Weltumsegelyacht für unter 50 Tausend Euro



Vorbemerkung

Eine Langfahrt auf einer Segelyacht, eine Weltumsegelung ,ist eine sehr persönliche Sache, ja, gelegentlich eine Lebensform. Deshalb können hier nur Anhaltspunkte, Tipps weitergegeben werden, um demjenigen, der vom "großen" Abenteuer träumend noch zu Hause sitzt, weiterzuhelfen. Wenn in diesem Zusammenhang selbstverständlich vom Geld gesprochen werden muss, sollte vor allem eines bedacht werden: Die Durchführung einer solchen Reise, die Anschaffung einer Yacht dazu, war noch nie in erster(!) Linie eine Frage der Finanzen. Es gibt ungezählte Beispiele dafür, daß solche Reisen mit ganz bescheidenen finanziellen Mitteln durchgeführt wurden, daß sich jede Yacht zur Weltumsegelungsyacht har hintrimmen hat lassen. Erinnern wir uns: Lebenskünstler Moitessier, einst ein armer Teufel, hatte nach dem Verlust seiner ersten Yacht auf Diego Garcia allen Ernstes den Plan, eine Yacht aus Papier zu bauen. Den verwarf er allerdings und kam so zu seiner berühmten JOSHUA.

Trotzdem: Ganz ohne Geld geht es nicht und so sei hier die Rede von einer Fahrtenyacht, die möglichst seetüchtig sein und nicht über fünfzigtausend Euro kosten soll, um irgendeinen Kostenrahmen vorzugeben.

Eines muss aber vorweg bemerkt werden: Je weniger Geld vorhanden, desto kleiner muss die Yacht sein, und umso sportlicher sollte die Einstellung sein! Was früher ein absolutes NoGo war, nämlich sich als Anfänger eine Yacht zu kaufen, um mal eben um die Welt zu segeln, schwirrt heute zunehmend in manchen Köpfen herum. Denen sei, kurz gefaßt, gesagt: Kleine Yachten taugen für Anfänger im Segeln erst gar nicht!

Schiffsgröße

Eben eine Frage der Sportlichkeit: Ich hab ein Ehepaar getroffen, die mit einer SHARK 24, also gerade mal sieben Meter lang, immerhin von England nach Australien gesegelt waren - zusammen mit ihrem Kleinkind. Nach dem 2.Weltkrieg, als das Fahrtensegeln populär wurde, galt eine 10-Meter-Yacht als groß und mehr als ausreichend für eine Weltumsegelung. Die WANDERER III des großen Eric Hiscock war nur 30 Fuß lang und trotzdem haben Eric und Susan die Yacht zweimal um die Erde gesegelt. Das erste deutsche Weltumseglerpaar, die Kochs, steuerten ihre KAIROS (siehe das auch heute noch lesenswerte Buch "Hundeleben in Herrlichkeit") über die Ozeane bei einer Länge über alles von neun Meter.

Wenn also mein Budget beschränkt ist, würde ich 10 Meter Schiffslänge (über alles) anpeilen. Aber in einem muss man sich im Klaren sein: Grundsätzlich steigt mit der Schiffsgröße die Sicherheit, daneben der Komfort. Dass es jedoch geht und auch ausreichend sicher ist - siehe oben.

Der Preis für die Yacht

Bei fünfzigtausend Euro für die "Sparyacht" sollten so 10 Meter über alles drin sein, wenn man sich auf dem Gebrauchtbootmarkt umsieht. Ein Neubau kommt dabei sicher nicht in Frage, denn da führt kein Weg hin, wenn man sich überlegt, dass man für eine 34-Fuß-Yacht aus den "Edelwerften" bis zu einer Viertel Million Euro hinlegen darf.

In den letzten Jahren und auch jetzt, wo die Auftragslage selbst in Corona-Zeiten sich wieder verbessert, wird der Markt geradezu überschwemmt mit Neubauten für den Charterbetrieb. Sogenannte Billig-Werften ("billig" kommt immer auf die Einstellung und auf die Vermögensverhältnisse des Beurteilers an) bauen bis zu 1000 Einheiten pro Jahr, eine ungeheure Zahl, wenn man bedenkt, dass eine mittelständische Werften gerade mal 70, 80 Yachten oder meist nur ein paar im Jahr baut. Diese Situation drückt auf den Second-Hand-Markt mit einem geradezu dramatischen Wertverlust.

