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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Werner Lenz
Hallo Werner Lenz,
das ist sicher einer der "heißesten" Fragen, die sich
beim Leben an Bord ergeben. Denn letztlich ist die Frage der Energiebeschaffung
auf einem Segelschiff ohne Steckdose in der Nähe die wichtigste und -
noch nicht perfekt gelöst. Zudem erkenne ich aus der Vielzahl der Fragen
gerade zu diesem Thema, dass doch endlich das Problem der Energiebeschaffung auf
einer Segelyacht langsam erkannt wird.
Ich glaube, dass ich dazu etwas sagen kann: Immerhin leben wir,
Carla und ich, seit eineinhalb Jahren auf unserem Kat und versorgen uns dabei
energiemäßig selbst - die wenigen Tage, wo wir in Marinas liegen, ausgenommen.
Praktisch
wird auf unserem Kat die Energieversorgung am Ankerplatz ausschließlich mittels
Sonnenenergie,
also über Solarpaneele vorgenommen. Wir verfügen über 450 Watt Solarzellen
von Siemens,
die auf dem Bimini fest "eingebaut" sind und über weitere ca.250 Watt
(von Shell), die "mobil" sind, also je nach Sonnenstellung oder
Liegeplatzrichtung auf Deck oder auf dem Dach ausgelegt werden können.
Das sind also rund 750 Watt, macht - rein rechnerisch - 750 Watt
geteilt durch 13,5 Volt mittlere Ladespannung: 55 Ampere.
"Damit hast Du ausgesorgt, das kannst Du nie
verbrauchen!" meinte unser Freund, der Eismann, der uns die Solarpaneele
eingebaut hatte. Damit irrte er sich:
Die Praxis sieht so aus: Wenn um 8 Uhr Ortszeit morgens - an
einem sonnigen Tag im Süden - die Sonne zu arbeiten beginnt, dann werden rund 5
bis 10 Ampere erzeugt. Im Laufe des Vormittags steigt dann die Ausbeute, sodass
bei höchstem Sonnenstand und ohne jeden Schatten auf den Paneelen auf unserem
unverzichtbaren Batterie-Controller von Magnetronic (das wichtigste Instrument an
Bord) die "20" überschritten werden, wobei ich schon mal beobachtet
habe, wie die "25A" gestreift wurden. In der zweiten Tageshälfte
geht es dann spiegelbildlich wieder abwärts.
Das
gilt allerdings nur dann, wenn die Paneele nicht im geringsten abgeschattet
werden. Bedeckt sich der Himmel, geht an hellen Tagen um die Mittagszeit schnell
die Ausbeute auf unter 5 Ampere zurück.
Die Bordpraxis
in der Türkei, wo zur Sommerzeit Wolken praktisch nicht existent sind, sah dann
auf der THALASSA so aus: Mit Sonnenenergie alleine konnte Trinkwasser erzeugt
werden - Strombedarf durchschnittlich pro Tag 15 Amperestunden. Außerdem lief
die Tiefkühltruhe mit 80 Ah/Tag und der Kühlschrank mit 35 Ah/Tag. Bis auf
etwas Licht am Abend und Strom für Notebook, Sender und Radio wurde kaum Strom
verbraucht.
Hier in Panama, wo jeden Tag die Sonne
scheint, es aber auch jeden Tag zu Schauern kommt, kann die Tiefkühltruhe nicht
mehr betrieben werden und der erzeugte Strom reicht knapp, wenn abends jeweils
nur eine Birne brennt.
Immerhin: Wir haben noch nie zur
Stromerzeugung auf dem Ankerplatz die Maschine laufen lassen müssen. Und ein
Generator ist - selbstverständlich - nicht an Bord, warum auch?
Anders
sieht es unterwegs aus: Dort wird häufig die elektrische Selbststeueranlage
benutzt, außerdem müssen nachts Lichter - sparsamst - gefahren werden. Läuft
der - in heißen Gegenden - unverzichtbare Kühlschrank, so muss unter Segel
alle zwei Tage eine der Maschinen für zwei Stunden mitlaufen.
