YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



Frage von Sören Werner

Sehr geehrter Herr Werner,

gerade Ihr Hinweis zeigt, dass es die absolute Wahrheit beim Fahrtensegeln nicht gibt. Für jedes Problem gibt es mehrere Lösungsmöglichkeiten, was häufig auf einen mehr oder minder geglückten Kompromiss hinausläuft.

Selbstverständlich haben Sie recht, wenn Sie auf die Gefahren hinweisen, die von (jedem) Widerstand an der Reling ausgeht. Nur, in dieser Allgemeinheit, wie Sie es tun, kann man nicht davon abraten, ein Banana-Boot, das ja als ein Beiboot (immer ein Kompromiss!) eine Reihe von hervorragenden Eigenschaften hat, an der Reling zu fahren. Gleiches gilt selbstverständlich auch für ein Surfbrett. Auch dürfte man zum Beispiel den Wetterschutz in Form von einem Windfang an der Reling aus Persenningstoff, den Sie sicher auf Fotos von Blauwasseryachten schon gesehen haben, auch nicht anbringen. Tatsächlich hat auch eben diese "Reling-Persenning" bei Freunden von uns, die mit ihrer 10-Meter-Yacht in der Straße von Mozambique eine Fastkenterung erlebten, die Reling dabei schwer beschädigt. Wohlgemerkt die Reling und nicht den Kunststoff, auf dem die Relingstützen angebracht sind.

Dieses Beispiel zeigt, dass gute Kunstoffboote so gebaut sein können, dass eine Relingstütze sich verbiegen kann, den Kunststoff unter sich dabei aber nicht beschädigt. Ich kann Ihrer Darstellung nicht zustimmen. Eine Yacht, bei der eine Relingstütze ein Loch in das Deck reißen kann, würde ich nicht erwerben, höchstens für Binnengewässer. Dabei sollte man auch an den Fall denken, dass eine Reling mal das tun muß, was ihre Bestimmung ist, nämlich den Fall eines Menschen abzufangen, damit der nicht über Bord geht. Die Belastung durch einen Zweizentnermann, der quer übers Deck in die Reling stürzt, dürfte auch nicht unerheblich sein. Da würd ich mir schon meine Gedanken über die Bauqualität des Schiffes machen, wenn anschließen ein Loch im Deck wäre. 

Aber unabhängig davon: Was ist denn gefährlicher? Ein Beiboot, das in Davits hängt und von jeder (hohen) nachlaufenden See gefüllt werden könnte, oder ein Bananaboot (ein Surfbrett würde den gleichen Wasserwiderstand bieten, ist allerdings schon wieder aus der Mode gekommen)? Und haben wir nicht Zeiten erlebt, wo flache Decks (flushdecks) als besonders seetüchtig galten, weil überkommende Seen auf ihrem Weg übers Deck keinen Widerstand in Form von Deckshäusern etc fanden? Dass bei solchen Yachten aber auch jede Miniwelle den direkten Weg ins Cockpit und damit in die Gesichter der Crew findet, habe die "Designer" bei solchen Entwürfen wohl kaum bedacht. Ich kann mich des Eindrucks manchmal nicht erwehren, dass manche Bootskonstrukteure vom wirklichen Leben auf dem Wasser wenig Ahnung haben, denn dann würden sie nicht Boote entwerfen, als würden die sich ständig wie abtauchende Unterseeboote benehmen.

Bei der Abwägung, ob ich mich für diese Aufbewahrung des Beiboots entscheide, spielt also eine wesentliche Rolle, in welchen Gewässern ich mich rumtreibe, welche Freibordhöhe ich habe, und wieviel Qualität meine Yacht "eingebaut" hat. Schaun Sie sich mal auf dem Foto an, wie hoch das Bananaboot über der Wasserlinie ist! Ich habe noch nie in meinem Leben eine See erlebt, die dorthin gereicht hätte. Und ich hab das Bananaboot zigtausend Meilen, auch in den wirklich stürmischen Breiten an der Reling gefahren. Was natürlich nicht heißt, dass es solche Seen nicht gibt. Hinzu kommt, dass bei wirklich schwerem Wetter kein Mensch mehr gegenangeht... und wenn doch, dann ist es kein wirklich schweres Wetter. Das heißt, eine See, die übers Deck reichen würde, käme vom Heck her und hätte auf ihrem Weg aufs Vorschiff schon längst ihre Wucht verloren.

Also, wenn Sie nicht gerade mit einem 7 Meter-Schiff in den brüllenden Vierzigern rumfighten, dann können Sie im "Normalfall" Ihr Bananaboot oder ihr Surfbrett ruhig an der Reling fahren. Das ist immer noch ein geringerer Wind- und Wasserfang als ein aufgeblasenes Schlauchboot. Und wenn es einmal hoch herkommt, dann können Sie immer noch die Banane aufs Deck flachlegen und als Schutz gegen das Aufschwimmen festzurren. Was erheblich einfacher wäre als ein Schlauchboot zu "entlüften" und hierfür einen Stauraum zu finden. Doch das gehört schon wieder ins Kapitel "Sturmvorbereitung". Dazu wünsche ich Mast- und Schotbruch!

Bobby Schenk

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