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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Stefan Hofbauer
Hallo Stefan, Du hast recht, man "muss auch mal
schlafen"!
Du schneidest hier ein Thema an, das in Publikationen häufig
ein wenig totgeschwiegen wird - wenn es einen Helden/Heldin zu feiern gibt. Die
gleichen Organe, die hier die Einhandsegelei hochleben lassen, sind aber schnell
bei der Hand, mit der Keule der "Sicherheit" und "guten
Seemannschaft" dreinzuschlagen, wenn mal ein Normalsegler ein bisschen
geschludert und damit irgendwelche Probleme heraufbeschworen hat.
Also, ohne mich als Richter aufspielen zu wollen, muss
festgestellt werden, dass die Einhandsegler auf das Kontrollsystem "BIG
SEA" vertrauen, das heißt, mehr oder weniger regelmäßig längere
Perioden durchschlafen, wenn sie keine unmittelbare Gefahren für sich und das
Schiff sehen, also aus den Schifffahrtswegen raus und frei von Land sind. Es ist
vielleicht in diesem Zusammenhang wenig bekannt, dass einer der berühmtesten
Einhandsegler überhaupt, nämlich Bernhard Moitessier auf Diego Garcia im
Chagos Archipel im Indischen Ozean sein Schiff verloren hat, weil er halt
gepennt hat, als er es unter seinem Kiel knirschen gehört hat.
Ich glaub auch nicht die Sprüche vom Minutenschlaf und
autosuggestiven Training, womit man eines der Urbedürfnisse des Menschen,
nämlich im Schlaf seine Bio-Batterien aufladen zu müssen, austricksen könnte.
Aber ich verurteile die pennenden Einhandsegler nicht, schon deshalb nicht, weil
ich auch Yachten kennen gelernt habe mit zwei Leuten an Bord, wo man halt abends
ein Licht gesetzt hat und "ins Bett gegangen" ist. Die weite See ist
tatsächlich so groß, dass es schon fast einem "negativen
Lottotreffer" gleichkommt, außerhalb den Schifffahrtslinien von einem
anderen Schiff niedergemangelt zu werden. Aber am Rande feststellen darf ich
schon, dass dies alles gegen internationales Recht ist,
das jedem Schiff zu
Recht einen ständigen Ausguck, einen menschlichen, abverlangt.
Zahlreiche Hilfen haben sich Einhandsegler zur Lösung dieses
Problems schon ausgedacht. Sie haben alle Eines gemeinsam (neben der
Illegalität): Sie sind nicht perfekt.
Der passive Radarwarner kann nur dann warnen, wenn das
"gegnerische" Schiff sein Radar laufen hat. Der elektronische Lauscher
nach Schraubengeräuschen kann nur dann wachrütteln, wenn das andere Schiff
laut genug ist, die Störgeräusche zu übertönen.
Noch am "sichersten" halte ich Deine Idee vom Radar,
das selber aufpasst. Das gibt es auch schon auf dem Markt und viele Radargeräte
haben das schon "eingebaut". Bei zahlreichen Typen (z.B. bei Furuno
821) lässt sich ein Sektor oder eine Kreisfläche rund ums Schiff
beliebig einstellen. Stellt das Radar dann ein Echo in der Alarmzone
fest, gibt
es Alarm.
Das genannte Radar kann aber noch mehr, und damit wird es
richtig yachtfreundlich. Es kann aus dem stromsparenden "Standby-Betrieb"
automatisch in frei wählbaren Zeitabständen, zum Beispiel alle 15 Minuten, in
den Vollmodus (TRANSMIT) gehen, die Alarmzone absuchen und wieder "einschlafen".
Aber: Eine Garantie, dass ein Kollisionsgegner damit entdeckt
wird, ist dies noch lange nicht. Einerseits kann das Echo so schwach sein, dass
der "Gegner" schlicht vom Radar nicht registriert (Fischerboote oder
andere Segelyachten aus Kunststoff!)wird, andererseits können Seegangsreflexe
wichtige Echos schlicht zudecken, sodass allzu oft Fehlalarm eingeläutet wird,
was sicher sehr schlafstörend wirkt. Wie jeder Praktiker weiß, kann ohnehin
aus dem Radar nur voller Nutzen gezogen werden, wenn ständig an Verstärkung
und Seegangsenttrübung "rumgespielt" und fortlaufend beobachtet wird.
Aber, besser wie gar Nichts ist dies allemal. Zumal, auch hier
dürfen wir uns kein X für ein U vormachen lassen, Segelyachten jedenfalls ohne
die vorgeschriebene Navigationslichter nächtens durch die Gegend rauschen.
Unglaublich? Das lässt sich ganz leicht nachrechnen: Brennen Heck- und
Positionslampen, also runde 30 Watt, dann macht dies bei 12 Volt fast drei
Ampere, also in einer Nacht, so ist die Praxis, fast vierzig Amperestunden. Allein
hierfür müsste die Maschine schon eine Stunde täglich laufen, andere
Verbraucher noch gar nicht gerechnet - und gesunde Batterien vorausgesetzt.
Bezüglich Deiner Frage zum zweiten Steuerstand liegst Du auch
richtig. Wer sitzt (steht) denn beim Langfahrtsegeln schon am Ruder? Die Praxis
ist doch: Die Yacht segelt unter Selbststeueranlage dahin und gelegentlich
kontrolliert der Skipper oder der "Wachhabende", ob der richtige Kurs
noch anliegt. Der Ausguck findet ebenfalls nicht vom Ruder aus statt, sondern
von einem Punkt, von dem man am besten einen 360-Grad-Rundblick hat. Und dies
alle 10 Minuten (mindestens), so würde man sich das gerne wünschen.
Bobby Schenk
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