Thalassas Ausrüstung: Selbststeueranlage



Dies ist für Langfahrtsegler ein ganz wichtiges Thema. Es wird von den meisten Fahrtenseglern, jedenfalls anfänglich, weit unterschätzt. Die meisten merken erst zu Beginn einer Langfahrt, dass sie es versäumt hatten, sich eine Wind(!)-Selbststeueranlage anbauen zu lassen. Denn auf Langfahrten reicht die Batteriekapazität bei weitem nicht, um eine elektrische Selbststeueranlage zu betreiben. Was viele allerdings erst während der ersten Langfahrt realisieren. Denn bis dahin war die Batteriespannung noch nie unter 12 Volt abgesunken. Die bekannten deutschen Weltumsegler, Ernst-Jürgen und Elga Koch bauten auf ihre 15-Meter-Ketsch KAIROS eine elektrische Selbststeueranlage ein und mussten alleine für diese den Generator sieben Stunden am Tag laufen lassen. Sogar von diesen erfahrenen Weltumseglern wurde also die Notwendigkeit einer Wind(!)-Selbststeueranlage unterschätzt. Bei so langen Generatorlaufzeiten erhebt sich allmählich die Frage: Warum nicht gleich ein Motorboot?

Als ich zum ersten Mal eine Privilege 465 in natura vor mir sah, war ich sicher:

 "Keine Windsteueranlage auf der Welt wird in der Lage sein, dieses Schiff  zu steuern."

Doch Peter Förthmann, Chef der Fa. Windpilot, war sich sicher: "Die Windpilot wird Ihre Yacht steuern!"

Ich glaubte daran nicht, doch letztlich überzeugte mich diese Selbstsicherheit. So entschied ich mich für diese moderne Wind-Automatik. Voraussetzung war natürlich, dass ich von vorneherein geplant habe, das Beiboot nicht an Davits am Heck zu fahren. Unsere THALASSA,  eine Privilege 465 ist zwar nur vierzehneinhalb Meter lang, doch ein wirklich mächtiges Schiff mit einem extrem hohen Freibord. Ich bin auf die Windpilot deshalb gekommen, weil sie diesem hohen Freibord offensichtlich gewachsen ist und vor allem, weil sie  von hunderten Seglern hochgelobt wurde. Zusätzlich wurde sie in der englischen Zeitschrift YACHTING WORLD nach einer Umfrage unter Atlantiküberquerern nicht nur zur besten Selbststeueranlage gewählt, sondern als bester Ausrüstungsgegenstand überhaupt genannt und mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Das gab es noch nie, dass einem deutschen Marine-Produkt in England so hohe Anerkennung widerfahren ist.

Die Windpilot Plus, das "größere" Modell aus der Windpilot-Reihe arbeitet mit einem eigenen Ruder, das dann die ganze Yacht steuert. Das hat zusätzlich den Riesenvorteil, dass im Falle eines (Haupt-)Ruderschadens die Yacht nicht ruderlos wird, was (noch vor dem Mastbruch) auf einer Yacht immer der Super-Gau ist. Die Windpilot Plus (mit dem eigenen Steuerruder) war allerdings auf meiner neuen THALASSA nicht notwendig, weil die - als Katamaran - ohnehin zwei Ruder hat. Deshalb habe ich die Windpilot, und nicht die Windpilot Plus, genommen.

Zudem gab es, abhängig von den riesigen Aufbauten, zusätzlich ein spezielles Problem, weil bei Kursen vorlicher als querab, die Windfahne bei einem so mächtigen Katamaran im Windschatten der Aufbauten ist, also "eigentlich" nicht angesteuert werden kann. Statt der Windfahne übernimmt dann ein kleiner (!!!) elektrischer Steuerautomat (wie man ihn üblicherweise für kleine 7-Meter-Boote verwendet), nämlich der kompakte und handliche Simrad TP 20, die Aufgabe, der Windpilot (nicht der THALASSA direkt!) die Richtung vorzugeben. Da hierfür nicht mal dei Kraft des kleinen Fingers notwendig ist, liegt der Verbrauch vielleicht bei einem viertel Ampere, im Gegensatz zu 10 Ampere, wenn ein großer elektrischer Automat (der mit dem Robertson ebenfalls an Bord wäre) das ganze Schiff steuern muss. Bei raumen und mehr achterlichen Wind wird die Windfahne der Windpilot angesteuert und Strom ist gar keiner mehr notwendig.

Die eigentliche Kraft zum Steuern kommt  vom schlanken, aber tiefreichenden Servoruder, das die THLASSA steuert, je nach seitlichem Ausschlag, bis die Wunsch-Windrichtung wieder erreicht ist, die Windfahne damit sich wieder aufrecht hinstellen kann und das Servoruder brav senkrecht ins Wasser reicht. Es ist dies der gleiche Effekt, der entsteht, wenn man einen Ruderriemen von der Yacht aus ins Wasser hält - Kante in Fahrtrichtung. Man wird wenig Kraft aufwenden müssen, um den Riemen durchs Wasser zu ziehen. Ganz anders sieht es aus, wenn man den Riemen verkantet, dann wird es mit aller Kraft nicht mehr möglich sein, ihn senkrecht ins Wasser zu halten, sondern er wird nach der Seite auswandern. Genau diesen Effekt macht sich die Windpilot zunutze. Zum stufenlosen(!) Verstellen der gewünschten Fahrtrichtung zum (scheinbaren) Wind genügt dann bei der Windpilot ein leichte Drehung an einem Einstellrad, was auch mit einem "Schnürl" aus der Ferne geschehen kann. 

Die Kraftübertragung erfolgt über besonders reckfreie Liros-Steuerleinen (immerhin runde 10 Meter lang!)  aufs Hauptruder, das hierfür bei dieser Schiffsgröße äußerst leichtgängig sein muss.

Die ersten Test verliefen, nach Herzklopfen, überraschend. Bei raumen Wind schon wurde die THALASSA von der kleinen Windfahne gesteuert, obwohl die Bootsgeschwindigkeit teilweise nur bei drei Knoten lag und die Windpilot ihre Kraft (wie jede Anlage mit Servoruder) ja aus der Schiffsgeschwindigkeit bezieht -siehe oben!

Faszinierend auch das "Einschalten" der Windsteuerung auf unserer jetzigen THALASSA. Zwei große Flügelschrauben am Ruderrad eine Umdrehung nach rechts gedreht und die Anlage ist eingekuppelt - oder, andersrum, blitzschnell entkuppelt. Bei meiner früheren THALASSA II musste ich dazu noch "in den Keller" (Achterpik), um dort die Hydraulik durch Ziehen eines Bolzens "auszuschalten", weil die damalige Windsteuerung an der riesigen Notruderpinne angriff. Was natürlich den Nachteil hatte, dass es schon recht umständlich war, bei Kollisionskurs auf Hand umzuschalten. Gott sei Dank gab es in den brüllenden Vierzigern mangels Schiffsverkehrs solche Notmanöver fast nie!

Das wünsch ich mir auch jetzt!

 

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