Sg.Herr
Pötschner.
Nein,
so wie Sie sich das vorstellen, funktioniert Ankern nicht. Im Gegensatz zu
einem Hafenmanöver, wo es ja letztlich darum geht, eine Yacht für eine
bestimmte Aufenthaltsdauer "einzuparken", bleibt die Yacht vor Anker
zwar nicht "in Fahrt", doch bedarf sie der ständigen Aufsicht
durch die Besatzung. "Ankerwache" nennt man das. Das heißt aber
nicht, dass eine Yacht, die in der Türkei im Hochsommer bei
beständigem Wetter in Sichtweite vom Restaurant aus ankert, nicht für ein
paar Stunden allein
gelassen werden darf oder ständig beobachtet werden muß.
Man
kann eine Yacht vor Anker nicht auf bevorstehende Winddreher so vorbereiten,
dass diese dann mit wechselnden Winden sicher allein fertig wird. In
stromlosen Gewässern wird sich eine Yacht immer in Richtung Wind legen und
dementsprechend muß dann der Anker in Vorausrichtung im Grund sein. Deshalb
fährt man den Anker ja auch mit Rückwärtsfahrt der Maschine ein.
Alle
gebräuchlichen Anker, die international von erfahrenen Yachtbesatzungen
verwendet werden (siehe in
meinem Buch ANKERN), sind so konstruiert, dass sie sich in Zugrichtung der
Kette/Trosse möglichst zuverlässig eingraben. Die Betonung liegt auf
"möglichst". Denn niemals kann mit letzter Sicherheit garantiert
werden, dass sich ein auf dem Grund liegender Anker beim ersten Aufkommen der Zugkraft auch wirklich
im Grund (und nicht an einem Stein oder Ähnlichem) festbeißt. Hier liegt
auch das Problem mit Winddrehern (oder Stromkenterungen), die in Zukunft zu
erwarten sind.
In
der Praxis wird man immer ganz normal in Windrichtung vor Anker gehen,
und dann bei einer starken Winddrehung beobachten, ob der Anker die Drehung
mitgemacht hat, dabei aus dem Grund ausgebrochen ist und sich dann in neuer Richtung durch den Zug der Yacht
wieder eingegraben
hat ("peilen, loten, klaren").
Was
anderes ist es, wenn man bei gutem windarmen Wetter mit Winddrehern oder einem
Wetterumschlag rechnen muß. Dann kann es ausnahmsweise angebracht sein, den
Anker mit Maschinenhilfe in der erwarteten(!) Wind-Richtung einzufahren. Man
muß sich aber im Klaren sein, dass vor dem Wetterumschwung der Anker seine
volle Haltekraft nicht entwickeln kann, denn er liegt ja zunächst nicht in
der Zugrichtung, seine Haltekräfte sind in Nähe "null". Die Gefahr
liegt auch darin, dass man den für eine bestimmte Zugrichtung eingegrabenen
Anker mit wenig Zug aus einer anderen Richtung wieder leicht aus dem Grund
hebeln kann, bevor es zur Winddrehung kommt. Es sei denn, man legt die Yacht
mittels eines zusätzlichen Verwarpankers von vorneherein in die erwartete
Richtung.
Wenn
der erwartete Winddreher in der Richtung nicht allzusehr vom bisherigen Wind
abweicht, kann man mit einem zweiten Anker hier Vorsorge treffen. Dadurch wird
der Schwojkreis klein gehalten. Aber man darf nicht erwarten, dass dann beide
Anker tragen.
Wenn
sie erreichen wollen, dass das Ankergeschirr in allen Windrichtungen halten
soll, dann müssen sie es "vermuren". In diesem Falle ist es
gleichgültig, von welcher Seite der Wind kommt oder der Strom setzt. Dieses
vergleichsweise umständliche Manöver ist aber nicht gedacht für Fälle, wo
sie mal eben für die Nacht oder auch einen Restaurantbesuch an Land vor Anker
gehen wollen, sondern für einen permanenten Liegeplatz, der zusätzlich noch
unter Stromeinfluß steht - selten im Mittelmeer, in englischen Gewässern die
Regel.
Wer
unter allen Umständen ganz sicher gehen will, achte darauf, dass sich
ständig an Bord eine Ankerwache befindet.
Mit
freundlichen Grüßen
Bobby
Schenk
