YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



Frage von Jens Schliessmeyer

Hallo Herr Schliessmeyer,

diese Frage zu beantworten ist nicht so schwer, weil Sie durch Ihre Schreiben schon gezeigt haben, daß Sie auf dem richtigen Weg sind:

Also, zunächst einmal, da bin ich ganz sicher, geht nichts über ein gründliche Ausbildung. Wenn Sie die genossen haben, dann haben Sie die richtigen Voraussetzungen geschaffen, um praktische Erfahrungen sammeln zu können.

Ich mach ja kein Geheimnis daraus, daß ich eine Menge Vorbehalte gegen Segelscheine habe, aber nicht gegen die Ausbildung hierzu. Deshalb sollten Sie nicht danach trachten, möglichst bequem zu einem Schein zu kommen (Sportbootführerschein), nur um dem Gesetze Genüge zu tun. Weit besser ist es, gleich die höchsten Weihen anzustreben, und zielgerichtet die Stufenleiter in der Ausbildung hinaufzusteigen, also am besten zum Sporthochseeschiffer.

Ohne eine Wertung abzugeben, glaube ich, daß man in Deutschland die beste Ausbildung beim Deutscher Hansa Hochseesportverband (DHH) bekommt, also beispielsweise auf der Yachtschule in Glücksburg. Die Ausbildung dort unter dem berühmten Atze Lehmann ist jedenfalls so, daß man die Maßstäbe für gute Seemannschaft bestens kennenlernt. Später, wenn man das alles beherrscht, kann man die Sache immer noch vereinfachen, hat man auch den nötigen Sachverstand erworben, zu entscheiden, was man anders, vielleicht nicht so exakt, machen darf.

Wenn man gar nicht weiß, wie es richtig geht, kann man hierzu sicher kein Urteil abgeben. Am Rande erwähnt: Es ist ja auch Spaß, ein Handwerk, und nichts anderes ist "Seemannschaft", zu beherrschen.

Nebenher, sollte man die Möglichkeit suchen, möglichst viele praktische Erfahrungen zu sammeln. Zu diesem Zweck kann man schon mal auf einem Chartertörn mitsegeln. Es muß ja nicht gleich eine Atlantiküberquerung sein. Denn die bringt außer Seemeilen, meist in der Koje, nicht viel. Seemannschaft wird ja vor allem bei der Hafenansteuerung, Anlegen oder auf dem Ankerplatz gebraucht.

So würde ich beispielsweise ein Skippertraining, bei dem man die Schiffsbeherrschung unter ungünstigen Bedingungen lernt, für wichtiger ansehen. Vielgerühmte Kurse führt jährlich Ecker-International in Kroatien durch. Da werden tagelang unter der Aufsicht erfahrener Skipper (auch Weltumsegler) An- und Ablegemanöver gefahren. Die beste Schule fürs Fahrtenseglerleben! Denn sind wir mal ehrlich: Die offene See fürchten wir weniger als das An- und Ablegen vorher und nachher im Hafen!

An zusätzlichen Vorkenntnissen empfehle ich eine intensive Beschäftigung mit der Schiffstechnik, vor allem mit der Elektrizität. Denn tatsächlich ist man als Blauwassersegler nicht nur Kapitän, sondern - leider - ganz banal auch Hausmeister auf der eigenen Yacht. Deshalb rate ich gelegentlich, sich mit dem Amateurfunk zu beschäftigen, weil man da automatisch eine Ausbildung in Fragen der Elekterizität und Elektronik bekommt.

Wenn einer "zwei linke Hände" hat, dann sollte er seinen Lebenstraum nicht unbedingt auf einer Yacht verwirklichen wollen. Er wird sich die Hände dabei brechen.

Auf das Erlernen einer Fremdsprache lege ich nicht soviel Wert, es sei denn, man hat Spaß dabei. Ein wenig Englisch aber sollte in jedem Fall sein! Das ist die internationale Sprache auf Schiffen und Ankerplätzen.

Haben Sie noch Zweifel, ob das Leben auf dem Schiff für Sie, vor allem auch für Ihre Familie das richtige ist, dann machen Sie doch noch einen Zusatztest: Heuern Sie auf einer Yacht, die sich gerade auf Weltumsegelung befindet, mal an, um das Weltumseglerleben aus nächster Nähe kennenzulernen. Es sollte kein Törn über viele Seemeilen sein, sondern was Gemächliches mit vielen Ankerplätzen dazwischen. Denn nur dort kann man ins Yachtie-Leben abtauchen, Erfahrungen anderer Cruising People sammeln. Leider liegen solche Ziele nicht gerade nahe. Es wäre zum Beispiel dumm, dies auf den Kanaren vor der Atlantic Rally for Cruisers (ARC) machen zu wollen, denn die meisten stehen ja dort selbst vor ihren ersten Erfahrungen. Da gibt es wenig zu lernen. Nicht viel besser ist es in Westindien. Da meinen zwar die meisten, sie seien Weltmeister im Blauwassersegeln, tatsächlich haben sie gerade erst einmal dreitausend Meilen im friedlichen Passat hinter sich. Besser wären da Plätze wie Tahiti, Kapstadt oder - fast vor der Haustüre - die Azoren.

Dort irgendwo mitzusegeln dürfte nicht so schwer sein, denn die meisten Yachties sind keine reichen Leute und freuen sich sicher über eine Verbesserung in der Bordkasse.

Zum Schluß: Blauwassersegeln ist nicht Segeln, sondern Leben auf einer Yacht!

Alles Gute für die Zukunft auf dem Wasser!

Bobby Schenk

Impressum und Datenschutzerklärung

zurück zur Frageseite

zur Home-Page

 

Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this Page is: https://www.bobbyschenk.de/frage028.html

Impressum und Datenschutzerklärung