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Biskaya-Winterüberquerung mit Fahrtenkatamaran überlebt
Im Winter über die Biskaya? Und
dann noch mit einem Katamaran? "Was hilft es, wenn die Yacht
unbedingt termingerecht überführt werden muss!" Peter Talas, auf den
Weltmeeren seit Jahrzehnten zu Hause, hat es ausprobiert. Sicher sind solch
harten Törns nichts für den Normalverbraucher, den Urlaubssegler, der nur die
schönen Seiten des Segeln erleben möchte. Aber lernen können wir aus solchen
Extremtörns allemal. Und wenn es das ist: Wettervorhersagen sind oft nicht so
zuverlässig wie Kaffeesatzlesen!
Bobby Schenk
Servus Bobby, bonjour Carla !
In zwei Tagen geht’s für mich wieder nach Les
Sables D’Olonne um die Hookipa per due, ein Katamaran vom Typ "Privilege 465
Easy Cruise"
abzuholen und zum ECKER YACHTING Stützpunkt in Punat zu
bringen.
Wieder, das heißt für mich im heurigen Jahr zum
zweiten Mal, denn ich war bereits ab dem 25. Februar von der Alliaura Werft in Les
Sables mit dem Privilege 435-Katamaran SANIME unterwegs ins Mittelmeer.
Und von dieser Überstellung möchte ich Euch kurz berichten:
Die Wetterprognosen vom
Deutschen Wetterdienst und www.wetteronline.de sagten uns für 25.02. – 27.02. nichts besonders Gutes,
aber auch nichts wirklich Schlimmes voraus. Am Nachmittag des zweiten Tages
drehte allerdings der Wind – etwa einen Tag früher als vorhergesagt – von
Nord und Nordwest auf Südwest und frischte auf 6 – 7 Bft auf. Wir konnten
aber, gut 200 Seemeilen von Les Sables und etwas mehr als 120 sm vor La Coruna mit den
beiden 40 PS Volvos noch recht ordentlich (5 – 6 Knoten) Speed machen.
In der
Nacht zwischen 03:00 und 04:00 Uhr aber kam es knüppeldick.
Giftig
marschierten die Seen gegen unseren 14-Meter-Katamaran. Der Lärm wurde
ohrenbetäubend, wenn die weissen Seen unter uns, zwischen den Rümpfen, borsten.
Längst waren wir alle durchnässt. Es kam zwar keine See über, aber so ein
paar vorwitzige Kübel von Wasser landeten immer im Cockpit. Kein Schihandschuh
kann dem länger widerstehen. Jeder der draußen am Steuerstand saß, war mit
einem Lifebelt gesichert. Wir hatten einen fix am Biminidach befestigt, der
gerade bis zur Salontür reichte. Wenn also ein Mann auf Wache kam, dann konnte
er sich noch "drinnen" einpiken und war so nicht eine Sekunde
ungesichert. Noch fühlten wir uns ganz sicher.
Dann
überschritt die Windgeschwindigkeit zum ersten Mal die 50 Knoten. Ständig! Das
sind Windbedingungen, die man als normaler Urlaubssegler nicht oft erlebt, also
schon ganz außergewöhnlich sind. Bei meinen bisherigen dreißigtausend
Seemeilen, fast alle auf Einrumpfyachten, war jedenfalls so was noch nicht dabei. Auch
der Autopilot war für solche ungewöhnlichen Bedingungen nicht gebaut. Perfekt
wurde er mit solchen Seen nicht mehr fertig, so dass wir fortlaufend ans Ruder
gefesselt waren. Dabei waren die Seen gar nicht so schrecklich hoch, bis zur
Saling halt. Aber deren Steilheit beunruhigte uns. Vor allem als der Windmesser
sich in den Fünfzigern stabilisierte und gar nicht mehr daran dachte, auf unter
50 Knoten, also auf mäßige acht Windstärken, zurückzufallen.
Und
dann war auch die 60 Knoten-Marke fällig. Ziemlich hysterisch jetzt das Ganze!
Angst? Logisch, Angst war auch dabei! Rückblickend betrachtet benahm sich der
Kat wie ein launisches Rassepferd. Lässig ritt er die Wellenungetüme ab, doch
ab und zu zeigte er sich störrisch. Das war wohl auch einer der Momente, als er
mich abwarf, mich von der Ruderbank runterdrosch. Ich hatte plötzlich keinen
Druck mehr im Hosenboden. Schwebte! Das sind dann die Sekundenbruchteile, wo Dir
soviel Gedanken durch den Kopf schießen, dass man darüber hernach fünf
E-Mails schreiben könnten. Ausgerechnet in diesem Moment kam mir auch die
Ur-Segel- Frage "Kat oder Mono?". Und noch während ich
durch die Luft flog, sozusagen im freien Fall, gab ich mir die Antwort: Wenn jetzt die nächste See einen Mono auf der Seite trifft, ihn flach
legt, dann ist es aus! Nicht nur mit mir, sondern auch mit dem Schiff. Meine
krachende Landung am Backbordaußendeck holte mich an Bord des Kats zurück.
