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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Hermann Kratochwil
Hallo, Herr Kratochwil,
diese Frage dürfte alle interessieren, die mit dem Gedanken
spielen, mal auf die große Reise zu gehen. Deshalb werde ich die Beantwortung
nicht alleine auf mein Schiff beziehen, sondern etwas allgemeiner halten. Billig
ist es nicht, seine Yacht auf Langfahrttauglichkeit zu trimmen. Eine Faustformel
könnte hierzu lauten:
"10
Prozent aus dem Schiffs-(Neu-)Wert sind für die Zusatzkosten aufzuwenden".
Zuviel?
Die nachfolgenden Zahlen belegen es:
Tatsächlich sind die Ansprüche,
die an die Ausrüstung einer Yacht für ausgedehnte Weltreisen, gestellt werden,
sehr verschieden von den Anforderungen der Küstenfahrt. Das liegt einerseits
daran, dass eine Langfahrtyacht ja nicht nur Fortbewegungsmittel ist, sondern
auch Lebensraum für längere Zeit darstellt und andererseits ist das
Segeln auf den Weltmeeren nicht gleichzusetzen mit Törns von Hafen zu Hafen in
Küstennähe. Zum Beispiel sind wochenlange Vorwindkurse mit entsprechendem
Wellenbild in den Passatgegenden eher die Regel, während in den heimischen
Gewässern selten länger als ein paar Stunden die Yacht platt vor dem Laken
gesegelt wird.
Schließlich wird der eine oder andere so von seiner Werft
überzeugt sein, dass er zusätzliche Ausrüstungen gar nicht erst in Erwägung
zieht. Schließlich hat ihm seine werft ein schiff "für die weltweite
Fahrt" versprochen. Da möchte ich leise warnen, denn ich kenne keine Werft, die ein Schiff
"komplett" für die Große Fahrt ausliefert. Der Preis wäre nämlich
ganz unattraktiv, weil die häufig nicht so beschlagenen Käufer den Wert der
zusätzlichen Ausrüstung zunächst gar nicht würdigen könnten.
Daneben ist es auch ein recht persönliche Frage, wie man die
Zusatzausrüstung - schon wegen der Kosten - gewichtet. Ich werde deshalb bei
der Beantwortung Ihrer Frage darauf abstellen, welche Zusatzausrüstung ich
unbedingt für erforderlich halte und welche "ganz nett" ist, wenn man
sie sich leisten kann. Außerdem hängt die Ausrüstung auch von der Größe der
Yacht und den damit verbundenen Lebens-Komfortmöglichkeiten ab. Deshalb gelten
meine Angaben auch nur für Yachten von 10 bis 15 Metern Länge und der
"üblichen" kleinen Besatzung beim Blauwassersegeln. Die
Kostenschätzungen "von - bis" berücksichtigt dabei im wesentlichen
die Schiffsgröße.
Unverzichtbar beim Langfahrtsegeln:
Wind-Selbststeueranlage
Kosten: 3000.- DM bis 15000.- DM
Die
Preisdifferenz erklärt sich daraus, dass für größerer Yachten auch
mächtigere Anlagen notwendig sind. Außerdem können beim Einbau der
unentbehrlichen Anlage beträchtliche Kosten entstehen, denn gelegentlich sind
auch Änderungen an der bestehenden Kraftübertragung aufs Rad der Steuerung
nicht zu vermeiden. Nebenbei: Bei diesen beträchtlichen Kosten hat schon manch
einer geglaubt, er könne auf eine Windsteuerung verzichten, was fast immer
später bereut wurde.
Ankergeschirr - mindestens drei Anker - und Trossen
Kosten: 1000.- DM bis 8000.- DM
Auch über die Bedeutung eines guten und vielzweckmäßigen
Ankergeschirrs sind sich viele blauäugigen Blauwasser-Newcomer oft nicht im
Klaren. Standard beim Langfahrtsegeln ist es, zu ankern, der Stegplatz ist die
große Ausnahme. Dann aber hängt am Anker - oft - das ganze Vermögen des
Skipper. Der eine von der Werft mitgelieferte Anker reicht für die Sicherung
eines so großen Wertes, wie es eine Yacht darstellt, nicht aus. Bei
ungünstigen Wetter müssen meist zwei Anker eingesetzt werden, und wenn dann
noch das Schiff - zum Beispiel wegen Schwell, Strom oder Untiefen in einer
bestimmten Richtung gehalten werden muss, ist ein dritter Anker nötig.
Außerdem ist nie ganz ausgeschlossen, dass ein Anker auf ungünstige Grund
verloren geht. Nur an wenigen Stellen der Welt ist problemlose Ersatz zu
beschaffen. Da ist es schon besser, von vorneherein noch einen Reserve-Anker in
der Backskiste mitzuführen. Die meisten erfahrenen Segler haben vier Anker
an Bord.
