INTERBOOT 2017

Bobby Schenk's Blauwasserseminar

von Kai W.Neumann

Was schon vor Jahren verzweifelt herbeigeredet wurde, nämlich dass die Talsohle durchschritten ist, ist jetzt Tatsache.Es geht aufwärts. Mehr Hallen auf der INTERBOOT 2017 sind aktiviert, die meisten Aussteller sind am ersten Wochenende zuversichtlich wie lange nicht mehr. Gerhard Schöchl (Foto), Eigentümer der Werft SUNBEAM, schon seit gefühlt "ewig" in Familienbesitz und nicht wie manche Großwerften von Heuschrecken befallen, grinst: "Es läuft gut, diese Bootsausstellung ist für uns das Richtige". Nebenbei, und nicht ganz unwesentlich für die Bootsausstellungs-Landschaft im deutschsprachigen Bereich, stellt Schöchl bereits am ersten INTERBOOT-Wochenende lapidar fest: "Die Hanseboot", traditionsreichste und Deutschlands erste Ausstellung in Hamburg, "ist tot"! Diese Vorahnung überrascht, denn erst mehrere Tage später wird offiziell zum Erstaunen auch der eigenen Angestellten bekannt, dass 2018 keine Hanseboot mehr sattfinden wird. Dirk Kreidenweiss, Chef der INTERBOOT, reagiert darauf verhalten und fair: "Schlecht für die Branche!" Zweifel sind an dieser Stelle angebracht, denn wenn etwas gut für die gesamte Branche (mit zigtausenden von Seglern) ist, müßte es eine solche Gesundschrumpfung sein, die die Szene von einer jahrelang partei-kaputt-regierten schludrigen Wasser-Messe befreit (Hamburg eben...).

Die INTERBOOT blieb jedenfalls auch dieses Jahr von solchen Entwicklungen unberührt. Ob sie in Zukunft davon profitieren wird? Immerhin ist sie dann die einzige deutsche Bootsausstellung mit angeschlossenem Revier, dem "Schwäbischen Meer", wie wir schon in der Schule gelernt haben. Aber solche Superlative braucht die INTERBOOT gar nicht, denn die sympathischste Boots-Messe Deutschlands war sie schon immer. Und auch die beste Messe für alle Segler, die nicht gerade auf der Suche nach einer 70-Fuß-Yacht sind. Zubehör ist reichlich da und große Werften (Hallberg-Rassy und eben Sunbeam) mit mehreren Yacht aller gängigen Größen ebenfalls.

Aushängeschild Blauwasserseminar im Binnenland

Ein Aushängeschild für die INTERBOOT ist seit vielen Jahren Bobby Schenk's Blauwasserseminar. Dessen Strahlkraft ist nicht nur ungebrochen (13 lange zuvor restlos ausverkaufte Schenk-Seminare), man hat den Eindruck, dass die allgemeine Beliebtheit noch zugenommen hat. Über 150  Teilnehmer aus Deutschland (80%), Schweiz(10%) und Österrreich (9%) -  der Rest aus Belgien, Spanien und den USA. Und das im Binnenland! Sicherlich nicht meßbar, aber der Eindruck und die Reaktion des selbst am Schluß noch vollen Saals - standing ovations und Dankesrede - deuteten doch den Tenor an: "Das beste Blauwasserseminar!"

Hochwertige Referenten

Sicher ist dieser vielfache Erfolg nicht nur auf die Messe oder den Veranstalter zurückzuführen, sondern auch auf die hochklassigen Referenten und die Auswahl der Themen. Eine einfache Wetumsegelung ohne zusätzliche Akzente im Logbuch reicht nicht als Qualifikation zum Referenten beim Schenk-Seminar. Die Zeiten sind wohl vorbei, in denen die Verteilung von für mich ohnehin nicht besonders interessanten Proviantlisten oder die Empfehlung, Konserven vom Papier zu befreien und mit Lippenstift zu kennzeichnen, beeindruckte. Informationen, die man sich heute selbst im Internet leicht zusammensuchen kann.

Als Seminar-Unterlage bekam jeder Teilnehmer eine DVD, auf der die gesamte Webseite von Bobby Schenk (das sind rund zwölfhundert Fach-Beiträge über 18 Jahre - unentbehrlich am Ankerplatz oder auf hoher See ohne WLAN) und mehrere seiner  Filme (Weltumsegelung, Kap-Horn Sturmfahrt durch die Brüllenden Vierziger  etc), sowie wichtige Erkenntnisse zum überlebenswichtigen Thema Medizin an Bord eingebrannt waren. Diese inhaltsschwere DVD war selbstverständlich in den 160.- € (für 2 Personen: 290.- €) genauso eingeschlossen, wie die Verpflegung und der Eintritt zur Ausstellung. Ein Service, der heute auf einem Zweitagesseminar selbstverständlich sein sollte.

