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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Gerhard Mueller
Lieber Gerhard Müller,
also, da bin ich ganz anderer Meinung als die von Ihnen
genannte Firma Ixypsilon. Was die von sich gibt, erklärt sich leicht,
wenn man deren Homepage durchschaut. Denn da wird ein japanischer Sextant
angeboten mit, jeder ahnt es, einem Halbspiegel. Wenn Verkäufer Ratschläge
geben, dann misstraue ich denen nur dann nicht, wenn sie Produkte betreffen, die
sie selbst nicht anbieten.
Aber jetzt mal sachlich: Ich bin vor vielen Jahren um die Welt
gesegelt und habe dabei vier Jahre lang ausschließlich den damaligen Klassiker
unter den Sextanten benutzt, den Sextanten der alteingesessenen Hamburger Firma
C.Plath. Der hatte, damals allgemein üblich, einen "halben" Spiegel,
das heißt, im verspiegelten Teil des runden Glases peilte man die Sonne,
während man gleichzeitig durch das (durchsichtige) Glas den Horizont sah.
Als
ich dann zum ersten Mal einen "Vollsichtspiegel" benutzte, war das
für mich schlechthin eine Offenbarung. Während ich bis dahin den Sextant
(neben der notwendigen Schwenkbewegung um die Fernrohrachse) so halten musste,
dass die Sonne möglichst zur Grenze zwischen Glas und Spiegel erschien, damit
man sie auf die gedachte Verlängerung des Horizonts im durchsichtigen Teil
setzen konnte, brauchte ich jetzt den Sextanten nur noch so zu richten, dass die
Sonne irgendwo auf dem durchs ganze Bild laufenden Horizont saß. Das war um
einen ganzen Level einfacher als zuvor.
Seitdem habe ich
nie mehr den "halben" Spiegel benutzt, weil es mit dem
Vollsichtspiegel einfach viel bequemer war, die Sonne zu messen. Und es gelangen
mir unter schwierigen Bedingungen "Sonnenschüsse", wo ich mit meinem
alten Sextanten ganz einfach passen hätte müssen.
Der
"Vollsichtspiegel" ist ein Glas, das so verspiegelt ist, dass man
sowohl durchschauen kann als auch Gegenstände darin gespiegelt sieht.
Theoretisch(!!!) kann ein so verspiegeltes Glas selbstverständlich nicht 100%
des Lichtes reflektieren, sondern nur deutlich über 90 Prozent. Daraus folgern
die Anhänger des "Halbspiegels", dass deshalb Teile der Lichtstärke
von lichtschwachen Sternen verschenkt würden und diese nicht mehr mit
einem Vollsichtspiegel gemessen werden können, während man einen solchen Stern
mit dem "Halbspiegel" gerade noch erwischt. Das stimmt in der
Bordpraxis nicht!
Gerade bei der schwierigen
Sternenmesserei (geht nur in der Dämmerung, wenn Stern und Horizont noch
gleichzeitig zu sehen sind) sticht der Vollsichtspiegel seinen Kontrahenten ganz
klar aus. Damit bringe ich rund 30 Prozent mehr brauchbare Sternenmessungen
zusammen als mit dem konservativen Glas. Der rein theoretische Vorteil der
geringfügig besseren Lichtausbeute wird durch die viel leichtere
Handhabung mehr als wettgemacht.
Ich habe jedenfalls in
meinem Leben noch keine Gestirnsituation erlebt, wo der "Halbspiegel"
von Vorteil gewesen wäre.
Den nach mir benannten
Sextanten gibt es übrigens auch mit dem halben Spiegel. Doch aus den erwähnten
Gründen rate ich ganz dringend zum gleichteuren Vollsichtspiegel.
Wer
behauptet, dass der halbe Spiegel der bessere sei, hat entweder keine praktische
Erfahrung im Umgang mit Sextanten, selber einen alten Sextanten mit Halbspiegel,
den er nicht entwertet sehen möchte, oder wirtschaftliche Interessen.
Immer
ein genaues Fix - mit oder ohne Vollsichtspiegel -
wünscht
Bobby Schenk!
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