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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Erwin Hladik
Sehr geehrter Herr Hladik, das geht überhaupt nicht!
Bevor wir uns über diese Frage unterhalten, müssen wir uns
wohl fragen, was "navigieren" heißt.
Kann ein Ort auf einige hundert Meilen genau bestimmt werden, dann handelt es
sich auch um eine Art Ortsbestimmung, aber von "Navigation" kann da
keine Rede mehr sein. Nein, wirklich in der Seepraxis verwerten, lassen sich ja
wohl nur Orte mit einer Genauigkeit von besser als vielleicht dreißig
Meilen, wenn man davon ausgeht, dass dann eine gute Chance besteht, das
Ziel, eine Insel oder einen Berg beim Landfall zu
finden.
Wenn im älteren Schrifttum manchmal von der Bestimmung der
geographischen Länge die Rede ist, dann sollte man genau nachfragen, ob die
"Ergebnisse" nicht ein Konglomerat von - zufällig genauer - Koppelei
und anderen Methoden ist.
Tatsache ist, dass eine vernünftige astronomische
Längenbestimmung nur(!) mit Hilfe einer genaugehenden Uhr möglich ist.
Diese Methode beruht auf der simplen Überlegung, dass die Sonne ein einziges
Mal über einem Ort auf dem höchsten Punkt ihrer Bahn steht. Das ist - sehr
vereinfacht ausgedrückt - in Greenwich, und nur dort, auf dem nullten
Längengrad um zwölf Uhr Mittag. Wird die Sonne um 13 Uhr auf dem
höchsten Punkt ausgemacht, dann befindet sich das Schiff auf 15 Grad westlicher
Länge, um 14 Uhr auf 30 Grad westlicher Länge. Bei "ungeraden"
Zwischenzeiten eben zwischen den ganzen Stunden.
Die Methode der "Monddistanzen"
beruht nun, ebenfalls vereinfacht, auf der Tatsache, dass eine gewisse Konstellation
des Mondes zu den Fixsternen (oder auch zu den Planeten) nur einmal
am Tag besteht, weil die Geschwindigkeit des Mondes, scheinbar um die Erde
herum, von der der Fixsterne deutlich abweicht. Oder andersrum: Ein Schiff in
Europa sieht die Mond-Gestirns-Konstellation anders als ein Schiff am gleichen
Tag in Westindien. Man hoffte in den Zeiten ohne genaue Uhr daraus die Uhrzeit
herauslesen zu können, um so wiederum die geographische Länge des Schiffes
errechnen zu können.
Das war theoretisch richtig. Aber in der Praxis funktionierte
dies, trotz Jahrhunderte langen Bemühungen und Forschungen nicht. Einerseits
waren die Berechnungen für die damaligen Kapitäne ohne Computer nur mit sehr
einfachen Rechentafeln viel zu schwierig, andererseits waren die vorhandenen
Messinstrumente nicht genau genug, schon gar nicht auf einem bewegten Schiff.
So konzentrierten sich die damaligen Forschungen ab der
zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts auf den Bau einer möglichst genauen Uhr.
Das Ergebnis ist bekannt, siehe die Geschichte von John
Harrison, dem "Finder" der Länge.
Hätte es andere erfolgversprechende Methoden, noch dazu eine
so genial einfach wirkende mit einem Stundenzeiger, gegeben, dann hätte die
englische Krone wohl kaum eine Belohnung über die sensationelle Summe von 20000
Pfund für die "Entdeckung der Länge" ausgesetzt.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Büchern, wo immer wieder
"Erfindungen" zur Navigation mitgeteilt werden. Oft steckt dahinter
nur der Wunsch des Autors, eine Sache interessanter zu schildern, häufig
verführen auch Zufälligkeiten dazu, an die Entdeckung einer neuen
Navigationsmethode zu glauben.
Es ist nun mal ein
Naturgesetz: Ohne genaue Zeit gibt es keine genaue
Längenbestimmung. Der Grund: Die geographische
Länge ist eine Funktion der Zeit!
Grüße Bobby Schenk
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