Erster Tag

Im ersten Vortrag verblüffte Bobby Schenk mit der Aussage, dass Weltumsegleraspiranten nur wenige Schritte zum Start zu absolvieren haben, nämlich Mitsegeln auf einem Überführungs- oder Langtörn unter einem erfahrenen Skipper und ein Skipper-Training.  Jollen-Segel-Kurse seien aus Zeitgründen so überflüssig wie der Rat vor dem Autoführerschein zunächt mal Radfahren zu lernen. Dazu sollte man wissen, dass Schenk alle Kurse, vom A-Schein angefangen bis zu den höchsten erhältlichen Scheinweihen selbst durchlaufen hat, ja selbst Prüfer für alle deutschen Scheine war, und zwar vor seinen großen Unternemungen.

Schenk berichtete im Film über seine Begegnungen mit großen Seglern, wie Eric Tabarly und Bernard Moitessier, der in Tahiti das Ruder der THALASSA repariert hatte. Die eingespielten Filmaufnahmen von Schenk's Sturmfahrt durch die Roaring Fourties (ohne Segel ein Emal von 160 Seemeilen) ließen es dem einen oder anderen  schon kalt den Rücken runterlaufen.

Kerstin Pieper und Hans Schubert berichteten von ihrem späten Werdegang vom Anfänger bis zum Weltumsegler mit dem Katamaran CINDERELLA. Sie betonten, dass erste Voraussetzung für ein solch großartiges Unternehmen das absolut harmonische Zusammenwirken eines Paares (oder einer Mannschaft) ist. Die Frau darf dabei keineswegs untergeordnet sein, sondern trägt genauso wie der Mann zum Gelingen bei.

Ohne auch nur im geringsten die Qualität der anderen Referenten herabzuwürdigen, darf nach den begeisterten Reaktionen der Seminarteilnehmer festgestellt werden, dass der Star der Veranstaltung die nunmehr 19-jährige bildhübsche Luca Heller war. Als zweijährige "ging" sie mit ihren Eltern Kerstin und Bernd auf einer Sunbeam auf Weltumsegelung. Ihre Erinnerung setzt schon im zweiten Jahr des Welttörns ein, sodass sie sehr plastisch über ihre kindlichen Eindrücke "ohne festen Wohnsitz" an Land sprechen konnte. Nachdenklich wurden alle Seminarteilnehmer, als Luca die Verdienste Ihrer Eltern zur Lösung des vermeintlichen Problems "Segeln mit Kind" unmißverständlich dankbar würdigte. Diese Ausführungen und die Tatsache, dass Luca auf weiteren Segeltörns wiederum bis nach Amerika gekommen ist, beantwortet erschöpfend die ewige Frage von Eltern, wie das so ist, wenn man mit Kindern auf große Fahrt geht. Antwort: Es kommt auf die Eltern an! Die Lockerheit, das Selbstbewußtsein und der Charme der jungen Dame verzauberte das Publikum.

Nach der Pause (u.a. schmackhaftes Chili con Care) stellte Bert Frisch seine Frau Marlene als Maschinistin vor. Was untertrieben ist, denn die beiden bauten in jahrelanger Arbeit (auch am heiligen Abend) die 15 Meter lange Stahlyacht HEIMKEHR aus. Man spürte, dass dem wortgewaltigen Referenten die Kommunikation von Yachtsleuten untereinander am Herzen liegt. Nicht nur in menschlicher, sondern auch in technischer Hinsicht. So stellte Bert, "gelernter" Marine-Seemann, die verschiedenen Satelliten- und Kurzwellen-Funksysteme vor - unterstützt vom Pactor-Fachmann Jörg Drexhagen, der zur Demonstration eine eigene Kurzwellenanlage aufgebaut  hatte.

Im Zwiegespräch fuhren dann Schenk und Sebastian Pieters am Mikro mit einem von Sebastians Lehrer geborgten 8-Meter-Sperrholz-Kajütkreuzer um die Welt. Aber  Sebastian hatte zunächst nicht nur sehr wenig Geld, sondern auch keine Crew. Die Hübsche fand er dann in Form einer Internetbekanntschaft. Ob das man gutgeht? Sebastian fand nur positive Bemerkungen zu seiner begleitenden Segelanfängerin. Und um die übliche Frage dazu zu beantworten: Er hat nach vollendeter Weltumsegelung eine Familie gegründet - nicht mit seiner Crew!

Zum Tagesausklang dann ein Referat, das alle Müdigkeit bei den Zuhörern - wenn es sie denn gegeben hätte - blitzschnell vertrieben hätte.  Der bekannte Fernseh-Meteorologe Dr.Sachweh legte das Hauptgewicht seiner Ausführungen, durchaus zeitgemäß, auf die in letzter Zeit so häufigen Hurricanes. Seine Einspielung von geradezu brutalen Videos von diesen Stürmen jenseits aller Vorstellungskraft ließ die Zuhörer erschaudern. Sie werden in Zukunft sicher weniger gutgläubig sein, wenn ihnen erzählt wird,  wie man einen Hurricane abwettert, im Hafen und erst recht auf hoher See.