Ausserdem kommen Yachten aus dem letzten Jahrhundert nunmehr in die Jahre, sodass der Markt mit Angeboten aus den 80er und 90er Jahren regelrecht überfüllt ist. Man sehe sich mal die Verkaufsanzeigen bei den großen Internetagenturen, aber auch die entsprechenden Seiten in der YACHT an. Der Kaufinteressent hat deshalb alle Trümpfe, vor allem als Barzahler. Mehr als 30 Tausend Euro würde ich also heute für eine gebrauchte 10 Meter Yacht nicht ausgeben - dann kommen natürlich noch die Asurüstung und der Umbau hinzu! Einen Vorteil hat der Kauf einer Yacht aus diesen Jahren ohnehin. Die Schiffe haben ihre Eignung als Hochseeyacht schon bewiesen. Vor Überraschungen in diesem Punkt ist man also einigermaßen sicher.

Beim Schiffskauf einer in die Jahre gekommenen Yacht für unseren Zweck sollte man sich nicht durchs Zubehör der angebotenen Yacht blenden lassen. Das ist beim Alter der Yacht meist nichts mehr wert, jedenfalls fast immer überflüssig.

Der Baustoff

Da kommt nur Kunststoff in Frage. Hände weg von alten Holzschiffen, da ist immer(!) der Wurm drin. Wortwörtlich, denn in tropischen Gewässern lauert der zerstörerische Teredowurm. Diese Einschränkung gilt auch für Kunststoffyachten mit hölzernen Decks, wie sie in den 60er und 70er Jahren gebaut wurden. Die agressive Sonne wird in den Tropen mit allen Hölzern fertig. Kurzum: Eine Holzyacht kann gar nicht so billig sein, als dass sie nicht zu teuer wäre. Für eine Stahlyacht sprechen in dieser Schiffsgröße ebenfalls keine Argumente. Sie ist auch zu arbeitsintensiv und damit zu teuer. Da gibt es allerdings noch immer "Idealisten", die an die eigene Arbeitskraft glauben. Die alleine bringt es aber nicht, wenn das Geld für die Arbeiten und Matewraliewn fehlt.

Alte Kunststoffschiffe - kann man dazu noch Vertrauen haben? Die Frage " was taugen alte Kunststoffschiffe" hab ich schon mehrfach in der Rubrik "Fragen" - hier! - beantwortet.

Welche Schiffe sind hochseetüchtig?

Man könnte darauf eine sehr vereinfachende Aussage machen: "Alle". Wir haben hier und nachfolgend einige Aufnahmen gesammelt, die wir oft draussen auf hoher See oder im Hafen gemacht haben. Der Fischer zum Beispiel fährt nicht gelegentlich auf Fischfang, sondern er ist belebt mit zwei, drei Mann, die nachts Ihrem Beruf nachgehen. Sie bleiben oft tagelang draußen, um ihren Broterwerb nachzugehen.

Mal ehrlich! Würden Sie sich trauen, mit so einem "Kahn" einen großen Hochseetörn zu fahren? Ich will Ihnen sagen, warum Sie - selbstkritisch - das nicht machen würden. Weil wir viel zu sehr durch die sogenannte Zivilisation verweichlicht sind, weil wir uns längst von der Natur entfernt haben und/oder unser körperliches Wohlergehen in unserem Lebensrhytmus an erster Stelle steht.

Wenn wir für uns für ein sparsames Blauwassesleben leisten wollen, dann müssen wir uns in den meisten Fällen uns ändern. Das geschieht nicht allein dadurch, dass wir mal mit der ARC über den Atlantik mitfahren. Ein vielsagender Spruch aus dem Jahr 200 nach Christi:"Caelum, non animum mutant, qui trans mare currunt" (Das Klima, nicht aber ihre Seele ändern die, die übers Meer fahren). Wir müssen also unser Leben dramatisch umkrempeln, wenn wir und den ganz großen Törn leisten wollen.