Dass für die Anker - neben der Kette - starke Trossen (50 bis
100 Meter) verwendet werden, ist so selbstverständlich, wie der wahrscheinlich
von der Werft mitgelieferte Kettenvorlauf gegen eine richtige Ankerkette mit 70
Metern Länge ausgetauscht wird. Kann man es sich leisten, hat eine Niro-Kette von
einer entsprechenden Spezialfirma (Achtung Lochfraß: Exakt auf das verwendete
Material achten!) erhebliche Vorteile wie erhöhte Bruchlast bei gleichem
Materialdurchmesser und bessere Staufähigkeiten. Allerdings schlägt allein schon
die Niro-Kette mit ein paar tausend Mark zu Buche.
Preiswerter sind die zusätzlichen Trossen, die an Bord sein
müssen, wenn eine Passage durch den Panamakanal auf dem Programm steht. Vier
Trossen zu je 50 Meter sind dann Standardausrüstung. Zwar kann man sich solche
Trossen auf der Atlantikseite des Kanals auch ausleihen, aber nachdem
zusätzliche Trossen immer nützlich sind, nenne ich die Panama-Leinen
"Ausrüstungsstandard".
Beiboot mit Außenborder
Kosten: 1000.-DM bis 10000.- DM
Das Beiboot ist ein Muss, was übrigens auch fast für den
Außenborder gilt. Längst sind die gefragten Ankerplätze nicht mehr so leer
wie noch vor ein paar Jahren. Das heißt, ob man will oder nicht, man liegt
gelegentlich weit draußen. Rudern? Nein! Das hat nichts mit Unsportlichkeit zu
tun, sondern mit Lebensstandard und vor allem mit Sicherheit. Natürlich sucht
sich der Segler ohne Außenborder an seinem Beiboot einen Ankerplatz, von dem
aus er nicht weit zum Land hat - gelegentlich unter Aufgabe eines sichereren
Platzes weiter draußen. Dann gibt es Wetterlagen, wo das Beiboot gegen den Wind
kaum noch gerudert werden kann und der Außenborder verbleibt, um das Beiboot
wieder zum Heck der Yacht zu bringen.
Vor allem aber eröffnen sich mit dem Außenborder ganz andere
Einkaufsmöglichkeiten. Gelegentlich lässt es sich sogar ein paar Meilen bis
vor den Supermarkt fahren. Tatsächlich sieht man heute nur noch wenige
geruderte Beiboote.
Alternative Stromquellen - Solarzellen - Windgeneratoren
Kosten:
1500.- DM bis 10000.- DM
Immer wieder denke man daran, dass Fahrtensegeln zu zwei
Dritteln Aufenthalt im Hafen oder am Ankerplatz besteht. Man braucht Strom wie
zu Hause, das Kabel zur nächsten Steckdose an Land ist vie zu kurz und der
Motor, der die Batterien laden sollte, steht still. Ohne jetzt die alte
Problematik mit Generator etc anreißen zu wollen, sei nur daran erinnert, dass
nach einer technisch bedingten Faustregel vollkommen leere Batterien 10 (zehn!)
Stunden Ladezeit, also 10 Stunden Maschinenlaufzeit benötigen, um wieder zu
ihrer gewohnten Kapazität zu finden. Alternative Stromquellen sind längst
nicht derart leistungsfähig, wie sie sein sollten, aber es gibt nichts
effektiveres als eben Solarzellen, die teuer sind und sehr(!) viel Platz
benötigen oder der wegen seiner Geräuschentwicklung nervende Windgenerator,
der erst bei 5 Windstärken zur Hochform aufläuft, eine Windstärke, die wir -
gottlob - am Ankerplatz selten haben. Trotzdem: Man sieht heute kaum noch eine
Fahrtenyacht ohne Solarzelle oder/und Windgenerator.
Radar
Kosten: 5000.- DM
bis 8000.- DM
Jeder Radarbesitzer wird mir zustimmen, dass dieses Einauge
auf eine Langfahrtyacht gehört. Diejenigen, die ein Radar im Ernstfall (Nebel,
Nacht) noch nicht benutzt haben, sind da skeptisch. Vielleicht mag folgendes
überzeugen: Sogar der internationale Gesetzgeber, eher als stockkonservativ
einzuordnen, schreibt die Benutzung(!) des an Bord befindlichen Radargerätes
zwingend vor. Wer es nicht gleich einsieht, wird nachträglich die Schüssel
einbauen. Und das kostet zusätzlich richtig Geld, wenn man bedenkt, dass auf
unseren Einmastern ein achterlicher Radarmast oftmals ein guter Kompromiss ist.
Epirb
Kosten:
1000.- DM
bis 4000.- DM
Fast die wichtigste Sicherheitsausrüstung - heute dank
Satelliten weltweit eine Rückversicherung - darüber braucht man wohl kaum noch
Worte verlieren.
