Wenn ein Blauwassersegler allein in den Hafen einläuft, dann kommt es ganz gelegentlich vor, dass der Skipper, offensichtlich erschüttert, erklärt, er habe eine(n) Mitsegler(in) verloren. Ganz sicher ist, dass es nicht nur solche Unglücksfälle gegeben hat, sondern, dass der entspannte Mitsegler vielleicht beim Pinkeln an der Reling einen leichten Stoß in den Rücken bekommen hat und darauf über Bord gegangen ist. "Nach stundenlangem verzweifeltem Suchen..." findet sich dann die Aussage in den Akten wieder. So auch bei der Segelyacht APOLLONIA, die nach einer Atlantiküberqerung in Barbados einlief, wo der nunmehrige Wortführer den Behörden erklärte, dass der Skipper und seine Freundin bei Sturm über Bord gegangen seien. Groß hat die Presse über diesen Unglücksfall berichtet. Hätte da ein unter Druck gesetzter Mitsgler nicht ausgepackt, wäre der Mord am deutschen Skipper und seiner Freundin ungesühnt geblieben. Solche Verbrechen könnenmangels aussagebereiter Mitsegler aufgeklärt werden. Anders liegt der Fall beim nachfolgenden Drama, denn letztlich ist der Fall wohl klar. Oder?...
Die THALASSA
lag schon einige Tage in der Marina in Port Phaeton,
dort wo Tahiti an ihre kleinen (Insel-)Schwester
Tahiti-Iti angrenzt. Die Mini-Marina für 20 Yachten ist
deshalb ein Geheimtip unter Blauwassersegler, weil sie
als einzige in Polynesien hurricanesicher scheint. Wir konnten konnten von unseren amerikanischen
Freunden von der LADY STARLIGHT den letzten Pkatz eintauschen. Die
Einfahrt in diesen Winkel war beängstigend eng, mußten
wir uns doch mit den beiden Kielen über die Mooringleinen
hinwegschwindeln - bei Hochwasser, das uns extra 50
Zentimeter bescherte. Zudem versperrte uns ein riesiger
Kat, eigentlich viel zu groß für diese Liegeplätze,
den Zugang zu unserem Liegeplatz.
Wie war der bloß reingekommen? Aber das war das
kleinere Rätsel! Vor wenigen Tagen war der 35-jährige
Amerikaner Kevin Williams (Bild) mit diesem Riesenschiff
in der Marina erschienen als sei dies das
Selbstverständlichste von der Welt. Zudem war, was zu
diesem Zeitpunkt niemand wußte, der Besucher nicht
einmal Segler. Er benahm sich absolut unauffällig,
schwätzte mit den wenigen Seglern auf den bewohnten
kleinen Yachten und es schien, er würde sich als Yachtsmann
sich um sein wunderschönes Schiff kümmern. Sonst
nichts!
Bis er eines Tage
verschwunden war, was kaum jemandem auffiel. Nur die
Marinaleitung machte sich Gedanken, weil keine
Anweisungen vorlagen, was mit dem Schiff zu geschehen
hatte. Sollte es dort die Hurrcanesaison verbringen? Oder
was?
Dann tauchten in den USA Kreditkarten des
Bruders von Kevin Williams (rechtes Bild) auf. Der, Brian
Williams, war in den USA kein Unbekannter und so wurde
man langsam auf diesen Fall aufmerksam. Brian war
nämlich in den USA ein berühmter Basketballspieler
gewesen, der immerhin so erfolgreich war, dass sein
zusammengespieltes Vermögen auf einen zweistelligen
Millionenbetrag geschätzt wird. Als er, aus welchen
Gründen auch immer, seiner Basketballkarriere den
Rücken kehrte, hatte er gerade erfolgreich einen
40-Millionen-Dollar-Vertrag mit den Detroit Pistons
abgeschlossen. Seine Kreditkarten waren also jetzt da.
Wer nicht auftauchte, war Kevin Williams. Die
Nachforschungen begannen. Sie ergaben einen
grauenhaften Verdacht und viele Geheimnisse.
Brian Williams hatte
seinen Namen in Brian Dele (warum?) geändert, war nach
Australien geflogen und hatte dort den wunderschönen
Katamaran HAKUNA MATATA (bedeutet soviel wie:
"Kein Problem!") gekauft. Carla meinte, es sei
der schönste Kat, den sie jemals gesehen habe:
"Die Eleganz seiner Linien kann es mit jeder
Einrumpf-Yacht auf nehmen".
