|
YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Timo Götze
Hallo Timo,
leider schaut die Sache nicht so rosig aus, wie die Schlagworte
"Satelliten-Verbindung", "Iridium" oder "Pactor"
in der Laienpresse verheißen. Es ist auch zu unterscheiden, ob ich von Bord aus
nur ins Internet möchte, um die E-Mails runterzuladen oder ob ich einen
Internet-Zugang zum Surfen oder für die Wetterkarten brauche.
Derzeit gibt es für Yachten "normaler" Größe (so unter 20 Metern) keine Ideallösung, vor allem nicht auf hoher
See!
a) GSM-Handy
Nach wie vor ist die Benutzung eines GSM-Handys ein
vertretbarer Kompromiss. Allerdings lassen sich damit Funkverbindungen nur in
einem Küstenabstand von wenigen Seemeilen (maximal
circa 30) herstellen. Es muss auch berücksichtigt werden, dass für eine
Datenverbindung gute Übertragungsqualität
Voraussetzung ist, sonst verlangsamt sich der Datenfluss bis zum Zusammenbruch
der Verbindung mit entsprechenden sinnlosen Kosten.
Überhaupt die Kosten: Selbst, wenn man sehr gezielt nach der Wetterkarte
im Internet sucht, sind 10 Minuten schnell verbraucht. Jeder muss
entscheiden, ob ihm das wert ist. Aber besser geht es halt bei 9600 bps nicht.
b) Pactor II
eignet sich nur für die Übermittlung
von E-Mails, und bietet unter keinen Umständen einen normalen Zugang ins
Internet. Dafür funktioniert es - über Kurzwelle - unabhängig davon, ob
man sich in Küstennähe oder mitten im Atlantik oder sich sonst irgendwo auf
der Welt befindet. Aber: Pactor II ist kein System, das sich zum "Einschalten-und-los-gehts"
eignet. Grundkenntnisse in Sendetechnik und ein entsprechender Kurzwellen-Transceiver
mit entsprechender aufwendiger Antennen-Anlage und einem Controller (am
besten den PTC II) sind Voraussetzung.
Ist man Funkamateur, hat man
diese Dinge ohnehin an Bord, sodass sich Pactor II für den E-Mail-Verkehr
aufdrängt. Zumal hierfür keine Kosten anfallen.
Auch für Nicht-Funkamateure gibt es immer mehr Dienste, die
die E-Mail-Vermittlung (Empfang und Einspeisung ins Internet, beziehungsweise
das Runterladen und Weitersenden der E-Mails) an der Küste übernehmen,
beispielsweise Kiel-Radio. Wem es die Gebühren und die Anschaffungskosten für
die Gerätschaft (fünf bis zehntausend Mark) wert sind, sollte es probieren.
Aber wie gesagt: Echter Internetzugang ist ausgeschlossen!
Satellitentelephon (Satphone, Neraphone,
Worldphone)
Solche Telefone (Anschaffungskosten um die 10000.- DM) über
die Inmarsat-Satelliten sind fantastisch, soweit es
ums weltweite Telefonieren geht. Dann sind die Gesprächskosten von einigen
Dollars für ein kurzes Gespräch auch verdaulich. Bei Datenübertragungsraten
von 2400 bps ist ein Internetzugang zwar
theoretisch möglich, doch wer würde schon bei diesem Schneckentempo hundert
Dollar für eine Wetterkarte zahlen. Zum Faxen reicht die Geschwindigkeit gerade
aus.
Orbcomm-Telephon
Vergleichsweise preiswertes Satelliten-System, das allerdings
keine lückenlose weltweite Abdeckung gewährleistet. Datenübertragungsraten
für die "subscriber links" von 2400 bps (uplink),
beziehungsweise 4800 bps (downlink) machen ebenfalls einen echten Internetzugang
in der Bordpraxis nur theoretisch möglich.
Iridium
Ebenfalls eine gute Alternative, wenn es nur ums Telefonieren
geht. Aber auch hier stehen die langsamen Daten-Übertragungsraten von 2400
bps (oder gerade mal das doppelte) einer Verwendung als
"Suchmaschine" im Internet entgegen. Positiv: Die Preise fürs
Telefonieren zeigen sinkende Tendenz. In Deutschland gibt es noch keinen
Provider für Iridium.
Der M4 WorldCommunicator.
Neu bietet Nera den M4 WorldCommunicator an, der sich, rein
technisch gesehen, für den Zugang ins Internet von hoher See aus eignet. Auch
die Antennenabmessungen lassen den Einsatz an Bord
möglich erscheinen. Nera verspricht High-Speed-Daten-Verkehr
mit 56/64 Kbps, was unseren normalen ISDN-Verbindungen
entspricht. Die Kosten für Gerät und Gebühren stehen allerdings dem
Einsatz auf Yachten entgegen - noch!
Die Konsequenzen
So wichtig das Internet mit seinem umfassenden
Informationsangebot für Langfahrtsegler auch ist, müssen wir uns derzeit noch
damit abfinden, dass ein Zugang nur von Internet-Cafes
aus oder von Marinas mit Telefonanschluss möglich
ist, also nicht von hoher See aus. Ganz anders steht es im Küstenbereich über
GSM-Handy, das allerdings richtig ins Geld geht. Nebenbei: Diese gesamte
Homepage wird fast ausschließlich über s Handy gepflegt.
Weltweiter E-Mail-Verkehr ist
derzeit von hoher See aus praktisch nur über Pactor II möglich. Weltweite
Telefonverbindungen auf hoher See sind über die Satellitentelefone
Iridium und Worldphone - technisch gesehen - gut möglich. Wenn man es sich
leisten kann und will. In einem solchen Fall wird man zweckmäßigerweise seine
"Bodenmannschaft", Frau oder Freunde, bitten, die notwendigen
Informationen aus dem Internet in aller Ruhe an Land zu saugen, um diese dann
per Telefon oder Funk (der "gute alte Kurzwellenfunk") an die Yacht
weiterzugeben. Die wichtige Information "Ihr kriegt heut abend 6 aus
Südwest", ist dann auch mit dem Iridium für ein paar Mark zu haben. Und
ist im Endeffekt genauso viel wert wie eine schöne farbige Wetterkarte aus dem
Borddrucker.
Mast-und Schotbruch!
Bobby Schenk
zur
Home-Page
Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this Page is: https://www.bobbyschenk.de/frage103.html
Impressum und Datenschutzerklärung