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Fotografieren an Bord von Langfahrtyachten (2001)
Die Anforderungen beim Blauwassersegeln an die
Fotoausrüstung sind ziemlich speziell. Oft ist der nächste
Postschalter einen Archipel weiter, Reparaturwerkstätten für die teure Ausrüstung
schlechthin unerreichbar und am Fotolabor kommt die Yacht erst in einem halben
Jahr vorbei. Trotzdem gibt es kaum eine Reiseyacht, auf der nicht munter
fotografiert und auch ansonsten im Bild dokumentiert wird. Positiv: Das Problem
ist (fast) so alt wie die Blauwassersegelei, also gibt es auch eine Menge
Erfahrungstatsachen zu diesem Thema. Diese dürften auch Chartersegler
interessieren, denn viele Probleme sind identisch, ob auf einer Urlaubsreise
oder auf einer Weltumsegelung:
Format
und Ausrüstung
Nur
Kleinbildformat!
Unabhängig vom späteren Verwendungszweck des
Bildmaterials sollte man bei der richtigen Auswahl der Ausrüstung auf Folgendes
achten: Empfehlenswert ist als Format immer das altbewährte Kleinbildformat
"24
mal 36". Von eventuellen Pocketkameras und sonstigen Sonderformaten (Minox) rate
ich dringend ab. Diese Mini-Apparate sind zwar extrem handlich, meist auch
preiswert, doch wird man
selbst für den Hausgebrauch keine befriedigenden Ergebnisse zustande bringen.
Und das wäre doch schade beim Gesamtaufwand für eine solche Unternehmung.
Grundsätzlich eignen sich alle
Kleinbild-Spiegelreflexkameras, also auch
Sonderangebote aus dem Kaufhaus. Denn ob Pentax, Minolta, Canon oder gar Nikon,
bei allen handelt es sich um hochwertige Technik, die noch vor ein paar Jahren
unerschwinglich gewesen wäre, heute aber für ein paar hundert Mark über den
Ladentisch geht. Ich habe mit japanischen Produkten nur beste Erfahrungen
gemacht, während ich mit "made in Germany" trotz größter Vorsicht und
Pflege (Leica M3 - Verschluss unreparierbar kaputt auf Grund von
"Klimaeinflüssen") reingefallen bin.
Welche
Objektive?
Mehr
Augenmerk sollte man auf die Objektivauswahl richten. Für Aufnahmen an Bord muss ein
Weitwinkelobjektiv vorhanden sein, wobei ein 35mm-Objektiv - im
Fotohändlerjargon bereits als "Weitwinkelobjektiv" bezeichnet - diese
Einstufung noch nicht verdient. Mindestens sollte ein 28er, besser noch ein 24er
an Bord sein. Vor allem das Leben unter Deck lässt sich ohne diese Objektive
kaum wiedergeben.
Sollen
andere Yachten oder die eigene unter Segel vom Beiboot aus abgebildet werden, dann kommen wir um
ein sattes Teleobjektiv nicht herum. Auch hier ist Weniger nicht besser.
Ein 200er, besser noch ein 300-Millimeter-Objektiv sollte es sein.
Zoomobjektive
Die
nächste Frage gilt bei solchen Anforderungen dem praktischen
Zoom-Objektiv, dem wir viele Schnappschüsse verdanken, weil wir keine
Zeit mit dem Objektivwechsel verschwenden müssen. Tatsächlich
gibt es heute Zoomobjektive, die den genannten Brennweitenbereich
überstreichen. Doch achte man darauf, dass die Mindestentfernung nicht über
zwei Meter liegt, wie bei einem vielbeworbenen und angeblich meistverkauftes
Zoom-Objektiv. Dieses Objektiv wäre auf unseren kleinen Yachten an Bord nur
schlecht einsetzbar, weil viele gute Motive zu nah und damit unerreichbar sind.
Foto-Fachleute
werden darauf hinweisen, dass Zoomobjektive nicht die Qualität von Linsen mit
festen Brennweiten erreichen. Das mag theoretisch stimmen, fällt aber bei
unserem Bildmaterial in keiner Weise auf. Ich habe die Bilder für alle meine
Bücher teils mit Zooms aufgenommen, teils mit Festbrennweiten. Ich kann
hinterher bei keinem Foto mehr sagen, mit welcher Art von Objektiv gerade dieses
Bild fotografiert wurde.
