Besucher fragen, Bobby Schenk antwortet
Hallo Herr H.G.L.,
in dem Artikel, den Sie ansprechen Segeln mit Null? hatte ich von einem Jollen-Grundkurs abgeraten.
Um's klarzustellen: natürlich haben Sie recht, wenn Sie einen solchen allseits hochgelobten Kurs empfehlen. Die Hinweise auf die Ausbildung beim
RYA kann ich nur unterstreichen. Nach allem, was ich darüber weiß - auch der Chefredakteur der YACHT hat einen derartigen Kurs absolviert - bieten die Briten dort vor allem eine äußerst praxisnahe Ausbildung in einem der schwierigsten Cruising-Gebiete der Welt. Dass dabei das
Dhingy-Segeln nicht ausgeklammert wird, unterstreicht die Vollständigkeit eines solchen Kurses.
Selbstverständlich finde ich es gut, dass die Segelanfänger auch mal in der Jolle sitzen und Aufschießer senkrecht zum Steg üben, denn dabei lernen sie sehr wohl, was man mit einem Segelboot kann - und was nicht.
Aber - ich habe den Artikel für diejenigen geschrieben, die sich nunmehr im gesetzten Alter eine Hochsee-Segel-Yacht kaufen können, um ihren Lebenstraum von einer Weltumsegelung zu verwirklichen. Sie werden unter anderem mit folgenden Ratschlägen, ich geb's zu auch von mir, selbst von kompetenter Seite eingedeckt.
Voraussetzung für eine Weltumsegelung soll nach diesen Ratschlägen sein:
einen Überführungstörn mit zu machen
Englisch zu lernen
an einem Jollen-Grundkurs teilzunehmen
einen Erste-Hilfe-Kurs zu machen
sich den Blinddarm entfernen zu lassen
einen Astro-Kurs zu belegen
an einem Maschinen-Seminar teilzunehmen
als Zweitsprache Französisch zu lernen
ein Blauwasser-Seminar zu besuchen
an einem mehrtägigem Skippertraining teilzunehmen
an einem ärztlichen Seminar zur Vertiefung der Wundversorgung mit zu machen
bei Freunden mitzusegeln
alle Scheine zu machen
einen Schießkurs zu belegen
einen Pyrokurs zu bestehen
einen von der Polizei angebotenen Kurs zur Verteidigung von Piratenangriffen zu besuchen
an Wetterseminaren teilzunehmen
einen Kochkurs zur Bordverpflegung zu besuchen
die Amateurfunklizenz zu erwerben
die Funkscheine zu machen
Vorträge über Reparaturen an Bord anzuhören
und so fort...!
Ein paar von diesen Ratschlägen habe ich befolgt, manche waren sehr nützlich, manche nicht sehr aufschlussreich oder unergiebig (wie der Besuch bei der Herstellerin meines Bootsmotors und manche nicht ganz ungefährlich, wie die vorsorgliche Blinddarmoperation. Trotzdem waren alle waren mehr oder wenig nützlich für die Weltumsegelung.
Was ich damit sagen will: Um alle gut gemeinten und sicher nicht falschen Ratschläge zu befolgen, die lange Liste spricht für sich, reicht ein Menschenleben nicht aus. Ein älteres schon gar nicht. Das heißt, der zukünftige Weltumsegler im fortgeschrittenen Alter und Segelneuling muss nach zwei Maximen handeln, nämlich:
Nur unerlässliche Themen vorbereiten
und
bei deren Wichtigkeiten Prioritäten setzten.
Da fließen sicher auch einige sehr individuelle Gesichtspunkte ein. Beispiel: Ich meine, dass Englisch unbedingt erforderlich ist, denn die mit Abstand gängigste Sprache unter den Yachtsleuten und die verbreiteste Zunge auf derganzen Welt ist nun mal the english language. Ich hab mal ein nettes Schweizer Ehepaar kennengelernt, die saßen auf einem der weltweit schönsten Spots ständig in ihrem Schiff, weil sie sich nicht mit anderen Menschen, weder an Land, noch unter unter den Yachties unterhalten, konnten.
Darüber hinaus eine weitere Sprache zu beherrschen, ist natürlich vorteilhaft, aber nicht notwendig. Wie gesagt: Nach meiner Meinung
Oder, Funkamateur zu werden? Für den Technik-Freak und selbst für den Laien unter den Seglern war dies einst fast ein Muss! Heute ist das anders angesichts von Aufwand und Effekt; schließlich ist der Gebrauchswert auf einer Weltumsegelung eines Satelliten-Telefons zumindest identisch.
Und so wird man sich in der Regel die Frage stellen müssen: Was brauch ich unbedingt?
Vor allem aber: Ein Momentum sollte zuerst zur Entscheidung herangezogen werden. Es ist ein Rat, den eine frischgebackene Weltumseglerin in meinem Blauwasser-Seminar zum Ende ihres Vortrags den Teilnehmern als ultimatives Resumee zugerufen hat: "Fahrt los!!"
Wenn ich obige "Pflichtenreihe" durchgehe, dann käme bei mir ein Jollenkurs unter Berücksichtigung meiner Vorbereitungs- und Rest-Lebenszeit weit nach hinten und damit wahrscheinlich in den Abschnitt "überflüssig". Möglicherweise an vorletzte Stelle, gerade noch vor den Erwerb eines Segelscheins (die eines östereichischen Scheins ausgenommen)!
Ein Kurs, so wie Sie ihn gemacht haben, stünde bei mir sehr weit oben in der ToDo-Liste. Diese RYA-Kurse und deren Segelscheine sind nach allen Erfahrungen, so auch Ihren, hervorragend und streng an der Praxis ausgerichtet. Da schadet es auch nicht, wenn ich nebenher auch was vom Jollensegeln mitbekomme.
Hafenmanöver unter Segel würde ich hingegen zwar ganz gerne - auf einer fremden Yacht - mitmachen, aber notwendig für die Weltumsegelpraxis sind sie nicht. Selbstverständlich ist es großartig, wenn Sie unter Segel im Hafen anlegen können, aber das geht risikoloser unter Maschine, ein Manöver, das man beherrschen muss! Nebenbei, Sie wissen es: Es gibt auch andere Methoden, sich aus der Patsche mit einer nicht startenden Maschine zu helfen: So können Sie immer vor dem Hafen unter Segel mit Aufschiesser in den Wind vor Anker gehen, um dann per Funk den Marineiro oder andere Yachties anzupreien, man möge die lahme Yacht in den Hafen schleppen. Als ich übrigens in meinem Fotobestand wegen dieses Artikels nach einem Bild von irgendeiner Yacht unter Segel in irgendeinem Hafen gesucht habe, bin ich unter tausenden von Fotos nicht fündig geworden.
Segelmanöver in Häfen sind eben selten geworden: Man vergesse nicht, dass sie inzwischen zugunsten einer Fahrt unter Maschine mit "nicht mehr als vier Knoten" (oder so ähnlich) in zahllosen Häfen verboten sind. Nebenbei. Bei den allermeisten Skippertrainings (sehr empfehlenswert - in der Liste ganz weit oben) , wie zum Beispiel bei Blue Too in Kroatien (siehe Skippertraining
) wird ein Anlegemanöver unter Segel richtigerweise gar nicht mehr gelehrt oder gar geübt.
Ich wäre jedenfalls nicht begeistert, wenn neben mir in der Box ein Skipper, gar ein Chartergast, mit stehendem Segel anlegen würde.
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