YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet



Frage von Klaas Meyer-Gerhards

Moin Herr Klaas,

doch, da gibt es einen Törn, der sich geradezu aufdrängt: Die "große Atlantikschleife"!

Vor allem rate ich Ihnen, sich mal das Buch "Ocean Passages for the World" zu besorgen. Heute ist es zwar schon fast üblich, dass man halt einfach so losfährt, aber für besonders seemännisch halte ich das nicht! Immer noch gilt nämlich als gute Seemannschaft, sich den Wetterbedingungen unterzuordnen, also sturmreiche Gebiete oder Jahreszeiten zu meiden, und sich die vorherrschenden Windrichtungen zu Nutze zu machen.

In dem genannten Buch, das Sie im guten Fach(-Buch)Handel bekommen (so bei bei Eckardt & Messtorf GmbH), sind die Erfahrungen früherer Segelkapitäne niedergelegt. Darin werden gewisse Routen und Jahreszeiten für Segelschiffe empfohlen. Ebenso sollten Sie sich die Pilot Charts für den Nordatlantik anschaffen, wo sie die wahrscheinlichen(!) Windrichtungen, Sturm- und Flautenhäufigkeiten für jeden Monat, sowie die Zugbahnen der Hurrikans, verzeichnet finden.

Auf das Studium dieser Lektüre sollten sie vor allem deshalb nicht verzichten, weil es auch Spaß macht, eine solche Reise sauber vorzubereiten. Obwohl ich das Ergebnis Ihrer "Forschungen" schon kenne.

Denn fast zwangsläufig wird hier eine Atlantikreise "rauskommen", denn eine Weltreise, wo sie in 12 Monaten sinnlos über die Weltmeere hecheln ohne etwas vom Globus außer Wasser gesehen zu haben, wollen Sie sicher nicht machen.

Wenn Sie also diese Lektüre studieren, dann werden Sie feststellen, dass im Winter in Westindien die (fast) hurrikanfreie Zeit ist. Nachdem ein tropischer Orkan einem nicht nur die Laune, sondern das ganze Leben verderben kann, werden Sie also Ihren Törn so planen, dass Sie erst nach der Hurrikanzeit, also so Anfang Dezember in Westindien und in den dortigen Gewässern eintreffen. Der Abfahrtstermin auf den Kanaren wird also im November sein, was auch den Effekt hat, dass Sie zur Zeit der Winterstürme auf den Kanaren längst verschwunden sind. Und, dass Sie bei der unumgänglichen Biskayaüberquerung nicht in die gefährlichen Herbststürme geraten. Denn, was die Einhand-Rekordsegler im Winter in diesem sturmreichen und gefährlichen Seegebiet demonstrieren, hat soviel mit Seemannschaft zu tun, wie Formel-1-Rennen mit Autoverkehr.

Nachdem zu dieser Zeit, welch ein Zufall, gerade das ARC (Atlantic Rally for Cruisers) stattfindet, werden Sie sich fragen, ob Sie dort mitmachen wollen. Das sollten Sie dann tun, wenn Sie ein Herdenmensch sind und sich gerne verplanen lassen. Und, wenn Sie meinen, dass der weite Ozean für Sie weniger gefährlich ist, wenn Sie im Umkreis von 100 Meilen ein paar Yachten haben. Und wenn Sie bei Ihrer Ankunft in einem engen Hafen mit hunderten von anderen Atlantiküberquerern zusammen sein wollen.

Wenn Sie gerne Ihre Erlebnisse selber planen, lassen Sie das und segeln meinetwegen zur gleichen Zeit, aber für sich alleine nach Westindien. Das "Gipfelfest" auf der anderen Seite des Ozeans ist sicher befriedigender.

Ein paar Monate haben Sie dann Zeit durch die Antillen zu wandern. Im April oder so ist es dann für Sie Zeit, aus Westindien zu verschwinden. Sie haben recht, wegen der Hurrikanzeit!

Anschließend segeln Sie gemütlich nach Norden und dann über die Azoren nach Hause. Nicht zu früh, denn dann haben Sie es wiederum noch(!) mit schlechtem Wetter in Europa zu tun.

Sie sehen, fast zwangsläufig ergibt sich schon aus Wettergründen für Ihre Planung die "große Atlantikschleife" - mit genügend Zeit, am Ankerplatz zu faulenzen und zu schnorcheln (Westindien), sich fremde Länder anzuschauen (Azoren!) und einen sauberen Hochseetörn durchzuführen.

Diese Reise ist übrigens schon sehr oft durchgeführt worden, und zwar gerade von Leuten wie Sie, wo großzügige Eltern Ihrem Sohn/Tochter eine Yacht für ein Jahr geliehen haben. Fragen Sie mal im Kieler Yachtclub nach, dort hat man sogar eine solche Reise Mitte der 80er Jahre mit dem Schlimbachpreis (Skippername: Göllner) ausgezeichnet.

Gute Fahrt!

Bobby Schenk

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