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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Bora Berkem
Lieber Bora,
zunächst einmal ein Kompliment für Dein Deutsch. Es freut
mich, dass Du in Deinem Alter offensichtlich schon so segelbegeistert bist, dass
Du nach unserer ersten "großen" Yacht fragst. Wir haben aber auch
klein angefangen. Im Sommer habe ich an einer Optimistenregatta teilgenommen, allerdings ohne großen
Erfolg. Wenn Carla und ich demnächst wieder Richtung Südsee segeln, dann werden
wir vielleicht "andersrum" versuchen, dorthin zu kommen, also nicht über
den Atlantik und dann durch den Panamakanal, sondern durch das Rote Meer. Dann
würden wir auch durch die türkische Gewässer kommen und wir könnten
gegeneinander segeln. Übrigens: Weißt Du eigentlich, dass die türkischen
Gewässer, speziell um Marmaris und den Golf von Fethye herum, mit großem
Abstand die schönsten
Fahrtensegelreviere in Europa sind?
Zurück zur THALASSA, mit der Carla und ich vor 30 Jahren vier
Jahre lang um die Welt gesegelt sind:
Ich hab zwar keine Pläne mehr davon, doch hab ich noch
ein "Phantombild" von THALASSA gefunden.
Sie war nur 10 Meter lang, genau 10,30m. Das ist zwar erheblich
länger als Dein Optimist, aber draußen, auf dem Ozean zwischen den Wellen kann
diese Größe doch recht bescheiden sein. Sie war leicht zu segeln, fast so
einfach wie Dein Optimist, nur, dass sie noch ein Vorsegel hatte. Rollfock gab
es keine. Zum Wechseln der Vorsegel mussten wir immer aufs Vorschiff. Was ziemlich
nass werden konnte, wenn es mal stürmte. Das tat es gelegentlich, obwohl wir
die "friedliche" Route um die Welt gewählt hatten, also meist am
Äquator lang, wo es ja wenig Stürme gibt.
Den stärksten Sturm, ach was, die
größte "Katastrophe" erlebten wir in Fiji, wo der stärkste Hurricane, der je in
der Südsee verzeichnet wurde, über Suva hereinbrach. Es wurden
Windgeschwindigkeiten von 150 Knoten, also über 350 Stundenkilometer gemessen.
Wären
wir auf offener See gewesen, wäre die THALASSA mit Sicherheit gesunken. Wir überlebten diesen Orkan in einem Flußlauf, wohin wir uns
mit der THALASSA geflüchtet hatten. Drei Tage lang saßen wir in unserer
kleinen Kajüte, vielleicht zwei Meter mal 2 Meter fünfzig, was
gleichzeitig auch unser Lebensraum für vier lange Jahre war. Aber, so
gemütlich wie es hier ausschaut, war es nur selten. Denn auf dem offenen Meer
hast Du ja meistens erheblichen Seegang. Die THALASSA war ein
"weiches" Segelschiff, hatte also wenig Ballast, was zur Folge hatte,
dass sie oft 30 Grad Lage oder mehr "schob". Nur einmal war es auch
auf dem offenen Ozean so ruhig, als wir auf der ersten Atlantiküberquerung von
den Kanarischen Inseln nach Barbados in eine Flaute gerieten und acht lange
Tage auf dem Fleck liegenblieben. Damals hatten wir den sportlichen Ehrgeiz, so
wenig wie möglich den Motor zu benutzen. Allzulange hätten wir ja auch nicht
motoren können, denn wir hatten nur 80 Liter Diesel an Bord.
Natürlich
waren wir froh, als wir nach 35 Tagen auf dem Atlantik, am heiligen Abend,
Barbados erreichten. Damals waren noch wenige Yachten unterwegs, in
"unserem" Jahr war es gerade mal ein halbes Dutzend , das den Atlantik
überquerten.
Fast alles war auch schwieriger wie heute,
insbesondere die Navigation. GPS gab es noch nicht, deshalb mussten wir mit den
Gestirnen navigieren. Unsere ganze Navigationsausrüstung bestand aus dem
Kompaß, einem Kurzwellenradio für die Zeitzeichen, einer Armbanduhr und einem
Sextanten. Das war's. Aber Spaß hat es vielleicht mehr gemacht als heute, wo
250 Yachten jährlich im Konvoi den Nordatlantik überqueren und zur Navigation
nur noch ein paar Instrumente ablesen brauchen und vor allem Sender an Bord
haben, mit denen sie innerhalb von Sekunden über die Satelliten Alarm zur
Rettungszentrale schlagen können.
Wir
haben jedenfalls auch so die schönsten Inseln der Welt gefunden. Und
billiger war das Ganze auch noch. Ich glaube nicht, dass wir mehr als 10 Mark am
Tag brauchten - zu zweit. Das ist zwar noch viel mehr als Dein Taschengeld, aber
ich bin mir sicher, dass Deine Träume nicht am Geld scheitern werden. Das
wünsch ich Dir jedenfalls.
Alles Gute für Deine
Zukunft
Bobby
zur
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