Mit zitternden Knien rappelte ich mich hoch.
Der
Wind kreischte ungerührt, ballerte weiter, wie gespannt starrten wir auf den
Windmesser, der jetzt auch über die 60 Knoten hochkletterte. Kindisch, an was
man bei solchen Gelegenheiten manchmal denkt, vielleicht ein Abwehrmechanismus.
An meine ersten Segelkurse erinnerte ich mich: Die Beaufort-Skala endet im
60-Knotenbereich, 64 Knoten sind 12 Windstärken, "Orkan". Das
Speedometer beachteten wir schon gar nicht mehr.
Später, im Hafen, entdeckten
wir dann die Maximalgeschwindigkeit von 18,6 Knoten auf dem Speedo. Dabei waren
wir auf einem Fahrtenkat unterwegs gewesen, dessen übliche
Reisegeschwindigkeit, unter zivilen Verhältnissen, unter zehn Knoten liegt.
Zur
Flucht gab es nicht sehr viel Auswahl unter den in Frage
(Ansteuerung, Tide, Entfernung, usw.) kommenden Häfen und meine Entscheindung
fiel auf Lastres. Wie eine Spinne im Netz sah dann unser Schiff, festgemacht zwischen
der hohen Hafenmauer und einem Schwimmsteg für kleine Segel- und Motorboote,
aus. In der Nacht und am nächsten Tag gab es noch Alles, was Rasmus zu bieten
hat – Hagel, Gewitter, Starkwind und Sonne. Das Eis auf dem Deck
erinnerte uns daran, dass es Winter war. Als wir nach einem Tag
weiter nach La Coruna fuhren, waren auch die
Berge der nordspanischen Küste weiß vom Neuschnee .
Die nordwestliche spanisch-portugisische Küste
hatte für uns ab dem Cabo Finistere keine "günstigen" Winde parat – nur
alles aus südlicher Richtung, aber Gott sei Dank so schwach (max. 15 kn), dass
wir mit Motorkraft gut vorankamen. Nur kurz vor Cascais, einer Marina im Mündungsbereicht
des Rio Tejo, blies es uns mit 40 – 45 Knoten noch einmal aus Süden direkt
auf die Nase. Dort bei der Einfahrt war dann die zweite Gelegenheit sich zu
freuen, einen Katamaran unter dem Hintern zu haben. Den haushohen Schwells vor
der Hafeneinfahrt - beunruhigend, weil nur 12 Meter
Wassertiefe auf der Karte - mussten wir mit Wind von der Seite abreiten. Einen
Mono hätte der stürmische Wind hier sicher umgelegt, aufs Wasser gedrückt
- mit
unabsehbaren Folgen. Unser Kat dagegen hoppelte aufrecht und selbstsicher in den
Hafen.
Der Südwind hielt noch einen Tag an – und uns in
Cascais fest – aber in den Morgenstunden des 7. März liefen wir, noch gegen
eine sehr hohe Restdünung aus. Nach 3 Stunden traten Groß und Genua anstelle
von "2 x 40 PS Volvo" und günstiger Westwind mit 4 – 6 Bft bescherte uns
die ersten angenehmen Segelstunden seit dem Abfahrtstag in Les Sables. Dieser
Westwind mit mehr oder weniger Sonne verließ uns bis ins Mittelmeer nicht mehr.
Die 700 Seemeilen von Cascais bis Palma de Mallorca entschädigten uns wirklich
für die stürmischen Tage der ersten Woche. Superspeed in der Algarve und der
Alboransee war Labsal auf unseren ‚Wunden’ durch 10 und 11 Bft in der
Biskaya.
In diesen Zeiten begann die Crew – wir waren bei
diesem Törn zu viert – darüber zu diskutieren, ob man die Sturmtage
in der Biskaya aus der Erinnerung streichen sollte oder ihnen einen (Un-)
Ehrenplatz einräumen. Wir werden auf jeden Fall noch oft daran denken
!
Und noch etwas haben wir gelernt, wusste ich eigentlich schon aus meiner
langjährigen Erfahrung: Wettervorhersagen sind das Unzuverlässigste beim
Segeln. Manchmal fragt man sich, was die überhaupt wert sind - siehe oben!
Mittlerweile hat die
SANIME die Ägäis
erreicht und wird mit Gerald Kreps, der mich ab Mallorca als Skipper abgelöst
hat, und einer auf 2 Mann geschrumpften Crew – Erwin Messner und Christian
Zaussinger – weitersegeln... Hab gerade erfahren, dass sie heute im türkischen ECKER-YACHTING-Stützpunkt in Göcek
eingelaufen ist.
Nach all den Situationen, die wir bei diesem Törn
und auch schon bei der Überstellung im Vorjahr erleben konnten, verstehe ich
jetzt noch besser, warum der Zuspruch unter Yachtcharterern für Katamarane so groß geworden ist.
Hiermit grüße ich Euch mit dem Wunsch auf je eine
Handbreit Wasser unter Euren beiden Rümpfen und der Bitte an RASMUS es mit mir
in der nächsten Zeit besser zu meinen.
Peter
zur
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