Grundsätzliche Überlegungen

Unser Budget wird ausreichen, wenn wir uns überall da beschränken, wo es irgendwie geht - ohne dass die Sicherheit eingeschränkt wird. Wenige Dinge, die dem Komfort dienen, müssen wir von vorneherein abschreiben. Man muß sich halt damit abfinden, daß ein in den Tropen funktionierender Kühlschrank auf einer Sparyacht von 10 Metern nicht zu realisieren ist. Das geht, wir haben auf unseren Törns um die Welt zwar einen Kühlschrank gehabt, aber der war mangels Strom nie in Betrieb. Manch einer wird nun auf die angeblich so effektiven Solarzellen hinweisen. Gut, vor allem, wenn man Platz hat, und am besten eine Lithium-Batterie. Und damit wären wir schon in einem Kreislauf drin, der bei der Suche nach einer Sparversion einer Yacht ein Irrweg ist. Finden Sie sich also damit ab, dass Sie untwerwegs auf kaltes Bier oder gar Eiswürfel oft verzichten müssen! Die fehlende Kühlmöglichkeit ist aber schon die einzige wesentliche Einschränkung beim Komfort.

Ansonsten spricht nichts dagegen, mit einer alten Kunststoffyacht, soweit sie strukturell noch in Ordnung und - wichtigst - frei von Osmose ist, auf große Fahrt zu gehen. Ich werde immer wieder von Weltumsegel-Träumern gefragt, welche Gebrauchtyacht das beste Schiff zum Blauwassersegeln ist: Der 35-Fuß Kreuzer A oder der 32-Fuß-Kreuzer B, wo doch der letztere unter Vollzeug schneller Läuft? Meine Antwort: Kaufen Sie die Yacht, die in einem besseren Zustand ist!

Wo läßt es sich sparen?

Gewiss nicht bei der Sicherheitsausrüstung: Lifelines, Rettungswesten und eine Rettungsinsel müssen sein. Auch Seenotbake, eine moderne Epirb (500 €) muss an Bord sein!

Auf eine Diesel-Maschine können wir heute nicht mehr verzichten. Dies ist auch ein Gebot der Sicherheit, um uns aus unguten Situationen befreien zu können. Wie sollen wir denn sonst in der Flaute einem Cargo-Ship ausweichen, auf dessen Brücke die Mannschaft pennt oder prostet, was auf den menschenleeren Weltmeeren nichts Ungewöhnliches ist? Die Lichtmaschine am Diesel ist gut für die Starterbatterie, zu viel mehr taugt sie mangels Batteriekapazität nicht. Man hüte sich vor dem Gedanken, damit könne man nachts auf einer in die Jahre gekommenen Yacht die vorgeschriebenen Lichter fahren. Das kleine Einmaleins müsste ausreichen, um festzustellen, dass die Batterie kaum für zwei Nächte reicht. Das allerdings lässt sich auf einer alten Yacht leicht dadurch umgehen, dass man alle (wirklich alle) Glühbirnen auf der alten Yacht, sowohl an Deck, im Mast und in der Kajüte gegen LED-Lampen austauscht. Das bringt eine Stromersparnis von sage und schreibe 90 Prozent!

Auf ein Beiboot kann man ebenfalls nicht verzichten, denn die meiste Zeit wird man, mangels Pier und erst recht schon wegen der Kosten, am Ankerplatz liegen. Man hüte sich vor Badebooten. Ein (Marken-)Schlauchboot oder ein Banana-Boot muss es sein.

Ein Ankerspill brauchen wir nicht. Denn die Achtmillimeterkette können wir viel schneller per Hand einholen. Eine altmodische (preiswerte) Pallklinke (links), die das Kettenglied festkneift und uns ein Atemholen erlaubt, wäre gut. Als Ankergeschirr reichen 60 Meter Kette, 100 Meter Trosse (kein Kettenvorlauf, der lässt sich nicht ausrudern) sind genug, wenn noch zwei Reserveanker an Bord sind. Planen wir eine Tour durch den Panamakanal, sollten wir noch vier Trossen von je 50 Meter haben - die sind auch sonst recht praktisch, speziell bei Ankermanövern, und vielfach einsetzbar.

