Wie kommt der Langfahrtsegler unterwegs zu seinem Geld?


Da haben wir nun jahrelang gespart, damit wir unbesorgt um die Welt segeln können. Und nun dieses: Kaum angekommen in Tonga, verlangen die Einklarierungsbehörden ein paar Dollar Gebühr, und zwar in Paanga-Dollar. Und das am Sonntag. Die nächste halbe Stunde sind wir damit beschäftigt, mit dem Beiboot nach Bekannten auf dem Ankerplatz auszuschauen und uns ein paar Tonga-Dollars zu erbetteln.

Früher, in the "good old days" (wie auch die Amerikaner immer wieder betonen) schien alles etwas einfacher. Ein paar Dollarnoten an Bord und schon war die Welt wieder freundlich zu Dir.

Nein, nein, so einfach wars auch nicht immer. Zwar warst Du mit reichlich Cash in Dollarnoten, am besten in einem in der Yacht angeschweißtem Tresor, ganz gut gerüstet, aber ein Allheilmittel war das auch nicht. So musste uns der Bankdirektor einer bereits geschlossenen Bank in Nosse Be (Madagaskar) nach Feierabend mit einem Kleindarlehen aus eigener Geldbörse aushelfen, damit wir genügend flüssig fürs Restaurant waren, oder in Fiji weigerte sich die Citiybank beharrlich einen Bankscheck(!) einer der größten Deutschen Banken ("nie gehört") einzulösen, sodass wir unsere Abfahrt um ein paar Tage verschieben mussten, bis alles zum dritten Male telegrafisch abgeklärt war.

Nein, im Normalfall ist es heute wesentlich einfacher, dein eigenes Geld mitzubringen. Zwar ist es auch heute noch ratsam, ein paar hundert Dollar (amerikanische) in kleiner Stückelung für den Notfall (abgelegendste Inseln wie im San Blas-Archipel) mit sich zu führen. Im Normalfall aber regelt heute alles die VISA-Karte, auch die MASTERS-Karte.

Erstaunlich, wie sich die genannten Karten weltweit quasi als Standard durchgesetzt haben. Die Vorreiter im Kartengeschäft, AMERICAN EXPRESS und DINERS sind bei weitem (!) für den Langfahrtsegler nicht so universell einsetzbar. Deshalb mein dringender Rat: Vor allem VISA-Karte, am besten zwei verschiedene von zwei voneinander unabhängigen Banken - siehe unten. Die Jahresgebühr von unter 50 Euro fällt dabei wenig ins Gewicht, von den anderen Gebühren wird noch zu reden sein.

Nach einer kurzen Rundfrage bei einer Gruppe von anderen Blauwasserseglern der verschiedensten Nationalität, gehört die VISA-Karte praktisch zur Grundausstattung beim Langfahrtsegeln.

Ob Amerika (dort erst recht), Französisch Polynesien, Tonga, Fijii, Mittelmeer oder Australien, die VISA-Karte wird in allen größeren Geschäften (Supermärkte, Reisebüros, Hotels, Restaurants, Tankstellen, Mietwagen etc) als nicht ungern gesehenes Zahlungsmittel gesehen. Anders als in Deutschland ist es in den Einkaufsmärkten in Übersee sogar üblich, auch kleine Einkäufe (ab 10 Euro) mit Karte, vorzugsweise mit VISA zu bezahlen. Ja in den USA wirst Du sogar ziemlich schief angesehen, wenn Du im Motel oder Deinen Mietwagen cash bezahlen würdest.

Beim Einkaufen mit Karte zu bezahlen ist aber nur eine Seite der Münze. Für uns ist ebenso wichtig, an Bargeld ranzukommen, und zwar gleich in Landeswährung. Denn fremde Noten bei der Bank umzutauschen ist eine teure Angelegenheit, wofür du schon mal 5 Prozent der Summe blutest. Also indiskutabel!

Gleiches gilt für Überweisungen. Da lacht des Bankers Herz, denn dann kann er gleich mehrfach schröpfen. Wenn beispielsweise die deutsche Bank nach Tahiti überweist, dann denkt doch klein Fritzchen, dass das ungefähr gar nichts kostet, denn Tahiti ist Französisch und das sollte doch so sein, als ob ich von Frankfurt nach Bamberg überweise. Weit gefehlt, denn das ist eine Überweisung nach Übersee und dort müssen dann die angeblich so guten Euros in die Landeswährung, also in Polynesische Franc umgetauscht werden, kostenpflichtig und daher sehr teuer.

Dabei sind die Gebühren für Auslandsüberweisungen ohnehin derart hoch gegenüber früher, wo eine solche Aktion nach Übersee per Telex 10 Mark gekostet hatte, angestiegen, dass viele es vorziehen, den wesentlich riskanteren Weg des persönlichen Geldtransports  vorzuziehen - wie im Mittelalter eben.

Nun könnte man auf die Idee kommen, bei längerem Aufenthalt in einem fernen Land dort ein eigenes Konto zu eröffnen und sich aus Deutschland eben seine Ersparnisse einmalig überweisen zu lassen. Geht nicht, weil im Normalfall jede Bank einen festen Wohnsitz im Land für die Kontoeröffnung verlangt.

