YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Frage von Klaus Banck

Hallo, Herr Banck,

doch das gibt es und ist auch leicht zu erklären: Auf die Kompass-Nadel oder -Rose wirken nicht nur die Kräfte ein, die sie entsprechend den magnetischen Feldlinien auf der Erdoberfläche parallel hierzu, also ungefähr(!) in Nord-Süd-Richtung ausrichten, sondern die auch die Rose veranlassen, sich in Richtung Erde "nach unten" zu neigen. Sie können das bei vielen Kompassen beobachten, wo die Rose nicht exakt waagrecht ausgerichtet ist, sondern sich mehr oder weniger neigt. Man bezeichnet diese Eigenschaft aller(!) Kompasse als Inklination oder - englisch -  Inclination.

Die Inklination ist nicht überall auf der Erde gleich, sondern nimmt mit Breitenänderung nach Süden zu. Die Kompass-Hersteller versuchen die Inklination durch entsprechende Gewichtung der Kompassrose auszugleichen, was aber immer nur ein Kompromiss ist, weil die Inklination nicht überall gleich ist. So werden Kompasse, die zum Beispiel nach Australien oder Neuseeland geliefert werden, entsprechend modifiziert. Bei Kompassen, die voraussichtlich überall auf der Welt eingesetzt werden, versucht man, eine durchschnittliche Gewichtung zu erzielen. Was je nach geographischer Breite nicht immer gelingt. So schreibt der erfahrene österreichische Segler Leopold ("Poldi") Krenn über seine Tätigkeit als Funker und Navigator in der Antarktis:

"Das zweite Problem, mit dem man in der Nähe der magnetischen Pole zu kämpfen hat, ist die Inklination... Die Neigung der Nadel kann infolge der starken magnetischen Kräfte in Polnähe so stark werden, dass sie am Kompassgehäuse streift und sich nicht mehr frei bewegen kann. Wir besorgten uns daher für diesen Zweck Kompasse, die schon vom Werk her speziell für die hohen Breitengrade gebaut sind (Fa. Silva) und welche, bei denen man mittels Gewicht die Neigung der Nadel korrigieren kann."

So weit Poldi...Bei meinen Segeltörns um die Welt oder weit im Süden ums Kap Hoorn hab ich es selbst niemals erlebt, dass die Rose wegen der Inklination gestreift hat, doch hing sie manchmal ordentlich schief im Acrylgehäuse. Gelegentlich stellten aber andere Weltumsegler in durchaus - noch - gemäßigten Breiten (Fiji) fest, dass die Kompassrose hängen geblieben ist.

Das erlebte auch der erste österreichische Einhand-Weltumsegler im Katamaran, Wolfgang Hausner, auf seinem Weg nach Neuseeland. Der Kompass, den er kurz zuvor noch mit Bordmitteln rapariert hatte - er hatte ihn zur Dämpfung mit Kokosnussöl aufgefüllt - drehte sich nicht mehr. Aber daran war nicht die Inklination schuld. Das Kokos-Öl war bei sinkender Temperatur eingedickt.

Gute Fahrt!
Bobby Schenk

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