YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Frage von Sandy Kaspar

Hallo Sandy,

viele Fragen auf einmal. Doch, Sie haben schon recht, sie behandeln eigentlich alle das gleiche Thema. Warum finden es Menschen attraktiv, zur See zu fahren?

Eines vorweg: Ich glaube nicht, dass die See die eigentliche Attraktion ist. Es ist viel mehr der Anreiz, auf eigenem Kiel andere Gegenden und Länder und damit andere Menschen kennen zu lernen. Hinzu kommt bei den meisten, jedenfalls bei den Männern, im allgemeinen der Spieltrieb, und dem kann man auf einer Yacht, wie nirgendwo frönen. Denn es ist eine Herausforderung, sein Umfeld, speziell das technische, selber unter eigener Verantwortung so zu gestalten, dass man ein sicheres Leben führen kann, seien die Ankerplätze noch so unwirtlich oder das Wetter auf dem Meer noch so schlecht.

Man sollte sich da gar keine Illusionen machen. Der Skipper, speziell der Berufsskipper, führt, lenkt nicht nur das Schiff von Hafen zu Hafen,  sondern er ist darüber hinaus für die Sicherheit an Bord in jeder Lebenslage verantwortlich. Das heißt, an Bord soll, muss alles so funktionieren, wie es von Werft, Konstrukteur und letztlich vom Käufer vorgesehen ist. Ist dies bei einem Skipper mit eigener Yacht noch seine persönliche Sache, wie weit er sein Schiff vergammeln und verschlampen lässt, so steht der Berufsskipper unter der Knute des Eigners. Dieser bezahlt den Skipper dafür, dass er, der gutverdienende Yachteigner an den wenigen Tagen, wo er Zeit zum Segeln findet, ein perfektes Schiff vorfindet.

Für viele ist der Beruf eines "Skippers" auf einer Yacht oder Kapitäns, wie man früher gesagt hat, einer der schönsten. Denn bei kaum einem anderen Beruf ist Entscheidungsfreude so gefordert. Meist lautet der Auftrag des Arbeitgebers ja nur: "Meine Yacht muss in Top-Condition sein und am 1.Mai möchte ich in Tahiti oder sonst wo mit meinen Freunden segeln." Wie der Skipper das hinbringt ist seine Sache und wenn er es nicht schafft, dann ist er die längste Zeit wohl in dieser Position gewesen. Der Skipper wird auf dieser Basis zu "seinem" Schiff mit der Zeit ein ähnliches Verhältnis gewinnen als sei er der Eigner. Er kommt in eine Stellung, auch gesellschaftlich, die er privat niemals erreichen würde. Das ist wohl einer der Hauptattraktionen am Skipperdasein.

Dass diese Jobs sehr begehrt sind, hat eine Kehrseite. Meistens, so wie Sie ja schon festgestellt haben, sparen die Eigner dann am Personal. Versicherungen und Sozialabgaben sind bei der großen Nachfrage nach Skipper-Positionen oft nicht drin. Die meisten Skipper nehmen das aber nicht so tragisch, denn schließlich haben sie, wie sie glauben, den Beruf mit der ganz großen persönlichen Freiheit gefunden.

Es ist -  leider, wie ich meine - bezeichnend, dass eine 16-jährige Schülerin die ziemlich unverblümte Frage nach der Altersversorgung stellt. Das spricht für Ihr Verantwortungsbewusstsein, aber gegen unsere Gesellschaft. Werden wir denn erwachsen, um zu leben oder um für unsere Alter zu sorgen? Die Skipper, von denen Sie sprechen, haben ihre Prioritäten anders gesetzt. Zuerst das Leben, dann die soziale Sicherheit. So zu denken, ist das Privileg der Jugend und gesund.

Im übrigen haben die meisten Skipper, die ich kenne, auf Grund Ihrer freien Denkweise und der ungeheuren Lebenserfahrung, die sie als Skipper sammeln konnten, später dann doch noch alle Probleme irgendwie gemeistert, was ihre frühere Lockerheit nachträglich doch gerechtfertigt hat.

Übrigens, in einem Punkt täuschen Sie sich. Auf einem Schiff, auch auf einer kleinen Yacht ist es nicht eng, wenn, darauf kommt es an, Sie auf diesem Schiff zu Hause sind. Als Besucherin, als Gast spüren Sie sehr wohl, dass diese kleine Welt nur 12 Meter oder eben 52 Fuß lang ist und Sie fühlen sich nach einiger Zeit eingesperrt. Wenn es "Ihr" schiff, Ihre Welt ist, dann haben Sie genug Lebensraum. Wenn ich an die vier Jahre zurückdenke, die Carla und ich auf einer 10 Meter langen Yacht verbracht haben, dann ist es uns nicht einen Moment zu eng gewesen, hatten wir niemals das Gefühl, mal wieder in einem Haus schlafen zu müssen.

Mit den Freunden verhält es sich ebenso. Auch heute noch haben wir zahlreiche Freunde und gute Bekannte unter den Yachtsleuten rund um die Welt, jedenfalls mehr als in unserem "bürgerlichen" Leben. Ganz im Gegenteil - auf jedem neuen Ankerplatz haben Sie die Chance neue Freunde zu finden, was im bürgerlichen Alltagstrott - der ja nur zwei Schwerpunkte kennt: Arbeitsstelle und zu Hause - in dieser Vielfalt nicht möglich ist.

Zu Ihrer Frage, wie man sonst unterwegs Geld verdienen kann, habe ich schon oft meine Meinung geäußert. Deshalb kurz zusammengefasst: Unterwegs ist es extrem schwer, Geld zu verdienen. Denn die meisten Länder haben mehr Arbeitslose wie wir. Aber noch immer hat es sich gezeigt: Wer arbeiten will und was kann, wird auch einigermaßen zurecht kommen - wenn auch nicht immer ganz legal. 

Smooth Sailing!

Bobby Schenk.

 

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