Bleibt also der Weg, am Geldautomaten per Kreditkarte sich das Geld auszahlen zu lassen. Nun darf man die Abdeckung Deutschlands mit solchen Maschinen nicht als representativ vorstellen. Denn diesbezüglich sind wir Entwicklungsland. Ob in den USA, in Panama, in Westindien, in Französisch Polynesien, in Asien oder in Australien, die "Cash-Machine" gehört hier zum Straßenbild. Auch hier hat man mit der VISA-Karte die Nase vorn. Und die Kosten?

Zwo Euro fuffzig verlangt die Entrium-Bank maximal(!) für eine Bargeldabhebung, wenn(!) auf ihr ein Guthaben vorhanden ist. Ansonsten wirds teuer, wogegen ja nichts spricht, denn dann handelt es sich ja um eine Kreditaufnahme. So gesehen war also die Empfehlung des Deutschen Segelverbandes unter seinem Präsidenten Dr. Pochhammer für die Sailor Card (VISA) mit der Quelle-Bank (heute Entrium) vor fast einem Jahrzehnt gar nicht so schlecht. Die Eurocard genießt außerhalb Europas nur mäßiges Ansehen,

Also nur Pluspunkte für die VISA-Karte?

 

Ja, wenn das deutsche Bankenunwesen nicht wäre. Denn die Banken sind auf den listigen Zusatzposten eines "Auslandseinsatzentgelts" (für Aktionen außerhalb der EG) gekommen und kassieren ungeniert über einen Prozent von allen Umsätzen zusätzlich ab. Die Entrium-Bank 1,3 Prozent. 

Halt, es sind nur 1,25 Prozent - Banken arbeiten gern mit der zweiten Stelle hinter dem Komma, das schaut so schön scharf kalkuliert aus! Peanuts?  Wenn man die miesen Zinsen bei Sparguthaben anschaut und die Quellensteuer davon noch abzieht, dann sind doch 1,25 Prozent schon richtig satt und gehen auf Dauer wirklich ins Geld.

Erst recht dann und das ist doch der Hammer, wenn man bedenkt, dass unsere Freunde von den amerikanischen Yachten eine solche Gebühr bei ihrer VISA-Bank überhaupt nicht kennen. Was ja logisch ist, denn VISA ist ja richtig international,  weltweit!

Ja, und dann die liebevolle Kundenbetreuung: Januar 2004 wurde ich telefonisch von meinen Freunden in Deutschland informiert, dass die Entrium Bank eine "Identifizierung" bei einer deutschen Post verlange, ansonsten würde meine Karte bis zum 6.2.2004 gesperrt. Netter Ton einem Kunden gegenüber, der ohne Verbindlichkeiten seit vielen Jahren diese Bank benutzt! Nur rein zufällig befand ich mich zu diesem Zeitpunkt auf der BOOT in Düsseldorf und nicht in Australien. So konnte ich diese üblen Konsequenzen vermeiden.

Nachdem die Entrium Bank aber sogar eine bescheidene Guthabensverzinsung beworben hatte, beschloss ich trotzdem einen größeren Euro-Betrag dorthin zu transferieren, damit auch nicht die geringste Gefahr bestand, bei Geldabhebungen im Ausland ins Minus zu rutschen. Außerdem hätte ich gerne eine Reduzierung des Auslandseinsatzentgelts und eine Übermittlung der Abrechnung per Email gehabt. Denn übers Internet ist eine Abfragung des Kontos bei der Entrium-Bank nicht möglich. Unverschämt? 

 

Ihre E-Mail vom 03.02.2004

Sehr geehrter Herr Schenk,

leider muessen wir Ihnen mitteilen, dass die Guthabenverzinsung der EntriumCard

und der AffinityCards per 31.12.2003 eingestellt wurde. Ein entsprechendens Info-

schreiben wurde bereits Mitte Dezember 2003 an Sie versandt.

Eine Reduzierung bzw. Streichung der Auslandeinsatzgebuehr, oder die Ueber-

mittlung der Kartenabrechnung per Email oder Fax ist nicht moeglich.

Wenn Sie noch Fragen haben, senden Sie uns bitte eine Mail.

Mit freundlichen Gruessen

i.A. Petra Kraemer
Entrium Direct Bankers
Kundenberaterin
CommunicationsCenter

 

Die schroffe Antwort der "Kundenberaterin" läßt sowas schon vermuten! Entschuldigung!

Aber es geht noch schlimmer: Da die VISA-Karte so unentbehrlich ist, hab ich mir eine zweite besorgt - bei der Postbank. Schließlich ist "man" dort ja seit Jahrzehnten Kunde und hat noch sowas wie "Gemeinwohl" im Ohr, wenn von der guten alten Post die Rede war. Bei der Postbank kann man sogar per Internet die Abrechnungen für die VISA-Karte einsehen, ein großer Vorteil!

Der Nachteil läßt sich nachfolgend ersehen:

 

Da wird also Auslandseinsatzentgelt von sage und schreibe 1,85 Prozent berechnet (was die amerikanischen Yachtsleute überhaupt nicht kennen). Damit liegt die Postbank um runde fünfzig Prozent über der Entrium-Bank. Dabei weiß ich immer noch nicht für was das Auslandseinsatzentgelt gut sein soll, VISA ist doch keine deutsche Firma? Vielleicht ist "Auslandseinsatzentgelt" so eine Art  Solidaritätszuschlag für deutsche Banken. Banca Nostra!

Übrigens: Kreditkarten gibt es auch kostenlos. Wer sich darüber und über deren Unterschiede informieren möchte, bekommt die nötigen Informationen im Internet, zum Beispiel hier.

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