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YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von Ralph Gärtner
Lieber Ralph Gärtner,
nein, unsportlich ist die Benutzung von Rollsegel nicht! Wenn
Sie sich beklagen, dass Ihnen kein "klassisches" Segel mehr
untergekommen ist, mag das an Ihrer Jugend liegen, oder dass Sie erst noch nicht
so lange Segelsport betreiben.
Wie war das denn nach dem Krieg, als die Wassersportwelle
anfing zu rollen und zigtausende unter Segel ihren Urlaub verbringen wollten?
Die wenigen Eigner von Yachten taten sich leicht, genügend Mitsegler zu finden
und nicht selten ging eine Yacht von acht oder neun Metern Länge (galt als
"groß") mit sechs Mann Besatzung auf Ferientörn. Da war es ein
leichtes, die Segel an Stagreitern zu bedienen und auszuwechseln - auch wenn
einem da oft das nasse Vorschiff nicht erspart wurde.
Heute besitzen viele Hobbysegler eigene Yachten und oft ist es
schwierig, genügend viele Mitsegler zu finden. Zigtausende haben sich den Traum
von der eigenen Yacht erfüllt und so wird heute oft die Yacht mit kleiner
Mannschaft - meist ein Paar - gesegelt. Hinzu kommt, dass die durchschnittliche
Größe einer Yacht in den letzten Jahren drastisch zugenommen hat, die
Wohlstandsgesellschaft kann es sich leisten.
Noch extremer geht es in der Charterszene zu: Da ist die
Größe der Yacht oft nicht einmal ein Kostenfaktor, sondern man segelt halt auf
einer 50-Fuß-Yacht zu acht oder neun, sodass der Einzelne Sportsfreund nicht
übermäßig zur Kasse gebeten wird. Auf so großen Yachten erreichen aber die
Segel schon Flächen, die so einfach nicht mehr zu bändigen sind - vor allem,
und darauf kommt es ja an - in schwerem Wetter. Da ist es schon ein
Sicherheitsfaktor, wenn bei Aufkommen eines Gewitters in wenigen Sekunden die
Genua bis auf einen kleinen Rest weggerollt werden kann, ohne dass ein Mann aufs
nasse und gefährliche Vorschiff muss.
Dass manche Langfahrtyachten heute schon Größen angenommen
haben, die vom Eignerpaar ohne mechanische Hilfen wie Rolleinrichtungen, gar
elektrisch oder hydraulisch betrieben, gar nicht mehr sicher gehandhabt werden
können, sei hier nur am Rande erwähnt.
Letztlich: Was ist sportlicher? Eine 10-Meter-Yacht zu sechst
ohne Rollvorrichtung zu segeln oder eine 16-Meter-Yacht, Verdrängung 25 Tonnen,
mit einer Zweier-Crew?
Ein ganz anderes Problem ist die Tatsache, dass viele
Hochseesegler gar nicht mehr mit Leinen und Segel richtig umgehen können, weil
sie es eben in der Praxis nie gelernt haben. Das Umlegen des
Bugstrahls-Joysticks ersetzt das Ausbringen einer Verholleine mit Hilfe des
Beibootes, ein Schalterdruck und die Genua mit 60 Quadratmetern wird am Wind
dichtgeholt. Dies aber zu bedauern, hieße die Zeit zurückdrehen zu wollen.
Nebenbei: Was mich an solchen Knopfdruck-Seglern gelegentlich stört, ist
oftmals deren Hochmut gegenüber den Motorbootfahrern. Dabei sind letztere ja
oft die ehrlicheren, diejenigen also, die sich erst gar nicht als die großen
Sportler ausgeben wollen.
Die
Nachteile von Rollsegel sind schnell aufgezählt: Es ist der schlechte
Segelstand, wobei dies vor allem bei Amwindkursen von Bedeutung ist. Um
beispielsweise das Groß in den Mast (oder in den Großbaum) eindrehen zu
können, bedarf es eines Schnittes, der sich nicht am Bauch, also am Profil,
orientiert, sondern eben an der Geometrie des Riggs. Solche Großsegel sind
optisch schon manchmal eine Beleidigung für das Seglerauge. Hinzu kommt, dass
Segellatten hier ebenfalls kaum zur Erzeugung eines effektiven Profils
eingesetzt werden können. Das Bild zeigt übrigens die Besegelung einer
Luxus-Segelyacht für mehrere Millionen (Euro). Ein Beweis, wie unlösbar die
Problematik bei Großsegeln ist.
Rollfocks auf Fahrtenyachten dagegen haben fast nur Vorteile,
sodass sie sich in den letzten zehn Jahren generell durchgesetzt haben. Bedenken
gegen ihre Zuverlässigkeit mit dem Schreckensbild einer schlagenden Genua, die
sich im Sturm nicht mehr eindrehen lässt, sind längst durch gute Mechanik
zerstreut worden. Selbst auf Fahrtenyachten, die ja oft nicht mal schnell den
nächsten Hafen anlaufen können, um eventuelle Schwierigkeiten mit dem
Rolllmechanismus zu beheben, sind heute Rollfocks Standard.
Mast- und Schotbruch
Bobby Schenk
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