YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



Frage eines Besuchers

Hallo,

ich glaube nicht, daß es irgendeinen Blauwassersegler gibt, der sich solche Fragen noch nicht gestellt hat. Und auch nicht damit geliebäugelt hat, einfach einen Sender aufs Schiff zu stellen und zu funken, ohne sich auch nur im Geringsten um irgendwelche Vorschriften zu kümmern.

Single-Side-Band

Also legal geht es folgendermaßen: Der Inhaber eines See-Funksprechzeugnis baut auf seine Yacht (mit deutscher Flagge) eine zugelassene(!) SSB-Anlage ein, Kosten zehntausend Mark aufwärts. Dann meldet er diese Anlage bei der Regulierungsbehörde (früher Post) an, besorgt sich einen Abrechnungscode und nimmt damit legal am Seefunkdienst teil. Das ist, so versteh ich Ihre Fragen, genau das, was Sie nicht wollen. Mit Grund: Denn diese zugelassenen SSB-Transceiver (CE-Konformität!) sind nicht viel besser als irgendein Amateurfunk-SSB-Transceiver, den es ab 2000.- DM aufwärts gibt und der - technisch gesehen - die gleichen Frequenzen bedienen kann wie die genannte SSB-Anlage.

Technisch(!) gesehen besteht also nicht der geringste Grund, den teuren und oft gebührenpflichtigen Weg zu gehen, es sei denn, man segelt in deutschen Gewässern, wo so eine Anlage schon mal zwangsweise abmontiert wird und sich der Skipper strafbar macht.

In Gewässern, wo sich Blauwassersegler üblicherweise rumtreiben, interessiert dies keinen Menschen, zumal andere Länder (USA) viel tolerantere Vorschriften haben und es nicht einzusehen ist, warum ein Ami auf dem gleichen Ankerplatz auf seinem preiswerten SSB-Transceiver auf SSB-Seefunkfrequenzen "Ship-to-Ship" rumquatscht und ich das nicht tun darf, bloß weil ich eine andere Nationale fahre.

Gleiches gilt für UKW-Geräte (Walky-Talky oder stationäre Geräte). Man würde auf einem Ankerplatz von den anderen Yachties ziemlich blöde angesehen, wenn man nicht reagieren könnte, wenn einer rüberplärrt: "Geh mal auf Kanal 72!". Die früher üblichen Grenzwellensender (2182 KHz) sind auf Yachten ohnehin ausgestorben, obwohl ein leicht modifizierter Amateurfunksender auf diesen Frequenzen, wie überhaupt bis 30 MHz aufwärts (gesamte Kurzwelle) - technisch gesehen - senden kann.

Amateurfunk

Etwas ganz anderes ist es mit dem "Hamradio", wie die Amis den Amateurfunk nennen. Jeder, der eine gültige Lizenz hat, die ihn berechtigt, auf Kurzwelle am Amateurfunk teilzunehmen, kann sich irgendeinen(!) SSB-Transceiver auf seine Yacht stellen und dann irgendwo auf den Amateur-Bändern (!), also nicht nur auf bestimmten Frequenzen wie beim SSB-Seefunk, seine "QSOs" fahren, also mit anderen Funkamateuren kommunizieren. Er braucht bei seinen Gesprächen nur seinem (deutschen) Rufzeichen den Zusatz "/mm" (maritime mobile) hinzufügen, also zum Beispiel DK0XX/mm.

Im Gegensatz zu legalen Seefunkgesprächen sind die QSOs auf Amateurfunkstellen auch gebührenfrei. Man kann also mit einem Amateurfreund, einige tausend Kilometer entfernt, ein paar Stunden lang klönen, ohne, daß der Geldbeutel, wohl aber die Batterie belastet wird.

Als ich auf einer Weltumsegelung, schon 1972, zum ersten Mal dem Amateurfunk auf einer (amerikanischen) Yacht begegnet bin, habe ich sofort eine Amateurfunklizenz erworben und war damit der erste deutsche Funkamateur auf einer Yacht. Auch die erste Veröffentlichung in Deutschland zum "Amateurfunk auf Yachten" - nämlich in einer YACHT 1973 ("auf kurzen Wellen um die Welt") stammt aus meiner Feder. Diese und nachfolgende Veröffentlichungen haben eine Reihe von deutsche Weltumseglern bewogen, die Amateurfunkprüfung abzulegen und als Funkamateure zu segeln. Sie haben die Mühen, die mit der notwendigen und nicht gerade leichten Amateurprüfung verbunden ist, nicht bereut. Fragen Sie mal danach!

Und jetzt kommt das Aber: Auch Funkamateuren ist es verboten, kommerziell zu kommunizieren, ja sie dürfen nicht einmal Ersatzteile über Amateurfunk bestellen. Ebensowenig Nachrichten an Dritte (Nichtamateure) weitergeben. Leider halten sich viele Amateure auf Yachten nicht daran. Das allein wäre noch nicht einmal das Schlimmste. Das Hauptproblem beim Amateurfunk auf Yachten ist, daß viele Segler von den technischen überragenden Möglichkeiten geradezu fasziniert sind, und am Amateurfunk teilnehmen, obwohl sie keine Amateure sind, also keine Lizenz haben. Daß vor allem diese Typen sich um die oben geschilderten Einschränkungen überhaupt nicht kümmern, ist leider nur folgerichtig.

