielleicht nicht mehr die
ursprüngliche Stärke, wenn er beschädigt, teilweise korrodiert ist. Wanten
und Stagen sind auszutauschen wenn sie beschädigt oder überbeansprucht sind,
die Maschine oder Teile von ihr ist am Ende, wenn sie ihre Lebensdauer nach
vielen tausend Stunden abgefahren hat und sich ein Austausch der durch langen
Gebrauch abgenutzten Bestandteile nicht mehr rentiert.
Nirostamateriel,
aus dem unsere Wanten und Stagen sind, wird nicht durch die Anzahl der Jahre
geschwächt, sondern durch Korrosion oder Überbeanspruchung. Erstere Ursache
kann man beim modernene "Nirosta"-Material (Chrimstahl)
ausschließen. Bleibt die Über-Beanspruchung. Dass es dabei auf die Art
des Einsatzes ankommt und nicht auf den Zeitablauf, liegt wohl auf der Hand.
Ein Rigg, auch der Mast, wird sicher ganz anders beansprucht, ob es sich nun
auf einem Volvo-Racer befindet, der permanent auf Höchstleistung auch durch
schweren Seegang geprügelt wird oder auf einer Luxusyacht, die in einem
Mittelmeerhafen vor sich hin dümpelt und die meiste Zeit damit verbringt,
dass ihr Eigner einmal im Jahr auf ihr seinen Urlaub verbringt. Ob eine Yacht
sich ständig auf Weltumsegelung befindet, oder ob sie mal drei Monate (im
besten Fall) auf der Ostsee beschauliche Törns absolviert. Ob eine Yacht im
Charterbusiness 22 Wochen im Jahr eingesetzt und malträtiert wird, oder ob
ein Rigg 10 Jahre lang neben einer Ausbauschale im Schuppen rumligt - dieses
Beispiel stammt aus dem Gespräch mit Pantaeneus.
Also,
die Mär, von der nach Jahren einzuschätzenden Lebensdauer eines modernen
Niro-Riggs ist Unsinn und höchstens Vorwand einer praxisfremden Verischerung,
das Risiko gegen Null zu minimieren, was ja dem Geist einer Versicherung
zuwiederläuft.
Wann
aber muß man sich Sorge ums Rigg machen? Wann ist ein Rigg geschwächt?
Sicher nicht, wenn es einen hohen Geburtstag feiert!

Beim
Mast und den Spieren sollte man nach Rissen oder Korrosionsschäden schauen.
Letztere wären meist Metallausblühungen, die aber nicht unbedingt zu
ernstzunehmenden Schwächungen des Materials führen müssen. Bolzen sollten
nicht zu große Materialverluste in den zu ihnen passenden Ausbuchtungen
gearbeitet haben. In die Wanten und Stagen sollte man der Reihe soviel Lose
geben, damit man sehen kann, ob dann deutlich sichtbare Knicke vorhanden sind
(wogegen "NiroMaterial" viel empfindlicher ist, als normale
Drahtwanten). Gebrochene Kardeele deuten auf eine Schwächung des Riggs hin
und müssen zumindest zum Austausch des betreffenden Drahtes führen. Am
wichtigsten vielleicht, weil leicht zu übersehen, ist die Kontrolle mit der
Lupe der Terminals, besonders der gewalzten Endstücke.- siehe Bilder der
Vergrößerungen links und rechts.
Findet
man solche Anhaltspunkte für eine Schwächung des stehenden Gutes, dann
sollte man einen Fachmann, am besten einen Seilermeister, zu Rate
ziehen. Er wird sicher dazu drängen, fragwürdige Wanten und Stagen zur
Gänze auf keinen Fall mehr weiterzuverwenden und auszutauschen.
Mast-und Schotbruch
Bobby Schenk