Man
kann es auch so zusammenfassen:
Am Ankerplatz in
südlichen Gegenden mit viel Sonne:
-
Kühlschrank
-
Tiefkühltruhe
-
Wassererzeugung
-
normaler
Bordbetrieb (Sender, Computer, Frischwasserpumpe etc)
-
sparsamer
Lichteinsatz - möglichst immer nur eine Birne.
-
Ankerlicht
Am
Ankerplatz in südlichen Gegenden mit Sonne und Regen:
-
Kühlschrank
-
Tiefkühltruhe
-
Wassererzeugung
-
normaler
Bordbetrieb (Sender, Computer, Frischwasserpumpe etc)
-
sparsamer
Lichteinsatz - möglichst immer nur eine Birne.
-
Ankerlicht
(Sparausführung)
-
Unterwegs in südlichen Gegenden:
-
Kühlschrank
-
Wassererzeugung
-
normaler
Bordbetrieb (Sender, Computer, Frischwasserpumpe etc)
-
sparsamer
Lichteinsatz - möglichst immer nur eine Birne.
-
Navigationslichter bei
Bedarf
-
elektrische
Selbststeueranlage
-
zusätzlich pro Tag ein 1
bis 2 Stunden Hauptmaschine
Persönliches Resümee:
Solarzellen
sind unverzichtbar, sowohl auf einem Einrumpfer als auch auf einem Multihull.
Wobei die Anbringung auf einem Kat wegen der großen Fläche unproblematischer
ist. Einer durchaus wünschenswerten Ausrichtung der Solarpaneele nach der Sonne
stehen in der Bordpraxis unüberwindbare Schwierigkeiten entgegen. Dagegen
scheint das Temperaturproblem unter den Paneelen nur eine untergeordnete Rolle
zu spielen. Die für den Wirkungsgrad der Solarzellen erwünschten
Tiefsttemperaturen sind an Bord ohnehin illusorisch.
Je
mehr Solarzellen, desto besser! Bei uns haben sie bei einem Anschaffungspreis
von knappen 10000.- DM einen Generator voll ersetzt, der ungefähr das Dreifache
kostet, Lärm und Abgase erzeugt, von den Wartungsproblemen ganz zu schweigen.
Am Ankerplatz musste bei uns nicht einmal die Haupt-Maschine zur Stromerzeugung
laufen.
Und ein
Windgenerator? Ich habe mich bei Dutzenden Besitzern und Betreibern
von Windgeneratoren auf Yachten erkundigt. Deren Angaben von Fakten (und viele
waren noch geschönt) waren so dramatisch enttäuschend, dass unter den
Umständen unseres Bordlebens in den letzten 18 Monaten keine 10 Prozent von dem
auf der THALASSA erzeugten Strom mit Wind erzeugt hätten werden können - vom
zum Teil infernalischen Kreissägen-Lärm mancher dieser gefährlichen Rotoren
mal abgesehen. Dagegen haben sich einige erfahrene Langfahrtsegler sehr positiv
über Schleppgeneratoren und UW-Generatoren (ein "Schleppgenerator"
fix eingebaut, ähnlich einem Aussenborder) ausgesprochen, die wohl auch unsere
Probleme unterwegs lösen würden. Eben nur unterwegs!
In
südlichen Gewässern jedenfalls sind (möglichst viele) Solarzellen auf einer
Yacht ein Muss!
Zum Abschluss eine Episode, die ich bei
meinem letzten Landaufenthalt erlebt hatte. Da regte sich mein Beifahrer im Auto
über ein parkendes Auto auf, in dem der Motor lief. Derselbe Beifahrer ist
Yachtbesitzer, der nichts dabei findet, wenn auf seinem Schiff am Ankerplatz
stundenlang - täglich - der Generator rattert und stinkt.
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