YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Frage von Volker Murwig

Hallo Herr Murwig,

man kann durchaus. Eine ganz andere Sache ist es, ob es sinnvoll ist, mit einer Gullett um die Welt zu segeln. Ohne Ihren Freund zu kennen, gehe ich davon aus, dass er damit überfordert wäre. Warum?

Gulletts sind Arbeitsschiffe, keine Lust-Yachten. Dementsprechend sind sie gebaut: Preiswert und dem Revier  - Küstengewässer der Türkei - angemessen. Sie sollen sich so schnell wie möglich amortisieren. Ist man in Yachtkreisen gewohnt, den Preis und Wert einer Yacht nach der Schiffslänge, beziehungsweise der Menge Schiff fürs Geld zu taxieren, so ist man fasziniert vom Anschaffungspreis für eine Gullett. Denn man bekommt schon mal viermal soviel Schiff wie hierzulande für einen Plastikbomber hinzulegen ist.

Jedoch: Man sagt, die Lebensdauer einer Gullett entspricht der Dauer der Herstellung. Das ist natürlich übertrieben, wenn man bedenkt, dass manche Gullett in ein paar Monaten zusammengezimmert wurde. Damit will ich nicht sagen, dass sie schlecht gebaut sind, aber man ist bei der Produktion davon ausgegangen, dass die Crew auf der Gullett für ein paar Mark am Tag arbeitet und entsprechend viel Zeit für den fortlaufenden Unterhalt des Schiffes im Winter vorhanden ist.

Wenn man sich also das antun will, und ich kenne einige, die sich auf so ein Abenteuer eingelassen haben, dann muss mit unendlich viel Arbeit oder mit nicht bezahlbaren Werftkosten gerechnet werden.

Die Probleme beginnen schon damit, dass die Gulletts gewöhnlich aus Holz gebaut sind, und zwar nicht vom besten. Das heißt, in "unseren" Gewässern ist jährlich ein Anstrich, nicht nur fürs Unterwasserschiff, fällig. Die zahlreichen lackierten Holzteile erwarten zum Schutz gegen die Sonne ebenfalls einige Lachschichten und das mehrere Male pro Saison, also alle drei Monate.

Das größte Problem bei einer Weltumsegelung aber ist ein kleines unscheinbares Tierchen, das wir in den deutschen Gewässern gerade langsam kennen und fürchten lernen. Es ist der Teredo-Wurm, der Schrecken aller Holzschiffe.

Wer einmal erlebt hat, welchen Schaden dieses Tier an einem Holzschiff mit Sicherheit anrichtet, möchte nie mehr mit einem Holzschiff in den Tropen, der Heimat des Teredos, unterwegs sein. Früher, als die Masse aller Yachten aus Holz war, war dies ein Dauerthema in Sachen "Seemannschaft". Zum Schutze vor dem Wurm, der in drei(!) Monaten eine ungeschützte Holz-Yacht zerstören kann, hat man das Unterwasserschiff mit dünnen Kupferplatten beplankt. In alten Zeiten wurden die Schiffe geteert. Es ist übrigens falsch, dass der Teredo höherwertiges Holz wie Teak nicht angreift. Das ist seine Lieblingsspeise. Es gibt meines Wissens nur ein Holz, das er verschmäht, das ist Matosana-Holz, in Galapagos zu Hause, das allerdings so hart ist, dass es kaum zu einem Schiff verarbeitet werden kann.

Also, um es zusammenzufassen: Ihr Freund kann durchaus mit einer Gullett um die Welt segeln, wenn er so reich ist, dass er sich vier Mann bezahlte Crew und jährlich einen monatelangen Werftaufenthalt leisten kann. Dann hat er aber auch Geld genug, um sich eine richtige Yacht anzuschaffen.

Fair Winds!
Bobby Schenk

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