YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



Frage von Henning Blunck

Sehr geehrter Herr Blunck!

Sie haben darüber bisher wenig gelesen, weil Ihre Frage zwar interessant, doch kein wirkliches Thema beim Blauwassersegeln ist. Was nicht heißt, dass es nicht eines Tages eines werden kann.

Selbstverständlich hat kaum ein Langfahrtsegler Fäkalientanks an Bord. Es passt zu unserem gläubigen Fortschrittsdenken, dass wir annehmen, nur in unseren hochzivilisierten Städten wäre die Lebensqualität sehr hoch und dort, wo es etwas primitiver, sagen wir besser: "einfacher", zugeht, hätten es den Menschen ganz schlecht. Das Gegenteil ist - meistens - der Fall, jedenfalls in Gegenden, wo sich die Langfahrtsegler herumtreiben.

Betrachten wir doch mal so einen Ankerplatz, wo sich zehn bis 20 Yachten aufhalten. Die Wassertiefe wird um die sechs Meter sein, abfallend. Und der Abstand von Yacht zu Yacht dürfte so 50 Meter betragen. Pro Yacht rechnen Sie mit durchschnittlich zwei Leutchen, dann sind auch Schiffe mit Crew einerseits und andererseits die Einhandsegler mit einbezogen. Dass es am Meer überhaupt keine Strömung gibt, wäre ganz ungewöhnlich. Es stehen also Millionen Tonnen Seewasser zur Verdünnung von ein paar Kilo Fäkalien zur Verfügung. Die biologische Reinigungskraft des Meeres ist sensationell, wäre für alle natürlichen Bedürfnisse ausreichend, wenn da nicht der egoistische Autofahrer in Deutschland, in den USA wäre, für den rücksichtslos die Millionen Erdöltonnen durch sensible Naturgebiete transportiert werden müssen.

Sie meinen, der Gedanke, dass so alles direkt unter das Schiff gepumpt wird, sei trotzdem unappetitlich?

Jetzt betrachten Sie mal eine "moderne" Marina mit 2000 Yachten. Wenn Sie nun glauben, dass die wenigen Toiletten den gesamten Unrat von den Seglern zugeführt bekommen, dann brauchen Sie doch bloß mal Ihren Taschenrechner einschalten und die Zahl der Segler im Hochsommer durch die Toilettenanzahl zu teilen. Die Rechnung wird kaum aufgehen.

Ja, und dann denken Sie mal an eine deutsche Stadt! Glauben Sie denn, alle Exkremente der paar hunderttausend Menschen würden sich in Luft auflösen? Es ist noch gar nicht solange her, da wurden die Abwässer, also auch die Fäkalien, ungeklärt in die Flüsse geleitet. Von der "Kloake Rhein" spricht man, wenn man nicht gerade an deutsches Liedgut denkt. Und fast bis in die heutige Zeit wurden die Abwässer beispielsweise in den so romantischen Chiemsee mit seinem Königsschloss geleitet. Sind die Leute daran gestorben? Ganz im Gegenteil, dort jammern die Berufsfischer, weil der Fischreichtum zurückgegangen ist. Der See sei zu sauber geworden!

Wenn Sie jetzt noch immer mit Grausen an den malerischen Ankerplatz irgendwo im Stillen Ozean denken, dann stellen Sie sich mal die Millionen Menschen im flächenmäßig doch sehr kleinen Stadtstaat Berlin vor. Weil wir es nicht hinter der modernen Großstadtfassade sehen, heißt das doch nicht, dass das Problem nicht da ist. Ach nein, da könnte einem wirklich schlecht werden.

Warum ich wieder wegsegeln werde? Wegen solcher Gedanken! Weil ich mich aus Gründen der Hygiene auf den, meinetwegen auch vollen, Ankerplätzen wohler fühle als in einer deutschen Großstadt.

Was nicht heißt, dass man das nicht noch besser haben könnte. Der Grund, warum ich beispielsweise für die Türkei als Segelrevier schwärme, sind nicht nur Menschen und Landschaft, sondern auch, weil der Gesetzgeber dort Fäkalientanks vorschreibt und Verstöße mit äußerster Härte verfolgt. Es ist ein schönes Erlebnis, morgens in einer schönen Bucht auf seiner Yacht aufzustehen und als erstes ins smaragdgrüne Wasser springen zu können. Ohne böse Überraschungen zu erleben.

Davon schwärme ich. Aber jeder soll es so machen, wie er es für richtig hält. Ich ertrage lieber den Scheiß des einen Liegeplatznachbarn als den Smog aus hunderttausend Auspuffrohren zum morgendlichen Berufsverkehr.

Mit freundlichen Grüßen

 Bobby Schenk

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