YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



Frage von Michael Krenzel

Lieber Herr Krenzel,

Sie wollen sicher meine Ansicht dazu hören und nicht nur eine vorgefasste Meinung bestätigt haben? Dies ist übrigens eine alte Seglerkrankheit, ich kenne den Grund nicht so richtig. Die meisten Segler haben sich ja nach vielem Brüten ein eigenes Urteil zurechtgeschustert und dann wollen Sie noch von einer vermeintlichen(!) Kapazität ihr Urteil absegnen lassen. So, wie ich meine Segelkameraden einschätze, haben Sie sich vielleicht längst für eine Ketsch entschieden.

Trotzdem: Hier meine persönliche Meinung:

Mehrmaster sind out! Sie wurden zu einer Zeit erfunden, als man noch keine modernen Winschen entwickelt hatte, als somit die Notwendigkeit bestand, die Segelfläche derart zu unterteilen, dass auch eine zahlenmäßig kleine Crew mit der gewaltigen Segelfläche (wie man damals meinte) fertig werden konnte. Schuld an dieser Entwicklung hatte auch der schwere Segelstoff - Baumwolle im Regen !

Interessant ist auch, was man damals unter "kleiner" Crew verstand. Das war nicht das Ehepaar, welches heute ein 60-Fuß-Schiff über die Weltmeere skippert, sondern man meinte damit sechs kernige junge Männer, die man für notwendig hielt, mit 12 Meter langen Schiffen fertig zu werden. Das war auch die Zeit, als manche Werft zehn(!) Meter lange Yachten wahlweise als Ketsch, Yawl oder notfalls auch als Sloop anbot. Wir sind vor 30 Jahren mit so einer Yacht um die Welt gesegelt, mit einer Sloop, und nicht einmal kam mir in den Sinn, ich hätte meine THALASSA als Ketsch bestellen müssen. Vor der gleichen Wahl standen wir, als wir unsere stählerne THALASSA II mit 15 Metern bestellten. Sie wurde nur als Ketsch angeboten. Ich sagte der Werft, sie möge den hinteren Mast weglassen und den "Hauptmast" einen Meter weit zurückstellen - was die Werft auch widerwillig tat. Obwohl wir zu zweit unter härtesten Bedingungen diese Sloop segelten, darunter vier Wochen lang in den Brüllenden Vierzigern auf Kap Hoorn zu, kam uns nicht einmal in den Sinn, wir würden unter zwei Masten sicherer oder schneller segeln. Allein unser Drifter hatte 120 Quadratmeter - dank unserer Winschen kein Problem für uns beide!

Also, wo liegen die Vorteile von mehreren Masten? Jeder Eigner einer Ketsch wird Ihnen von der Ausgewogenheit seiner Yacht unter Genua und Besan erzählen. Glauben Sie mir, den Besan könnte er sich auch noch sparen. Achten Sie mal auf die Fotos von Weltumsegelyachten, wenn sie zwei Masten tragen: Das Besanegel ist meist sauber aufgetucht, häufig liegt sogar noch die Persenning drauf.

Trotzdem: Sie sind mit einer Ketsch (ich nehme an, es ist weder Yawl noch Schooner) gut bedient, wenn der Preis für so ein altmodisches Schiff stimmt. Denn besondere Nachteile stellen mehrere Masten auch nicht dar, wenn man mal das zusätzliche Topp-Gewicht außer Acht lässt. Das allerdings ist für einige betuchte Segler ein so gewichtiges Argument, dass sie viele zigtausend Mark für einen Carbonmasten ausgeben, nur, um da oben ein paar Kilo sparen zu können.

Noch was: Denken Sie mal darüber nach, warum es weltweit(!) kaum noch eine Werft gibt, die in der "üblichen" Yachtgröße (bis 20 Meter) Mehrmaster baut. Dies sollte um so mehr nachdenklich machen, da in den Köpfen vieler Segler eine richtige Yacht mehr als nur einen Mast hat. Was ja eigentlich ein tolles Werbeargument wäre.

Mast(en)-  und Schotbruch

Bobby Schenk

 

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