Wie
empfindlich ist die Fotoausrüstung auf großer Fahrt?
Die
Gefahr der Beschädigung durch das Bordklima wird erheblich überschätzt und
hängt mit den zahlreichen Warnungen früherer Autoren zusammen. Sie waren in
den Zeiten der nassen Yachten auch berechtigt.
Salzwasser
ist der Tod von Kameras
Der
heutige Stand ist wohl der: Wenn wir keine, meist wenig leistungsfähige, dafür
aber recht umständliche und teure Unterwasserkamera benutzen, dann ist
Salzwasser, das ins Innere eines Fotoapparats gelangt, für diesen immer tödlich. In
diesem Falle vergeude man seine Zeit erst gar nicht mit Rettungsversuchen,
sondern entsorge das "gute Stück", um sich nicht weiter mit
unrichtigen Verschlusszeiten und sonstigen Absonderheiten (falls sich überhaupt
noch etwas rührt) falschen Hoffnungen hinzugeben. Gleiches gilt erst recht für
mechanische Kameras, deren Leben ebenfalls durch einen Schwall Salzwasser
unwiderrufbar beendet wird. Die alten mechanischen Kameras waren sogar noch
einen Tick empfindlicher, denn sie hatten viel mehr Öffnungen für Salzwasser,
hinter denen ganz gewöhnliches rostanfälliges Metall wartete.
Aufbewahrung
der Kamera
Salzwasserhaltige
Luft dagegen, oft
als unmittelbare Gefahr für alle möglichen Gebrauchsgegenstände auf Yachten
genannt, spielt bei weitem nicht die Rolle, die man ihr nachsagt. Zudem sind die
heutigen Fotoapparate Massenartikel, die, das liegt
in der Natur der Sache, viel funktionssicherer sind, als einzelne
Spezialfertigungen einer kleinen Serie. Ich habe jahrelang Fotoapparate an Bord
gehabt und sie nicht besonderer sorgfältig behandelt. Solange sie sich in
möglichst trockener Umgebung befinden, erfüllen sie auch ihren Dienst. Das
schlimmste, was man der Kamera antun kann, ist, sie an einem "ganz sicheren
Ort", also beispielsweise ganz hinten im Schrank, aufzubewahren. Die
Gefahr, speziell für das Glas der Objektive, kommt nämlich nicht von der
Luftfeuchtigkeit allein, sondern von Schimmel und Pilzen,
die bestens in feuchter und dunkler Umgebung
existieren. Es gilt deshalb, seine Fotoapparate, häufig
zu benutzen und sie so frischer Luft und vor allem Sonnenlicht
auszusetzen, oder aber sie in luftdichten Behältnissen aufzubewahren,
die dann aber vollkommen trocken sein müssen, um die gefährliche
Schimmelbildung zu vermeiden. Dies allerdings wird nur dadurch erreicht, dass
zusammen mit der Kamera in den möglichst luftdichten Behälter, z.B.
Tupperware, eine Chemikalie eingebracht wird, die der Umgebungsluft Feuchtigkeit
wirkungsvoll entzieht. In der Praxis verwendet man hierzu Silicagel
(in Apotheken erhältlich), das in kleinen Leinensäckchen der Kamera beigegeben
wird. Jeder kennt solche Säckchen, wenn er schon mal Elektronik aus Japan
eingekauft hat. Meistens findet er im Karton so ein Päckchen vor.
Silikagel
ist von tiefblauer Farbe, wenn es vollkommen trocken ist. Hat es der Umgebung
Feuchtigkeit entzogen und aufgenommen, dann verfärbt es
sich nach Rosa und wird wirkungslos. Wie praktisch: Dieser Vorgang ist
umkehrbar. Wir können rosa Silikagel auf der Bratpfanne
mit nicht zu großer Hitze solange "braten", bis es so trocken wird,
dass es wieder seine blaue Farbe annimmt und wieder für uns arbeiten kann.
In
der Praxis lege ich meine Fotoapparate an einem garantiert trockenen Platz nahe
der Navigation griffbereit hin. Wenn ich sie längere Zeit nicht benutze, dann
lagere ich sie in luftdichten Behältern - gibts im Schiffszubehörhandel -
zusammen mit Silikagel, das ich in regelmäßigen Abständen (jede Woche) auf
Sättigung kontrolliere.
