Lieber
Georg Kirschbaum,
wenn
Sie von der "ganz großen Langfahrt" schreiben, dann haben Sie ja
wohl eine Weltumsegelung im Hinterkopf und die wird auch sicher nicht in
polaren Gewässern stattfinden.
Ein
schönes breites Schiff ist Ihre Neuerwerbung. Und über die Breite von 3,23 m
werden Sie sich noch freuen. Denn daher wird der vergleichsweise hohe
Wohnkomfort, verglichen mit anderen 10-Meter-Schiffen, in erster Linie
rühren.
Ich
denk, ich kann aus eigener Erfahrung doch was zur zweckmäßigen Ausrüstung
einer Yacht in dieser Größe für eine Weltumsegelung sagen, denn ich hab
selber vier Jahre auf einer 34-Fuß-Yacht THALASSA (siehe Foto) zugebracht,
als meine THALASSA die Welt auf der Passatroute umrundet hat. Damals, vor
einigen Jahrzehnten, war dies in den Häfen eine große Yacht, nur einen Fuß
länger und unwesentlich schmäler als Ihre SHE 33.
Schön,
dass Ihre Yacht mit einer Heizung ausgerüstet ist, doch diese werden Sie wohl
stillegen, wenn Sie auf den großen Törn gehen. Kuchenbude, Autopilot und
Zweikreis-Kühlung sind o.k. Und für die Navigation reicht ein (besser
mehrere) primitives
GPS-Gerät für 100 Euro und die zuständigen Seekarten aus.
Was
mir völlig abgeht in Ihrer Beschreibung ist ein zweckmäßiges Ankergeschirr,
das Sie zahlreiche Male gebrauchen werden und von dem die Sicherheit Ihrer
Yacht mehr abhängt, als von einer zweckmäßigen Besegelung. Zwei
wirkungsvolle Anker mit einer 8-mm-Kette (bitte kein Vorlauf) und Trosse sollten es schon sein.
Ein Ankerspill braucht es bei Ihrer Schiffsgröße nicht.
Bei
der Besegelung sollten Sie darauf achten, dass sie große Segel auf den
überwiegend vorherrschenden Vorwindkursen einsetzen können - Passatsegel,
Zwillingsfocks, Parasailor etc.
Elektrisches
Druckwasser brauchen Sie nicht, mechanische Fußpumpen tun es auch. Damit
entfällt auch die Möglichkeit, Warmwasser von einem Wärmetauscher an der
Maschine zu beziehen. Was Sie nach meiner Meinug aber unbedingt auch nur für
minimalen Wohnkomfort in den Tropen benötigen ist ein Kühlschrank. Und damit
sind wir schon beim größten Problem, der Versorgung mit Energie, also mit
elektrischem Strom. Zumal Sie ja keine Windsteueranlage haben, sondern
unterwegs Ihr Ruderautomat ständig, rund um die Uhr, Strom aus der Batterie
lutscht, und das, je nach Seegangsvberhältnissen, nicht zu wenig. Bei Ihrer Schiffsgröße sind nicht Solarzellen die
Lösung (höchstens Unterstützung), weil Sie gar keinen Platz haben,
wirkungsvolle, und damit schon recht großflächige, Paneele unterzubringen,
erst recht nicht unterwegs. Dass Sie nur mit einer neuwertigen, je nach
vorhandemem Platz möglichst großen Batterie(en) auf große Fahrt gehen
werden, davon gehe ich mal aus. Ja, und das Wichtigste hätt ich fast
vergeseen: Alle(!) Lampen an Bord müssen durch LED-Lampen ersetzt werden,
aber das haben Sie als Elektroniker ohnehin ja vor.
Für
die Kommunikation würde ich mir eine UKW-Hand-Funke anschaffen und einen Kurzwellenempfänger.
Was
mir völlig abgeht in Ihrer Beschreibung, ist ein Beiboot, das zu einer
Langfahrtyacht so selbstverständlich dazu gehört, wie der Mast oder die
Segel. Ihre Platzprobleme löst kein aufblasbaren Schlauchboot, denn ich hab
noch nie erlebt, dass solche Dinger jeweils vor Gebrauch aufgeblasen wurden.
Ein Klappboot an der Reling würde jedenfalls ihren Lebensraum am wenigsten
einschränken.
Das
wärs in Kürze. Auf meinen Blauwasserseminaren verteile ich eine Liste mit
Punkten für eine Aufrüstung von sogenannten segelfertigen Yachten zur
Langfahrtyacht. Diese ist zwar für größere Yachten gedacht, doch finden Sie
vielleicht den einen oder anderen Punkt, der Ihnen eine zusätzliche Anregung
gibt - siehe auch
hier!
Sie
sollten sich mal ein paar Bücher über frühere Weltumsegelungen anschaffen
(zum Beispiel antiquarisch: Hundeleben in Herrlichkeit von den Kochs oder die
frühen Erlebnisberichte von den Hiscocks), da würden Sie noch viele
Anregungen finden. Und sagen Sie jetzt bloß nicht, dass diese Bücher nicht
mehr aktuell sind. Es handelt sich um Yachten um die 10 Meter Länge und die
See, das Meer hat sich keineswegs geändert, ist nicht "mit der Zeit
gegangen". Was einen Reiz unserer Lebensweise ausmacht.
Viele
Grüße
Bobby