YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



 Frage von Rainer Koehne rainer.koehne@dlr.de

Sehr geehrter Herr Koehne,

das von Ihnen geschilderte Rigg ist, wie so viele "bahnbrechende" Neuerungen im Segelsport, praktisch wieder verschwunden. Die Gründe sind vielfältig. Der Hauptgrund ist aber darin zu sehen, daß Riggfragen ausgereizt sind. Immerhin überlegen sich praktisch alle Fahrtensegler ständig, wie sie ihr Rigg verbessern können. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Und niemand fällt etwas ein, was nicht schon früher ausprobiert - und wieder ad acta - gelegt worden wäre. Hinter vielen "Erfindungen" stecken die Segelmacher, die natürlich jedem Fahrtensegler gerne ein zusätzliches Segel verkaufen wollen. So ist in den 80er Jahren der Bollejan, der Blister und wie sie alle heißen, (neu) "erfunden" worden. Und viele ältere Segler haben sich erinnert: "Moment mal, das hatten wir doch schon mal, nämlich den Reacher, den Raumballon - jedenfalls ungefähr.

Der Grund für die vielen Erfindungen ist darin zu suchen, daß das Rigg für jeden Kurs die Besegelung vorgibt, und, daß jeder Kurs genaugenommen eine andere Beseglung erfordern würde, um die meiste Geschwindigkeit herauszuholen. Was hat man nicht alles "erfunden", um auf dem Vorwindkurs alles aus seinem Schiff herauszuholen: Die Rahsegel, die Breitfock, den Spinnaker, die Passatsegel und so fort. Nichts ist ideal, manches extrem unpraktisch für die heutige (kleine) Mannschaft. Aber, zugegeben, die Rollfock hat da neue Perspektiven eröffnet und dazu gehören die von Ihnen erwähnten Besegelungen.

Ich habe auf einer Atlantiküberquerung Erfahrungen mit einer doppelten Roll-Genua, also zwei Genuas auf einer Spiere, sammeln können und fand diese Lösung für Kurse platt vor dem Laken im Passat sehr gut geeignet, weil der mühselige Wechsel von Passatsegel auf die Genua entfiel. Was für eine Atlantiküberquerung ausreicht, tut es leicht für den Ostsee-Segler und für uns im Mittelmeer. Wie die Segel aber strapaziert werden auf einer Weltumsegelung, ist eine ganz andere Frage. Schließlich sind es über den Atlantik nur 3000 Seemeilen (mehr, wie "unsere" Segler in 10 Jahren zusammenbringen), während eine Weltumsegelung 30000 Seemeilen dauert.

Noch was: Wenn wir ältere Ausgaben der YACHT anschauen, dann werden wir feststellen, daß die damaligen "Erfindungen" ausnahmslos nicht überlebt haben. Deshalb Vorsicht: Häufig stehen Segelmacher und Autoren hinter solchen wenig ausgegorenen Ideen. Für eine "neue" Erfindung würde ich mich nur dann ernsthaft interessieren, wenn sie auch im Ausland, zumindest in England, USA und Frankreich propagiert würde. Im Fahrtensegeln ist nämlich Deutschland bei Weitem nicht der Nabel der Welt.

Bobby Schenk

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