Rettungsinsel
Kosten:
3000.- DM
bis 8000.- DM
Mancher Skipper an der Küste glaubt noch, sich eine
Flucht-Insel sparen zu können. Auf Langfahrt ist sie aber
Mindest-Sicherheits-Standard. Auch auf einem Multihull muss sie an Bord sein,
auch wenn diese als "unsinkbar" gelten. Aber bei Feuer an Bord hilft
die ganze Unsinkbarkeit nichts mehr, nur noch die Rettungsinsel..
Werkzeug
Kosten:
1000.- DM
bis 5000.- DM
Man sei sich bewusst, dass auf Langfahrt die nächste Werft
oder auch nur eine leistungsfähige Reparaturwerkstätte Tausende von Meilen
entfernt ist. Selbst ist der Mann, auch wenn er "zwei linke Hände"
hat. Schließlich könnte es sein, dass der Ankerplatznachbar von Beruf
Mechaniker ist und helfen kann. Aber nur, wenn das entsprechende Werkzeug an
Bord ist. Leuchtet ein: Je üppiger eine Yacht ausgestattet ist, desto mehr
Werkzeug ist nötig. Für jedes Werkzeug gilt: Wenn man es nur ein einziges Mal
braucht, hat es sich schon rentiert.
Weltempfänger
Kosten: 1000.- DM
bis 3000.- DM
Unentbehrlich - schon wegen der Wetternachrichten. Die
Frequenzen müssen digital über das gesamte Kurzwellenband bis 30 Megahertz
einzugeben sein und die Frequenz muß er auch halten können. Wer es sich
leisten kann, kaufe sich für 3000.- DM einen Amateurtransceiver, der genügt
empfangseitig locker diesen Anforderungen und für den Notfall hat man auch
gleich einen Sender (wenn eine abgestimmte Antenne vorhanden ist, wie z.B. das
isolierte Achterstag mit Antennentuner (kostet alleine an die 1000.- DM).
Ziemlich notwendig beim
Fahrtensegeln:
Computer
Kosten: 1000.- DM
bis 5000.- DM
Manche hören das nicht gerne, aber Tatsache ist, dass es kaum
noch eine Langfahrtyacht ohne jeden Computer gibt. Solange er funktioniert ist
er heute dank entsprechender Software ein Teufelskerl. Der Seekarte auf dem
Bildschirm gehört die Zukunft, schon heute haben zahlreiche, auch kleinere
Weltreiseyachten die gesamte Erde in Form von sämtlichen See-"Karten"
auf der CD dabei. Tidenprogramme berechnen für jeden Ort der Welt die nächste
Hightide und per Fernschreiben oder Fax werden in den Computer die passenden
Wetterdaten gespielt. Ebenfalls ersetzt der Computer das - vorgeschriebene -
Logbuch, indem er Daten aus dem GPS fortlaufend mitschreibt.
Vorwindbeseglung
Kosten: 3000.- DM
bis 10000.- DM
Wer mit der Herde des ARC über den Atlantik segelt und seine
Freunde dabei hat, wir keine Passatsegel brauchen. Er setzt den Spinnaker ein
oder baumt andere Segel vor dem Wind aus, während ein aufmerksamer Rudergänger
schon aufpasst, dass die Segel immer ziehen. Wenn eine kleine Mannschaft -
typisch beim Blauwassersegeln - den großen Teich überquert, sind auch heute
Doppel-Focks (Passatfocks) notwendig, denn sie ziehen das Schiff auch bei der
naturgemäß vor dem Wind ungenau steuernden Selbststeueranlage gutmütig ohne
Halsengefahr über den Ozean.
Fahrrad
Kosten: 1000.- DM
schafft a Land Mobilität, auch wenn seine
Einsatzmöglichkeiten an manchen Plätzen sehr eingeschränkt sind. Entweder
gibt es keine vernünftigen Straßen oder aber es geht downtown bergauf -
natürlich!
Watermaker
Kosten: 5000.- DM
bis 15000.- DM
Dem war ich extrem skeptisch gegenüber gestanden. Zu viele
Schauergeschichten hab ich gehört über blockierte Membranen, mühsame
Wartungsarbeiten, schwierige Ersatzteilbeschaffung oder unrentable
Wasserausbeute. Seitdem ich an Bord meiner Yacht einen amerikanischen Watermaker
habe, der mit 8,5 Amperestunden mehr als dreißig Liter erstklassiges
Süßwasser produziert, bin ich dabei, umzudenken. Seit einem halben Jahr haben
wir von Land kein Wasser mehr übernommen, sind also auch keine Umwege gefahren,
haben keinen Zwang mehr verspürt, eine Marina aufzusuchen, riechen an Bord kein
Chlor mehr und können ohne Zeitlimit duschen. Weil wir mit leeren Tanks auch
auf längere Törns lossegeln können, sparen wir eine Menge Gewicht - 600
Kilogramm.
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