Nachdem Brian kein Segler war, engagierte er
gleich einen australischen Skipper dazu, nämlich den
32-jährigen Franzosen Bertrand Saldox, mit dem er in der
Folgezeit offensichtlich den Riesenkatamaran von
Australien nach Neuseeland segelte. In Neuseeland
erinnerte Brian Dele (alias Williams)
einer früheren Freundin, nämlich der 30-jährigen
Amerikanerin , die er überredete, zu ihm
nach Neuseeland aufs Schiff zu ziehen.
Serena (rechts) hatte ihrer Mutter kurz zuvor
noch ihre Entscheidung mitgeteilt: "Ich hab keine
Lust mit 40 Jahren als Workaholic aufzuwachen und
festzustellen, was ich alles versäumt habe." Nach 6
Wochen in Neuseeland setzte der Katamaran seine Reise
Richtung Südsee fort, jedoch ohne Serena und ihren
Freund Brian, die das Flugzeug vorzogen, weil ihnen der
Riesenkat mit vier Personen doch etwas überbevölkert
("overcrowded") erschien. So waren an Bord nur
der französische Skipper und eben Brians Bruder,
Kevin, der einzige, der wohl das spätere Drama auf der HAKUNA
MATATA überlebt hat - zunächst.
Der Katamaran erreichte
Tahiti und Moorea, ebenso das verliebte Paar Serena und
Brian, die sich auf Moorea in einem teuren Hotel eine
Suite mieteten, den Katamaran sozusagen vor der Haustüre
hatten, in der Lagune mit Kevin und dem Skipper drauf.
Ab diesem Zeitpunkt
verschwinden die Geschehnisse im Dunkeln, wenn man einmal
davon absieht, dass Serena einer Hotelangestellten noch
anvertraut hatte, dass sie den Rest ihres Lebens in
Moorea verbringen möchte; so glücklich war sie
offensichtlich dort.
Was letztlich geschehen
ist, kann wohl nie mehr ganz aufgeklärt werden und
möglicherweise würde man heute noch nicht an ein
Verbrechen denken, wenn nicht der in die USA
zurückgekehrte Kevin seiner Freundin eingestanden
hätte, dass er - warum ist unbekannt - seinen Bruder,
dessen Freundin Serena und Bertrand erschossen und
die Leichen über Bord geworfen habe. Mehr Details werden
sicher auch nie mehr bekannt, denn inzwischen hat sich
Kevin Williams vergiftet. Monatelang lag er im Koma einem
Krankenhaus in Mexiko City.
Indizien
sprechen für die Richtigkeit des makabren Geständnisses
von Kevin. Die französische Polizei beschlagnahmte den
Katamaran und "verzierte" ihn mit einer gelben
Banderole, nach der es sich bei dem gesamten Schiff um eine
"verbotene" Zone handelt, die also nicht
betreten werden darf. Blumenstöcke stehen noch an Deck
herum, warten daruf, gegossen zu werden. Die
Festmacherleinen sind ordentlich belegt, die Tampen
aufgeschossen. So, als ob morgen schon wieder abgelegt
würde. Der Marinachef ist aus anderen Gründen
unglücklich. "Ich brauche den Platz, alle meine
Liegeplätze sind zu 100 Prozent belegt!" Dabei ist
gar nicht absehbar, wer dieses Schiff nochmals bewegen
sollte. Der Eigner Brian Dele ist spurlos verschwunden.
Damit wird es eine endgültige Klärung wohl nicht mehr
geben, denn
Kevin Williams, der zuletzt unter dem Namen Miles
Dabord gelebt hatte, ist kurz nach dieser Tragödie in einem
Krankenhaus in San Diego gestorben.
Zahlreiche Beamte des
FBI, die von den USA eingeflogen waren, entdeckten bei
ihren Untersuchungen zwar keine Geschosse oder Hülsen,
jedoch Blutspuren und Schußlöcher im Steuerbordrumpf
des Katamarans. Ausschußlöcher!

Ein Cold Case! Abgeschlossen? Ein paar Rätsel bleiben wohl! Fasll aber weitere
Informationen bekannt werden, nimmt diese immer noch das FBI-Büro
in San Rafale (Californien) unter der Nummer 001 415 454
0513 entgegen!