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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von Robert Jenni jenni@tribut.ch
Hallo Robert,
das ist keine leichte Frage, weil zu
diesem Thema alles im Wandel ist. Also vorab etwas Tröstliches:
Ich bin noch nie nach einem Schein gefragt worden. Allerdings
habe ich immer irgendein Papier den Offiziellen bei der
Immigration hingelegt. Obgleich ich die Scheine gehabt habe,
hätte es fast immer gereicht, irgendein Fantasie-Papier
hinzulegen.
Aber: Es ist zu befürchten, daß
insbesondere in Ländern, die viel Yachtverkehr haben (zum
Beispiel Kroatien), sich bestimmte Spielregeln rausschälen und
durchsetzen werden.
Man muß dann streng nach der
Nationalität des Schiffes, des Skippers und des angelaufenen
Landes unterscheiden.
- Die schlimmste denkbare(!)
gesetzliche Regelung des angelaufenen Staates muß wohl nicht
erwartet werden: Der Schein des Gastlandes ist
vorzulegen.
- Mit der Nivellierung in Europa
werden die europäischen Länder übereinstimmend
überall folgende Regelungen treffen: Der Skipper muß
den Schein haben, den das Land seiner Yacht vorschreibt
oder anerkennt. Damit sind in erster Linie staatliche
Scheine gemeint, also nicht etwa Scheine von irgendeinem
Verband wie dem Deutschen Segelverband. Allerdings
kann(!) der Staat den Schein eines Verbandes anerkennen,
wie das in Österreich der Fall ist.
Theoretisch(!) bedeutet dies, daß
beispielsweise englische Skipper auf einer englischen Yacht
keinen Schein benötigen, weil für die Sportschiffahrt auf hoher
See dort noch kein Schein vorgeschrieben ist. Daß diese
Argumentation, zumindest in Europa, nicht mehr lange zieht, liegt
auf der Hand. Wir bewegen uns (leider!) auf einen europäischen
Schein nach französischem Vorbild (je nach Fahrtgebiet) zu.
Wenn also das Land der Yacht und das
Land des Skippers noch keinen Schein vorschreibt, dann würde ich
in diesem Fall den Erwerb eines anderen "seriösen",
also staatlichen Scheines empfehlen. Am besten ist natürlich ein Schein aus einem Land mit großem Yachtbestand. Aber: Wer beispielsweise nur in
Kroatien segeln möchte, ist sicher mit einem kroatischen
Küstenpatent gut bedient. Gewiß aber kann der deutsche Skipper
damit in Italien nichts mehr anfangen, wohl aber der Kroate.
Wirklich Vorsicht ist heute angeraten
mit irgendwelchen Phantasiescheinen aus Malta oder aus dubiosen
Quellen, auch wenn das Papier noch so amtlich aussieht.
Bei all diesen Fragen darf nicht
vergessen werden, daß letztlich die Frage der Geltung vom
Hafenkapitän oder von der örtlichen Polizei getroffen wird.
Daß bei dem ein staatlicher französischer Schein oder das
deutsche Sporthochseeschifferpatent in der Hand eines Engländers
bessere Chancen hat als ein Kapitänspatent aus Nauru, liegt auf
der Hand.
Warnung: Daß Vercharterer gewisse
Scheine "anerkennen", hat überhaupt keine Bedeutung.
Solches dient nur der Absicherung den Versicherungen gegenüber.
Denn im Falle eines Unfalls wird man dem Vercharterer
Fahrlässigkeit vorwerfen, wenn er die Yacht ohne Vorlage eines
Befähigungsausweises herausgegeben hat. Wenn also die
Versicherung dem Vercharterer die Auskunft gibt, daß ihr der
K-Schein des DSV als Befähigungsausweis ausreicht, dann bekommt
der Skipper die Yacht ohne Risiko für den Vercharterer. Ob aber
der Hafenkapitän sich mit dem (privaten) BK-Schein abspeisen
läßt, ist eine ganz andere Frage.
Also mein Rat:
Der höchste staatliche (Yacht-)Schein
sollte fürs weltweite Hochseesegeln erworben werden , wenn
Skipper und Yacht gleicher Nationalität sind.
Wenn Yacht und Skipper unterschiedlicher
Nationalität sind, sind am besten die Scheine beider Staaten.
Mindestens aber einer der beiden Scheine sollte an Bord sein.
Wenn der Staat von Skipper und/oder
Yacht keinen Schein vorschreibt, dann sollte der Skipper einen
staatlichen Schein eines anderen Staates haben, also einen
französischen, österreichischen oder deutschen Schein.
Zum Schluß: Die Scheinfrage wird wohl
in Europa zum großen Thema, während man in den einsameren
Gegenden noch eine Zeitlang mit kleineren Lösungen zurecht
kommt. Aber wie gesagt: Man hängt von der Laune der örtlichen
Offiziellen ab.
Leider ist es heute so weit gekommen,
weil uns insbesondere Verbandsfunktionäre in Deutschland
jahrzehntelang scheinheilig vor der Gefahr eines staatlichen
Scheines gewarnt haben, um ihr eigenes
"Gebühren"-Süppchen zu kochen.
Trotzdem: Smooth Sailing
Bobby Schenk
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