YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Frage von Krupp, Markus

Hallo Herr Krupp,

es spricht für Sie, wenn Sie sich darüber Gedanken machen. Aber eigentlich geht es hier um zwei Fragen, wovon die Frage nach dem Revier untergeordnete Bedeutung hat. Deshalb gleich hierauf eine Antwort:

Für den Anfänger als Charterskipper, für jeden Anfänger eignen sich auf keinen Fall Reviere mit starken Gezeiten und Strömungen. Damit entfallen praktisch alle Gewässer der Nordsee und des Atlantiks. Vom Seglerischen her bezeichne ich als Revier für den Anfänger des Eisselmeer und fast alle Teile des Mittelmeers im Sommer, wenn sie mit zahlreichen Häfen ausgestattet sind, die nicht all zu weit auseinanderliegen sollen. Die Ostsee empfehle ich in diesem Zusammenhang nicht, weil dort halt während der schönen Monate zuviel Betrieb ist. Das Schwierige ist ja nicht die Segelei, sollte mit dem GPS schon gar nicht die Navigation sein. Die Herausforderung ist, das Schiff jeweils abends heil in den Hafen zu bringen.

Deshalb hab ich in diesem Zusammenhang auch Vorbehalte gegen Kroatien. Denn dort sind die Häfen und Buchten teilweise überfüllt - ganz abgesehen davon, dass die Bora, der gefürchtete Nordwind auch im Sommer recht heftig zuschlagen kann. Auch gegen die Ägäis habe ich den auch im Sommer heftigen Meltemi einzuwenden, denn es gehört schon viel Charakter von Skipper und Mannschaft dazu, während einer heftigen Meltemi-Phase ein paar von den wertvollen und teuren Chartertagen im Hafen zu verbringen.

Gegen die spanischen Gewässer rund um die Balearen spricht ebenfalls die Bootsdichte, während die spanischen Küstengewässer eher etwas beschaulicher, auch langweiliger sind, zumal im Sommer mit guten Segelwinden nicht gerechnet werden kann.

Gut geeignet wiederum ist Elba, allerdings nicht unbedingt ein attraktives Gewässer. Meine Vorliebe gilt seit vielen Jahren der Türkei. Aber, um auch da wegen der Objektivität eine Einschränkung zu machen: Mit viel Wind kann auch da im Sommer nicht immer gerechnet werden.

Aber jetzt zum Wesentlichen: Was ich in Ihrem Mail vermisse, sind Hinweise auf Ihre praktischen Erfahrungen als Skipper. So gehe ich davon aus, dass Sie zwar leidlich segeln können, aber noch keine Yacht eigenverantwortlich länger als einen Tag geführt haben. Hier scheint mir ein Schwachpunkt zu sein. Denn, das wird Ihnen jeder Praktiker bestätigen, Segeln ist vergleichsweise einfach (ich spreche nicht vom Regattasegeln). Wesentlich anders ist es aber, eine Yacht mit Hilfe einer Mannschaft zu manövrieren, vom Wetter abhängig die richtigen Entscheidungen bezüglich der Route zu treffen oder aber in Notfällen zweckmäßig zu handeln. Und das alles unter Zuhilfenahme einer Mannschaft, die Sie als Skipper führen müssen. Sie müssen Verantwortung übernehmen!

Wie Sie schreiben, überlegen Sie sich auch, wie sich Ihre Mannschaftskameraden auf den Törn seglerisch vorbereiten sollen. Daraus entnehme ich, dass auch Ihre Mitsegler ziemlich unbedarft sind. Sie haben letztlich also von denen nur wenig Unterstützung zu erwarten. Schlimmer noch: Die werden - als Nichtsegler - schon nach wenigen Tagen, wenn der Zauber der ersten Zeit auf einer schönen Yacht verflogen ist, Ihre Autorität  - vielleicht zu Recht - in Frage stellen, und das ist das Schlimmste, was Ihnen passieren kann. Denn als guter Demokrat werden Sie mit Ihren Freunden dann ins Diskutieren kommen und zuschauen müssen, wie Ihnen langsam die Schiffsführung entgleitet. Nicht die Verantwortung, denn die wird nämlich nicht demokratisch auf alle verteilt. Sie sind der Skipper und damit der Alleinverantwortliche!

Übernehmen Sie sich da nicht ein wenig? Damit wir uns recht verstehen; ich meine, dass Sie einen herrlichen Törn haben können, wenn alles glatt verläuft und dass Sie dann über meine Bedenken lächeln. Aber garantieren können Sie sich das ja nicht, oder?

Mein Rat: Bevor Sie selbst als Charterskipper einen Törn fahren, nehmen Sie als Mitsegler an einem solchen teil. Beobachten Sie Ihren Skipper und Ihre Mitsegler. Überlegen Sie sich (sagen es aber nicht!), wie Sie in der oder jenen Situation als Skipper handeln würden. Sie können sich schon jetzt auf einen schönen, weil stressfreien Segelurlaub freuen. Und dann können Sie immer noch beim nächsten Mal eine Yacht chartern und in einem schönen Revier geruhsame Segeltage erleben.

Wenn Sie aber bereits jetzt unbedingt als Skipper fahren wollen, ist vielleicht Flotillensegeln ein guter Kompromiss, weil Sie als Skipper erheblich entlastet werden. Aber unterwegs bleiben sie als Skipper auch hier alleinverantwortlich, auch wenn Kurse und Ziele weitgehend vorgegeben werden.

Schönen Segelurlaub wünsche ich Ihnen allemal!

Bobby Schenk

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