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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Udo Zimmermann
Sehr geehrter Herr Zimmermann,
zunächst einmal sollten Sie sich überhaupt kein Schiff kaufen!
Ich weiß schon, der Besitz eines eigenen Schiffes, einer Yacht, ist Teil des
Spaßes beim "Hinaus-in-die-Welt-Segeln". Aber, wenn Sie, wie Sie
schreiben, Segelanfänger sind, dann können Sie jetzt Ihren größten Fehler
Ihrer ganzen Segelkarriere, die Sie ja noch vor sich haben, machen. Warum?
Die
Gefahr eines Fehlkaufs liegt nahe. Die falsche Frau geheiratet zu haben, lässt
sich meist leichter korrigieren, als ein Schiff wieder loszuwerden.
Wenn Sie mich gefragt hätten, ob Sie sich einen Mercedes oder einen Smart
kaufen sollen, so könnte ich Ihnen leicht eine Antwort geben: "Wenn Sie
sich den Mercedes leisten können, kaufen Sie den!" Wenn Sie allerdings
fragen, ob Sie sich einen Opel XY oder einen Ford SOUNDSO kaufen sollen, dann
ist die Antwort darauf so gut wie unmöglich. Bei Schiffen ist es noch viel
schlimmer. Denn alle Schiffe sind, verglichen mit Autos, Prototypen. Wenn von
einer Yacht 100 Stück gebaut worden sind, dann ist das schon viel, bei Autos
wäre das kaum eine nennenswerte Vorserie. Die geringen Stückzahlen im
Schiffsbau haben selbstverständlich auch technische Konsequenzen. Hinzu kommt,
dass es ungleich schwieriger ist, eine Yacht zu bauen, als ein Straßenfahrzeug.
Schließlich setzt man bei einem Auto nur eine feste zweidimensionale Fahrbahn
voraus, auf der sich die Räder halt spurtreu zu benehmen haben. Versuchen Sie
mal, die verschiedenen See-Formen auch nur zu beschreiben.
All das führt dazu, dass man den heutigen Yachtbau mit der
Automobilentwicklung in der Zeit vor dem Weltkrieg, und zwar des ersten,
vergleichen kann.
Hinzu kommt, dass eine Yacht ja nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern auch
Wohn-und Lebens-Raum ist. So könnten Sie mich auch fragen, welches Haus Sie
sich kaufen sollen. Antwort unmöglich!
Ich kenne fast alle Yachten, die Sie
mir genannt haben. Es ist keine dabei, die schlecht ist. Als Segelanfänger
können Sie aber naturgemäß nicht einmal die Yacht nennen, die persönlich zu
Ihnen passt, die auf Ihre Bedürfnisse besonders zugeschnitten ist. Aber
trösten Sie sich, ich bekomme solche Fragen im Dutzend auch von Leuten, die
reichlich fortgeschritten sind. Nebenbei - nicht zu selten - sind auch
Frager dabei, die sich längst für eine Yacht entschieden haben und das nur
noch von Schenk abgesegnet haben wollen. Das liebe ich nicht besonders.
Auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: Keine Yacht macht einen guten
Seemann. Umgekehrt , der gute Segler macht aus einem Schiff die richtige Yacht,
für ihn. Ich habe viele Blauwassersegler getroffen, die tolle Reisen mit
Yachten durchgeführt haben, bei denen Sie (und ich) heute nur die Nase rümpfen
würden. Häufig waren die zu Beginn finanziell gar nicht in der Lage zwischen
mehreren Schiffen zu wählen. Sondern sie haben halt eine gefunden, die ganz
besonders günstig, weil lange unverkäuflich, war. Unter den Händen von solch
bewundernswerten Seglern wurden aus halben Schrotthaufen berühmte
Weltumsegleryachten. Wiederum anders lag es beim Grandseigneur aller
Fahrtensegler. Die Holz-Yacht von Eric Hiscock, WANDERER III (zwei
Weltumsegelungen) war gerade neun Meter lang , aber Hiscock schien sie, zu
Beginn, eine riesige Yacht, fast zu groß für die "schwache"
Besatzung von nur zwei Leuten. Es ist ganz bezeichnend, dass sie heute noch,
vierzig Jahre später, immer noch unterwegs ist, wieder in den Händen eines
hervorragenden (deutschen) Seemannes.
Will heissen: Segeln Sie soviel wie möglich auf so vielen Schiffen wie
möglich! Chartern Sie als "Einzelbucher", sammeln Sie Erfahrung mit
"Hand gegen Koje", machen Sie alle (vernünftigen) Scheine! Nicht weil
man sie braucht, sondern weil man unter Prüfungsdruck besser lernt.
Nach einer gewissen Zeit werden Sie viel besser selbst entscheiden können,
welche Yacht zu Ihnen passt. Wenn ich mir in meinen ersten Tagen auf
Blauwasseryachten ein Schiff gekauft hätte, wäre ich vielleicht
todunglücklich geworden. Es ist mir heute noch peinlich, wenn ich mich
zurückerinnere, für welche Yachten ich schon geschwärmt habe.
Ganz egal, was Sie für eine Yacht mal haben werden, ich wünsche Ihnen
"Smooth Sailing"
Bobby Schenk
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