YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk antwortet


Frage von Roland feucht

Hallo, Herr Feucht,

Sie haben recht. Als wir vor rund 10 Jahren mit einem winzigen einmotorigen Flugzeug von den Kapverden nach Brasilien 3000 Kilometer weit geflogen sind, haben wir den Sextanten zur Navigation benutzt, weil damals zwar gerade die ersten GPS in Kistengröße auf den Markt kamen, aber noch nicht ausreichend viele Satelliten "oben" waren. GPS-Navigation war auf unserer Flugroute am Äquators im Atlantik nicht möglich.

Wir mussten aber navigieren - nicht koppeln -, denn wenn wir nach 11 Stunden nur unbemerkt 100 Meilen seitwärts vom Wind abgetrieben worden wären (was schon bei drei Windstärken von der Seite her möglich gewesen wäre), hätten wir den Flugplatz in Recife verfehlt und wären irgendwo im Urwald wohl abgestürzt. Tatsächlich sind wir ja nur mit ein paar Litern Sprit im Tank angekommen.

Nachdem in unserer Flughöhe von 4000 Metern der Horizont nur zu erahnen ist, vertraute ich einem künstlichen Horizont, also einer Art "Wasserwaage". Ich hatte diesen noch in Deutschland auf festem Boden ausprobiert und er schien auch einigermaßen genaue Standlinien  (ca 20 Meilen) zu ergeben. Während des Fluges erhielt ich auch eine Sonnenstandlinie, die ziemlich genau auf unserem beabsichtigtem Kurs lag - also keine Abtrift!

 

Der Flug war übrigens voll auf die Navigation ausgerichtet. Der Start erfolgte noch in finsterer Nacht, damit ich die Sonne nach der Hälfte der Strecke ziemlich genau querab hatte und damit eine Standlinie erhielt, die parallel zu unserem Kurs verlief. Eine Standlinie zu versegeln und damit zu einem Ort zu kommen, war ja bei einer Geschwindigkeit von 120 Knoten nicht möglich.

Umso größer war aber das Erschrecken, als wir später an einem spiegelglatten Ankerplatz in Patagonien von einer Yacht aus den künstlichen Horizont in Ruhe testeten. Obwohl hierzu nur erfahrene Segler den Sextanten in die Hand nahmen, waren die Ergebnisse so abenteuerlich - bis zu 500 Meilen daneben - dass ich leider zum Schluss kommen muss, dass die Messergebnisse vor und während des Fluges reiner Zufall waren. Nicht nur das: So ein künstlicher Horizont, sei er noch so liebevoll konstruiert, ist in der Bordpraxis, auch bei besten Messverhältnissen, völlig unbrauchbar.

Damit hat sich ihre  Frage, ob der künstliche Horizont auch nach der Dämmerung eingesetzt werden kann, erledigt.

Immer ein genaues Fix mit dem natürlichen Horizont

wünscht Bobby Schenk

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