Sind am Rigg unseres Second-Hand-Bootes Änderungen vorzunehmen, erinnere man sich an die Tatsache, dass verzinktes Eisen (Stahl) meist stärker ist als Chrom-Stahl ("Nirosta"). Gleiches gilt für das stehende Gut. Verzinkter Stahldraht ist von der Stärke her besser als Niro und kostet nur einen Bruchteil. Die Berufsfischer verwenden ihn auch heute noch.

Am meisten wird man wohl in der Navigation und bei den Instrumenten einsparen können. Unseren Spieltrieb, der nach Plotter und Co. verlangt müssen wir dabei unterdrücken. Wir sind bestens gerüstet, wenn wir haben:

  • Einen Kurzwellenempfänger mit eintippbaren Frequenzen (durchgehend von 150 KHz bis 30 MHz) und Möglichkeit von SSB-Empfang (Single Side Band). Kostet rund 200.- €.
  • Ein Hand-UKW-Gerät (gibt es bei SVB für ca 200.-€) ist fast(!) schon Luxus
  • Einen Steuerkompaß
  • Ein (oder zwei) ganz billige GPS-Geräte (je 200.- €)
  • Ein einfaches Echolot
  • Seekarten (dürfen in entlegenen Gebieten ruhig älter sein, bekommt man "ausgemustert" auf Frachtschiffen gelegentlich geschenkt!)
  • Einen Plastiksextant (gibt es bei SVB für ca 300.-€)mit Nautischem Jahrbuch von Harald Merkel und ganz einen einfachen Taschenrechner mit trigonometrischen Funktionen (25.- €)

  • Ein Mehr an Instrumenten ist überflüssig und damit rausgeschmissenes Geld. Speedometer haben wir auf dem GPS. Wenn er nicht ohnehin schon da wäre, wäre auch der Kompaß überflüssig, weil wir auf dem GPS auch unseren Track ablesen können und die Selbststeueranlage ohnehin nach dem Wind steuert. Im übrigen tuts sogar ein Pfadfinder-Kompaß für 20.- €.

    Bei der Beseglung reichen Groß, Genua, Fock und eine Sturmfock.

    Spinnaker ist geschenkt, aber zwei Bäume sollten wir haben, um auf den unendlichen Vorwindkursen im Passat unter "Schmetterling" (Fock und Genua) mit versetztem Stagreitern oder notfalls mit Groß und ausgebaumter Genua segeln zu können.

    Nie würde ich auf eine (Wind-)Selbststeueranlage verzichten. Da sehe man sich auf dem Gebraucht-Markt um. Traurig werde ich bei dem Gedanken, dass einst die berühmte Aries läppische 1500.- DM (neu) gekostet hat.

    Ja, und dann sollte man noch jede Menge Werkzeug mitnehmen. Immer wieder hört man den Spruch von (gelernten) Handwerkern, dass man nur erstklassiges Werkzeug verwenden soll. Das mag für Profis richtig sein, die tagaus tagein mit einem solchen Werkzeug arbeiten müssen, gilt aber nicht für uns, wo wir - hoffentlich - nur gelegentlich mit den Schraubschlüsseln zu tun haben. Hierfür reicht auch preiswertes Werkzeug vom Discounter. Dann aber lieber zu viel als zu wenig. Denn verglichen mit Yachtzubehör kostet das Zeugs doch nichts.

    Graue Theorie?

    Wenn der Leser nun glaubt, dass ein solches Schiff nicht besonders gut ausgerüstet ist, dann halte ich ihm entgegen, daß meine Ausführungen nicht vom Schreibtisch kommen. Meine Frau Carla und ich sind vier Jahre lang mit einem ähnlichen Schiff (10 Meter lang und aus Kunststoff) um die Welt gesegelt. Allerdings hatten wir kein GPS - und auch keine hunderttausend Mark (=50 Tausend €). Dafür viel Spaß, unvergessliche Erlebnisse und keine Sekunde das Gefühl, auf einem unsicheren Schiff zu sein. Übrigens: Fast alle unsere Freunde unter den Yachties hatten ein kleineres Schiff und noch weniger Geld auf ihrer Weltumsegelung.

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