In
jedem Fall setze ich aber die Objektive von Zeit zu Zeit, vielleicht alle zwei
Wochen, direktem Sonnenlicht für eine halbe Stunde aus. UV-Licht
tötet nämlich zuverlässig aufkeimende Schimmel und Pilze ab.
Bei
Schlechtwetter ist ein Schutzgehäuse notwendig
Es
ist klar, dass wir bei Schlechtwetter, bei Sturm, die üblichen Kameras
jedenfalls nicht ohne besonderen Schutz vor Wasserspritzern einsetzen können
ohne sie zu gefährden. Hierfür wäre dann doch eine Unterwasserkamera
geeigneter. Aber tatsächlich werden wir im schlechten Wetter meist zum
Fotografieren wenig Lust haben. Und noch was tröstet: Fotos, die die Dramatik
später wiedergeben, sind von größtem Seltenheitswert. Also lassen wir das,
oder aber, wir schützen unsere Kameras sicher vor überkommendem Wasser! Eine
gute und preiswerte Lösung ist hierfür ein Plastik-Unterwasser-"Gehäuse",
wie zum Beispiel von EVAMARINE. Aber bitte kein zu
großer Optimismus: Die Kamera muss zusammen mit Silikagel ins unhandliche
Plastik gepackt werden und wenn der Film durchgeknipst ist, ist auch meist mit
dem Fotografieren Schluss, denn zum Filmwechseln müsste das Gehäuse zunächst
mit Süßwasser abgespült und vor allem dann hundertprozentig getrocknet
werden. Nur so könnte die Kamera gefahrlos entnommen werden - bei miesem Wetter ein höchst umständliches Geduldsspiel!
Andererseits
ist so ein Unterwasser-"Gehäuse" - wasserdicht bis 10 Meter - ideal,
wenn gelegentlich beim Schnorcheln über tropischen Riffen
der Wunsch nach Fotoschüssen übermächtig ist. Hierzu nehme man
unbedingt nur ein Weitwinkelobjektiv (wegen der Lichtbrechung
im Wasser) und erwarte wegen fehlendem Blitzlicht
keine professionellen Resultate.
Das
Filmmaterial
Bitte,
nur und unbedingt Diafilme benutzen!!! Es gibt
keinen Grund, Negativ-Filme einzusetzen. Die Zeiten
für Ausschnittsvergrößerungen sind längst vorbei, bei unseren
leistungsfähigen Zoomobjektiven auch nicht mehr nötig. Jedes Großstadtlabor
kann heute vom Dia hochklassige Vergrößerungen fertigen, ohne dass dies
entscheidend mehr kostet. Umgekehrt ist es nur mit erheblichen Kosten und unter
sichtbarem Qualitätsverlust möglich, von einem Negativ ein Diapositiv
erstellen zu lassen, falls man dies doch benötigt. Andererseits können auch in
kleineren Städten Diafilme immer entwickelt oder
zumindest hierzu verschickt werden, aus denen man sich dann die besten Schüsse
zum späteren Vergrößern leicht aussuchen kann, denn der Laie kann sehr wohl Dias, nicht
aber Negativfilm beurteilen. Denkt man gar daran, seine Fotos
kommerziell zu nutzen, freut sich der Redakteur erheblich mehr über Dias
als über Negative, auf denen nicht einmal er was Gescheites erkennen kann. In
abgelegenen Gegenden ist es auch häufig so, dass man zwar Filme entwickeln
lassen kann, dass aber Bilder erst viel später - in Großlabors - gefertigt
werden können. Da ist es gut, wenn man die Ergebnisse seiner Arbeit schon
unterwegs beurteilen kann - mit Diapositiven ein Kinderspiel!
In
hellen Gegenden (Tropen) kann man getrost den lichtschwachen, aber erheblich
schärferen 64er Film einsetzen, während ansonsten
der 100er verwendet wird und der 200er heute immer noch ein guter Kompromiss
zwischen Schärfe und Lichtstärke ist.
Ein
dringender Rat: Man spare nicht mit Filmmaterial. 10 Dia-Filme, Entwicklung
eingeschlossen, kosten nicht mal 100.- DM und man hat 360
Bilder zu verschießen. Ja, "verschießen", denn es gibt keinen
Fotografen der Welt, der von einem Motiv ein Foto macht und damit ein
Meisterfoto im Kasten hat. Man schieße von guten Motiven ganze
Serien mit wechselnder Belichtung, denn nur
dann hat der Fotograf, vor allem der Laie, ein wenig Gewähr auf ein gutes
Ergebnis. Später wird man nur von dem einen gelungenen Dia aus dieser Serie
eine Vergrößerung machen lassen.
