YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Jutta Keim
Liebe Jutta, lieber Manfred Keim,
grundsätzlich ist jeder Schiffskauf schwierig, was nicht
nur für Second-Hand-Schiffe, sondern auch für werftneue Yachten gilt. Die
meisten Yachtkäufer in spe machen den Fehler, dass sie in Bezug auf die
erwartete Qualität von unserem gewohnten Industriestandard, was fabrikneue Artikel anbetrifft, ausgehen. Das gilt aber
für Yachten ganz bestimmt nicht. Keinesfalls können sie so perfekt
ausgeliefert werden, wie beispielsweise Autos. Vom manchen Autotypen werden
Millionen produziert, von manchen bekannten Serienyachten höchstens ein paar
hundert. Letztere kommen also, legt man Industrienormen an, über den Status von
Prototypen nicht hinaus. Das hat aber zur Folge, dass der Eigner in fast allen
Fällen in den ersten Jahren, seine Yacht erst so richtig auf "Vordermann" bringt.
Den Ärger und die aufgewendete Zeit kann man sich ersparen,
wenn man eine Gebrauchtyacht kauft - ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Um so mehr, sollte man meinen, gilt dies für
Weltumsegelyachten, zumal damit häufig schon Meilenleistungen vollbracht worden
sind, die der Normalsegler in seinem ganzen Leben nicht zusammenbringt.
Deshalb die Idee, eine "Weltumsegelyacht" zu kaufen!
Allerdings ist hier, wie immer beim Gebrauchtbootkauf, Vorsicht angesagt.
Gelegentlich stehen nämlich solche Yachten auch deshalb zum Verkauf, weil sie
die Ursache sind für eine abgebrochene Weltumsegelung. Zuviel Ärger hat der
Eigner damit gehabt, sie in seetüchtigem Zustand zu bringen und halten - und hat
schließlich aufgegeben. Derartige Yachten zu erkennen, ist allerdings bei
einiger Erfahrung recht einfach. Schon das Äußere verrät, dass der Eigner
sich schon lange innerlich von seinem Schiff gelöst hat.
Andererseits kann das Schild "For Sale" auch
aussagen, dass - aus welchen sonstigen Gründen auch immer - das Schiff nicht
weitergesegelt werden kann. Oft sind es gescheiterte Partnerschaften, die den
großen Törn vorzeitig beendet haben. In diesem Falle kann man die Yacht mit
umfangreichsten Zubehör (wie meistens bei Langfahrtyachten) schon deshalb
günstig erwerben, weil sie an exotischen Plätzen mit wenig
"Laufkundschaft" liegt oder, was häufig ist, weil Geld dringend zum
Auszahlen des Partners benötigt wird.
An
den Knotenpunkten der Blauwasserrouten findet man solche Yachten,
zum Beispiel in Trinidad, was schlechthin das Yachtzentrum der Karibik geworden
ist. Unter den viertausend Langfahrtyachten, die dort in den Marinas und auf den
Ankerplätzen rumliegen, finden sich zahlreiche, die zum Teil recht preiswert
zum Verkauf angeboten werden - die Aushänge in den zahlreichen Internet-Cafes
beweisen es. Dort steht beispielsweise der deutsche Weltumsegler-Kat ViteVite in
bester Verfassung zum Verkauf. Der Eigner möchte sich wieder an Land beruflich
betätigen.
 Französisch
Polynesien ist ein Yachtzentrum, das wohl kein Blauwassersegler auslässt.
Immerhin ist man nach der "halben" Weltumsegelung im angeblich
schönsten Teil der Welt angekommen. Häufig stellt sich da bei einigen eine
gewisse Segelmüdigkeit ein. Aufgeben aber geht nicht mit einer Yacht als Klotz
am Bein. Und ehrlich, vielen Yachten sieht man das auch
an. Im Hafen von Papeete liegen sie dann, die Yachten, von denen sich die Eigner
gerne trennen würden. Schnäppchen sind auch dabei, wie eine 30-Fuß-Yacht,
komplett ausgerüstet für unter 25 Tausend Euro.
Der Vorteil für einen deutschen Käufer dürfte auch die
Tatsache sein, dass viele der Yachten in Tahiti bereits die CE-Normen erfüllen,
ohne die eine - spätere - Einfuhr in dei EG nicht möglich oder nur mit sehr
(teuren) Hindernissen möglich ist.
Das gilt ganz besonders dann, wenn man versucht, in
Neuseeland, in Australien oder in Südafrika eine Yacht zu kaufen. In diesen
Ländern werden sehr gute Fahrtenyachten gebaut, auch wenn sie nach unseren
hochglanzprospektverdorbenen Geschmäckern etwas altbacken sind - was nicht das
Schlechteste ist. Yachten, die dort nicht zur großen Fahrt losgekommen sind,
sind meist in Fragen der Seetüchtigkeit auf hohem Standard.
 Aber
auch in Europa kann man fündig werden. Die CE-Problematik stellt sich dabei
erst gar nicht. Besonders das Dolce Vita im Mittelmeer ist oftmals ein
Träumekiller, soll heissen, viele sehen nach dem Traumsegeln im Mittelmeer erst
gar keinen Grund mehr, dieses zu verlassen und geben ihr Weltumsegelpläne auf,
bevor die große Reise erst so richtig begonnen hat. Die Türkei ist so ein
Traum-Revier, wo man sich schon ernsthaft fragt, warum man dieses nur deshalb
verlassen muss, um hinterher sagen zu können: "Wir sind um die Welt
gesegelt!".
So
ist es Siggi und Marita mit ihrer Traumyacht Sunrise - Najad 520
ergangen, die ebenfalls für eine
Weltumsegelung liebevoll ausgesucht und ausgerüstet wurde und so - immer noch
startbereit in der Türkei - nunmehr einen neuen Eigner sucht. Nicht gerade ein Schnäppchen,
aber schließlich kostet Erster-Klasse-Reisen auf einer Yacht auch etwas mehr
als ein Luxusauto. Was kein guter Vergleich ist, denn eine Yacht wie die Sunrise
ist Luxusfahrzeug und Villa zugleich.
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