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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Alfred Maiss
Sehr geehrter Herr Dr.Mösler,
Sie stellen eine der wichtigsten Fragen, wenn es darum gilt
bei einem Neubau das technische Layout zu konzipieren.
Zunächst ist der Energiebedarf auf
einer Yacht in erster Linie eine Frage des Lebensstils. Und da täuschen
sich viele über sich selbst. Zahlreiche Langfahrtsegler meinen beispielsweise
zu Beginn einer Weltumsegelung, sie würden die ganze Zeit unter
Segel verbringen. Hernach wundern sie sich, wenn sie die Logbücher
durchblättern und feststellen, dass sie 80 Prozent der Zeit auf dem Schiff vor
Anker in Traumbuchten gelegen haben. Dementsprechend kann man den
Energiebedarf falsch kalkulieren. Während in dem erwähnten Beispiel der
Strombedarf für die Selbststeueranlage vernachlässigbar ist, wird die Kühlung
erheblich ins Gewicht fallen.
Umgekehrt zehren beim Vielsegler die
Navigationslichter erheblich an den Batterien, während der ewige
Ankerlieger seine Strombilanz damit nicht belasten muss.
Es ist auch eine Frage der Selbstdisziplin,
wie viel Strom benötigt wird. Wer seinen Salon ab Sonnenuntergang immer schön
illuminiert sehen will, kommt auf ganz andere Ampere-Beträge
wir derjenige, der sogar die Petroleumlampe zum
Lesen verwendet.
Zu welchem Typus Segler Sie gehören, müssen Sie selbst
ehrlich entscheiden und danach Ihre Entscheidung treffen. Ich vertrete zu diesen
Fragen - persönlich - folgende Meinung:
Man sollte um alles in der Welt versuchen, den Strombedarf
so schonend wie möglich für die Umwelt decken. Nicht nur aus diesem
Grund gilt es, einen Diesel-Generator zu
vermeiden, zumal Sie ja - zufällig - ohnehin zwei Maschinen haben werden. Die
sollten dann so ausgerüstet sein, dass Sie notfalls(!) mit möglichst kurzer
Laufzeit den Strom erzeugen können, den Sie aus alternativen Quellen,
Solarzellen und Windgenerator (zur Brennstoffzelle
ist es mangels Erfahrung zu früh, um etwas darüber auszusagen), nicht
aufbringen können.
Das Ganze wird natürlich umso
unproblematischer, je weniger Sie Strom brauchen. Und das lässt sich leicht
nachrechnen, wobei sich viele um diese Kalkulation
drücken, nicht deswegen, weil sie so schwierig ist, sondern weil die Ergebnisse
derart ernüchternd sind, dass Sie der Steckdosenmensch einfach nicht glauben
kann:
Als Erstes vergegenwärtig man sich, dass die
"Übeltäter" vor allem unter Langzeitverbrauchern auszumachen sind.
Die 220-Volt-Bohrmaschine oder die Mikrowelle,
die immerhin - über den Inverter - 70 bis 80 Ampere (ich spreche nur von
12-Volt-Anlagen) säuft, ist, weil nur Minuten pro Tag im Einsatz (was 5 bis 8
AH entspricht), nicht so problematisch wie Positionslampen,
die mit circa 40 Amperestunden zu Buche schlagen.
Wenn
Sie viel unterwegs sind, dann verbraucht Ihre elektrische
Selbststeueranlage gar 240 Amperestunden pro Tag, dafür alleine müssten
Ihre Maschinen vier bis sechs Stunden am Tag laufen. Irgendwann kommen mir da
Zweifel, ob "Segelschiff" für Ihre Yacht noch die richtige
Bezeichnung wäre. Schlimmer wird es noch, wenn die Tiefkühltruhe
dazukommt, den die geht mit runden 100 Amperestunden in die Energiebilanz ein.
Dann wären wir bei 340 AH und die Positionslampen und andere Birnchen
mitgerechnet, gar bei runden 400 AH. Dies bedeutet, dass Sie auf Ihrem
Katamaran, wo sie ja aus Gewichtsgründen keine riesigen
Batteriebänke mitschleppen, an einem einzigen Tag Ihre Batterien restlos
leer saugen. Schwer zu glauben? Ist aber so!
Aus dieser Energieschere
können Sie sich nur dadurch lösen, indem Sie:
- einerseits möglichst wenig Strom
verbrauchen
- andererseits soviel Strom wie möglich mit
geringstem Aufwand herstellen
Wie er seinen Strombedarf reduziert, muss jeder mit sich
ausmachen. Die elektrische Selbststeueranlage kann
zum Beispiel auf langen Strecken durch eine Windsteueranlage
ersetzt werden, in einsamen Gegenden können die Positionslampen
durch ein Rundumlicht und durch erhöhte Aufmerksamkeit kompensiert werden (was
aber nicht legal ist) und statt der Tiefkühltruhe reicht vielleicht ein energiesparender
Kühlschrank aus, der sich mit 50 AH begnügt. Die auf Yachten so unsäglichen
Halogenlampen könnten gegen Spar-Lampen
ausgetauscht werden. Das Radar, das heute nur noch
so 60 Watt (60 durch 12 sind dann 5 Ampere) aufnimmt, muss ja nicht 24 Stunden
laufen, sondern nur dann, wenn es wirklich benötigt wird. Nur der
Vollständigkeit: Heizgeräte oder Öfen,
die Ihren Strom aus der Batterie beziehen, sind auf Segelyachten ohnehin tabu. Klimaanlagen
sind übrigens so stromdurstig wie Heizgeräte, aus der Batterie also nicht zu
befriedigen.
Auf einem Katamaran drängt sich die Stromerzeugung
mit Solarzellen geradezu auf, weil die riesige benötigte Fläche, am
besten auf dem Bimini-Dach zur Verfügung steht. Aber 1000 Watt sollte dann
schon das Mindeste sein. In der Praxis werden daraus um die Mittagszeit an die
40 Ampere fließen, was den mäßigen Strombedarf - jedenfalls an Sonnentagen -
einigermaßen deckt. Zusätzlich kann ein Windgenerator
montiert werden, der nicht ganz so effektiv ist wie die Solargeneratoren und
für manchen nervig laut. Auf den Maschinen müssen jeweils eine zusätzliche
Lichtmaschine montiert sein, in Ihrem Fall eine 140er, sodass zur Not
auch die Maschine zur Stromerzeugung eingesetzt werden kann. Damit der Saft aber
dann auch in den Stromspeicher effektiv fließen
kann, muss die Batteriekapazität so hoch gewählt
werden, wie es vom Gewicht her gerade noch toleriert werden kann.
Ob eine Waschmaschine unterwegs(!)
benutzt werden kann, bezweifle ich. Denn der Strombedarf liegt doch bei zwei bis
vier Kilowatt (heißes Wasser!), was bei einem Waschgang von zwei Stunden Ihre
Batterien kaum mitmachen. Im übrigen müssten Sie 50 Liter Süßwasser
abstellen. Alleine wegen der Waschmaschine aber würde ich nicht den schlechten
Kompromiss mit einem Dieselgenerator eingehen. Also verzichten Sie darauf! Oder
benutzen Sie das Ding nur, wenn Sie Zugang zu einer Steckdose haben.
Vergessen Sie bei all diesen Überlegungen bitte
nicht, dass Sie eine Segelyacht haben. "Vollausstattungen" finden sich
üblicherweise nur bei höherwertigen Autos oder bei Motoryachten.
Gute Fahrt!
Bobby Schenk
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