Und damit sind wir bei den sogenannten "Piraten". Das sind doch welche, die zu faul oder zu dumm sind, um sich der Amateurfunkprüfung zu unterziehen und die notwendige Prüfung abzulegen. Vor allem aber mißbrauchen sie die lizensierten Funkamateure. Denn was eigentlich wichtiger ist als die technischen Möglichkeiten, die der Amateurfunk mit sich bringt, ist der sogenannte Ham-Spirit, also der Geist des Amateurfunkwesens. Alle Funkamateure auf der Welt haben sich einen gewissen Ehrenkodex auferlegt, an dessen erster Stelle (unter anderem) die Hilfsbereitschaft (nicht nur im Notfall!) steht. Gerade dieser Hamspirit macht es zum Erlebnis, zur Gemeinschaft der Funkamateure zu gehören. Meine Weltumsegelung hat, nachdem ich Funkamateur geworden bin, einen ganz anderen Verlauf genommen als ursprünglich gedacht. Ab da hat praktisch in jedem Hafen, auf jeder Insel, schon jemand gewartet, den ich gut (vom Funk her) kannte. Freundschaften fürs Leben haben sich daraus entwickelt. Die unvergeßlichsten Erlebnisse auf der ganzen Weltumsegelung hatte ich Funkamateuren zu verdanken. Und vor allem: Auch auf den längsten Teilstrecken (einmal 56 Tage) waren wir nie allein. Jeden Tag trafen wir uns beim Teetrinken mit Freunden aus der ganzen Welt. Einmal hatte ich von Neuguinea Olaf nur so nebenbei von meinen Ruderproblemen erzählt, worauf Olaf von seinem Büro in Kanada eine "Bereitschaftswache" rund um die Uhr mit australischen Funkamateuren organisierte, die auf einen eventuellen Notfall der THALASSA warteten, um zu helfen.

Und genau solche Menschen betrügen Sie, wenn Sie auf der QRG (Frequenz) auftauchen mit einem erfundenen Rufzeichen. Wenn sich aus solchen Treffen Freundschaften entwickeln, wie wollen Sie dem dann einmal erzählen, daß Sie ihn von Anfang an belogen haben?

Nein, wenn es sich irgendwie machen läßt, sollte man die Amateurprüfung ablegen. Das hat übrigens den tollen Nebeneffekt, daß man unheimlich viel lernt über Elektrik und Elektronik, was einem wiederum beim wichtigsten Thema an Bord, der Elektrizität, zugute kommt. Die unbedingt notwendigen Kurse zur Erlangung einer Lizenz veranstalten die Ortsvereine in Ihrer Nähe. Die Telefonnummern lassen sich über den DARC (Deutscher Amateur Radio Club), 0561 880, erfahren. Dort lernt man dann auch morsen, was wiederum an Bord sehr nützlich sein kann. Im Internet finden Sie jede Menge Informationen zum gesamten Fragenkomplex, wenn Sie mit der Suchmaschine nach "Amateurfunk" fahnden.

Warum heute noch morsen? Dies ist auch ein unter Amateuren heißdiskutiertes Thema. Denn in der Praxis spielt dies (übrigens die erste digitale "Datenverarbeitung") nun wirklich keine Rolle mehr.

Ich betrachte das Morsen als eine Art Eintrittskarte in die Welt des Amateurfunks, und zwar eine Karte, die sich nicht einfach mit hundert Mark bezahlen läßt. Es ist eine Hürde gegenüber jenen, die eigentlich mit Amateurfunk nichts am Hut haben, die nur die von den Funkamateuren auf der ganzen Welt in fünfzig Jahren geschaffenen Vorteile - sozusagen zum Nulltarif - für sich nutzen, abstauben wollen. So gehöre ich auch zu jenen Amateuren, die dafür sind, das Morsen in der Prüfung beizubehalten, obwohl meine letzten CW-Verbindungen (continouus wave) - leider - auch schon lange zurückliegen.

Zum Schluß ein Erlebnis, das ich vor kurzem im Südpazifik hatte: Da traf sich auf einer SSB-Kurzwellen-Frequenz (keine Amateurfrequenz) täglich eine Runde von Yachties, die über ein Gebiet von 1000 Meilen verstreut waren und Wettermeldungen austeilten. Ansonsonsten war das Hauptgesprächsthema fast ausschließlich, bezeichnend, die Vorbereitung auf die Amateurfunkprüfung, die ein Ham für sie in Tahiti organisieren wollte. Warum wohl?

Eine Prüfung außerhalb des Landes geht übrigens bei den Amis, leider nicht bei uns, den Beamtenhochdrei-Deutschen.

Grüße

Bobby Schenk, DK8CL

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