Wie
jeder weiß, haben alle Filme ein Verfallsdatum,
das wegen der Gefahr der Farbverfälschung
möglichst nicht, schon gar nicht in heißen Gegenden, überschritten werden
soll. Es ist also nicht ratsam, zu Beginn einer mehrjährigen Weltumsegelung das
gesamte Fotomaterial einzukaufen. Ansonsten ist die Lagerung
der Filme an Bord unkritisch, solange die Filmdose fabrikfrisch
verschlossen bleibt. Wenn der Film aber einmal belichtet ist, sollte er so
schnell wie möglich zum Entwickeln. Bis dahin muss er absolut trocken
aufbewahrt werden, am besten, wie oben geschildert, in einem luftdichten
Behälter zusammen mit Silikagel (auf Farbe von Zeit zu Zeit
kontrollieren!). Nach der Entwicklung kann unter trockenen Bedingungen der Film
praktisch unbegrenzt an Bord gelagert werden.
Und
was ist mit den modernen Digitalkameras?
Noch
viel zu teuer im Vergleich mit einem "chemischen" Fotoapparat!
Verführerisch ist der Gedanke schon, nicht monatelang auf die Ergebnisse warten
zu müssen, dem Risiko des Postversandes aus dem Wege gehen zu können oder
keine Probleme mit der Filmbevorratung oder deren Lagerung zu haben. Aber: Wenn
an Bord keine sichere Möglichkeit besteht, die elektronischen Bilder auf einem Notebook
mit CD-Brenner als Dateien sicher und dauerhaft speichern zu können,
dann wird man sehr schnell einsehen müssen, dass man mit ein paar
10er-Packungen Filme einen viel größeren und vor allem ausreichenden Vorrat an
Material an Bord hat. Digitalkameras, auch für Amateure, sind Speicherfresser,
wenn man die Bilder in ansprechender Qualität
speichern möchte. Und in der Sparqualität sind
sie nicht viel besser als Bilder von Pocketkameras, allerdings mit dem Vorteil
der sofortigen Beurteilungsmöglichkeit. So bleibt als Fazit bei der Frage nach
Digitalkameras bei Blauwasserreisen: Bestens geeignet bei gutgefüllter
Bordkasse mit niedrigen Qualitätsansprüchen! Noch!
Nach
Erscheinen dieser Seite schrieb Wolfgang Ehrenberg (wolfgang.ehrenberg@infracor.de
) folgende E-Mail,
die mir wichtig und konstruktiv erscheint - Danke:
Lieber Bobby Schenk!
Seit Jahren lese ich Ihre Bücher mit Begeisterung und nutze Ihren Erfahrungsschatz für meine bisher noch bescheidene Urlaubssegelei auf der Ostsee.
Gerade habe ich Ihren Beitrag zur Frage des Fotografierens auf See gelesen und möchte Sie auf das Gefahrenpotential des unbestritten wirkungsvollen
Silicagel/Blaugel hinweisen.
Das auch als Blaugel bezeichnete Trocknungmittel enthält als Feuchtigkeitsindikator Kobalt(II)-Chlorid (wasserfreier Zustand blau, wasserhaltiger
Zustand rosa), welches seid einigen Jahren unter dem begründeten Verdacht steht, karzinogen zu sein.
Es wurde daher von der EU als "krebserregend, Klasse 2" eingestuft.
Die Staaten der EU wurden verpflichtet, bis Juni 2000 diese Verordnung in nationales Recht umzusetzen.
Insbesondere die Regeneration in der "Bratpfanne" erscheint mir daher als gesundheitliches Risiko, welches recht einfach umgangen werden kann.
Als ebensoguten Ersatz bieten sich KC-Trockenperlen Orange der Fa. Engelhard an (wasserfreier Zustand orange, wasserhaltiger Zustand ab 6% Sättigung
farblos, regenerierfähig von 130-160° C), welche auch biologisch abbaubar sind.
Ebenso als Trocknungsmittel geeignet sind Zeolithe, welche in der Eismaschine Ihres Freundes Nicolai ihren Dienst versehen!
Wolfgang Ehrenberg
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