Zweiter Tag

Den zweiten Tag eröffnete Dr.Klaus Schuback mit einem Bericht über eine Weltumsegelung durch die liebenswerte Südsee, aber auch das brutale Erleben eines Mastbruchs im Sturm. Die Situation muss so ernst gewesen sein, dass seine Frau zum ersten Mal im Leben seine Anordnungen widerspruchslos befolgt hat. Auch die Problematik der Passeinfahrten in die Lagunen in den Tuamotus stellte er mit Hilfe von ganz ungewöhlichen Seegangfotos (Foto) dar.

Der Österreicher Michael Menard (unsere liebenswürdigen Nachbarn haben ein weit besseres Ausbildungssystem für Fahrtensegler als wir hierzulande) zeigte faszinierende Filmaufnahmen von seinem Skippertraining. Wo gibt es das denn sonst noch: Anlegemanöver, die gleichzeitig von professionellen Drohnen über der Yacht gefilmt wurden und Einblendungen von Mann am Rad und am Gashebel? So gelang es Menard, der derzeit der einzige mit diesem eindruckvollen und technisch enorm aufwendigen Konzept sein dürfte, die Zuhörer auf verbreitete und auch für einige Seminarteilnehmer neue Anfängerfehler aufmerksam zu machen. Und ihnen die allgemeine Scheu vor dem Törnende zu nehmen.

 

Die Mittagspause wurde aufgelockert durch die Verlosung eines neuen Bobby-Schenk-Sextanten im Wert von über 2000 Euro, den Sextant-Hersteller Cassens und Plath für dieses Seminar und seine Teilnehmer zur Verfügung gestellt hatte.

 

Luca - natürlich - war die Glücksfee für den glücklichen Gewinner des wertvollen Sextanten.

Bobby Schenk ließ es sich nicht nehmen, über Elektrik an Bord zu sprechen. Das sei das am meisten unterschätzte ("wie haben ja Solarzellen") und brennendste Problem an Bord. Wie immer schwang da ein wenig Provokation mit: "Kaufen Sie die besten Batterien, nämlich die billigsten!"

Den Schluß zweier reichhaltiger Tage bildete dann das Doppel-Referat "Medizin an Bord" von Chefarzt am Deutschen Herzzentrum Professor Dr.Tassani-Prell und von dem Zahnarzt Dr.Eckard Diesch.

Trocken? Von wegen:

Professor Tassani schockierte gleich mal mit einem Foto, das vor einem Jahr um die ganze Welt ging. Es zeigt eine auf dem offenen Meer treibende Yacht, in der ein deutscher Segler am Kartentisch sitzt - allerdings mumifiziert. Und er räumte mit dem fragwürdigen Ratschlag auf, sich vor einer Weltumsegelung den Blinddarm rausnehmen zu lassen (wie es die Schenks noch getan hatten), indem er auf Grund von Untersuchungen und Statistiken beschwichtigte: Das kann man sich ersparen."

Sein Co-Referent Dr.Eckard Diesch hatte den zahnmedizinischen Bereich übernommen. Seine Thesen verblüfften und erfreuten zunächst mal alle: "Zähneputzen ist auf Langfahrt höchstens einmal am Tag nötig". Aber der Doktor konnte das so logisch begründen, dass ihm selbst ein Zahnarzt unter den Seminarteilnehmern zustimmte. Im übrigen: Die Art und Weise, wie Dr.Eckard Diesch seine Thesen als Langfahrtsegler (Weltumsegelung auf einer 76-Fuß-Swan) und Eigner einer Fahrtenyacht begründete war nicht nur interessant, sondern auch auf Grund seiner schwäbisch-eloquenten Art teilweise sogar im Lokalkolorit brillierend,  höchst unterhaltsam. Erst recht, da er etwas Gold mitgebracht hatte. Nein, kein Zahngold, sondern eine leibhaftige olympische Goldmedaille, die Ecke Diesch zusammen mit seinem Bruder Dr.Jörg Diesch (ebenfalls anwesender Weltumsegler) im Flying Dutchman bei den olympischen Spielen in Toronto für Deutschland gewonnen hatte. Als er dann gar die wertvolle Medaille unter den Teilnehmern herumgehen ließ und den Zuhörern anheim stellte, sich die Medaille um den Hals zu hängen (allerdings mit der Einschränkung : "gell, mei Blechle möcht i zurückham") strahlten die Teilnehmer.

Applaus, lauter herzlicher Beifall im Stehen und schon die ersten Bestellungen von Tickets für ein Blauwasserseminar auf der INTERBOOT 2018. Und noch ein Mail trudelte herein:

"Sehr gut haben uns Ihre sympathischen  Überleitungen zu nächsten Themen, dieses Miteinander der Vortragenden und Ihre ansteckende  Begeisterung für das  Blauwassersegeln gefallen.  Wir sind glücklich zu den Teilnehmern dieses Seminars gehört zu haben.Mit dem Blauwasserseminar auf der Interboot 2018  ( 2019, 2020..)  können Sie sicher noch viele angehende  Blauwassersegler begeistern. Also : auf ein Neues? Mit herzlichen Grüßen Jens und Grit Eckert"

Bobby Schenk hat diese Zeilen gelesen und die Konsequenzen daraus gezogen: Auch 2018 gibt es sein Blauwasserseminar mit neuem Programm siehe hier

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