Absolute Grundausrüstung für weltweite Navigation
von
Bobby schenk
Klar,
für eine Weltumsegelung benötigt man Geld. Das Schiff und der
Lebensunterhalt werden am meisten ins Gewicht fallen. Aber an der Ausrüstung
sollte der Traum von einer Erdumrundung nicht scheitern. Wenn man sich aufs
Wesentliche konzentriert...
Das
Budget gibt die Ausrüstung meistens vor.
"Small-Budget-Segler",
nicht "Low-Budget-Sailors", sind die meisten unter den
Langfahrtseglern. Das ergibt sich auch aus den vielen hundert Fragen nach dem
notwendigen Geld für eine Weltumsegelung, die hier immer wieder gestellt
werden. Und folgerichtig sind diejenigen, die mit einem nagelneuen Schiff plus
schnieker Ausrüstung auf Langfahrt gehen, in der Minderzahl. Die Mehrzahl
können sich eine mehrjährige Segelreise in die Welt hinaus nur leisten, wenn
sie sich, so gut es geht, von Anfang an einschränken - sei es bei der
Anschaffung des Schiffes, sei es bei der Auswahl der notwendigen Ausrüstung.
Was aber heißt "notwendige" Ausrüstung? Welche Ausrüstung ist zum
Beispiel in der Navigation, bei den Instrumenten, bei der heutigen üblichen
Elektronik "notwendig".
Die
Antwort kann naturgemäß nur sehr subjektiv sein: Von meinem Standpunkt aus
besteht die "notwendige" Navigationsausrüstung aus Instrumenten, die
für die sichere Navigation unumgänglich ist. Geht man von dieser
Forderung aus, dann braucht man für die Elektronik nur wenige hundert - nicht
tausende - Euros ausgeben.
Als
wir in den siebziger Jahren um die Welt gesegelt sind, da bestand die
Navigationsausrüstung auf den meisten Yachten aus Kompass, Barometer, Sextant,
genaue Uhr (Quarzuhren gab es noch nicht), Kurzwellenempfänger (wegen des
Zeitzeichens für die Uhr), Handlot (heute wissen viele nicht einmal mehr , was
das für ein Ding ist) oder Echolot und einem Sextanten.
War keine elektronische Logge an Bord, so hatte man ein Walker-Log, also einen Propeller, der nachgeschleppt wurde, um Geschwindigkeit und abgelaufene
Strecke fürs Koppeln festzustellen. Manche Yachten hatten noch einen
Funkpeiler für 1000 Mark und mehr an Bord, der aber, schon aus damaliger Sicht,
mangels Leistungsfähigkeit sein Geld kaum wert war. Und "reiche" Yachten verfügten noch, wie
heute auch, über elektronische Speedometer, Logge und Windmesser.
Der
Skipper navigiert, nicht die Instrumente
An
navigatorische Fehlleistungen, die zu ernsten Problemen geführt hätten, kann
ich mich nicht erinnern. Alle aus "unserem" Jahrgang sind sicher in
einem Zug, wie es damals üblich war, um die Welt gesegelt. Sie alle haben halt
die "Kunst" der Navigation beherrscht.
In
diesem Zusammenhang wird oft Kolumbus (oder andere berühmte
geschichtsschreibende Seeleute) zitiert, um zu suggerieren, dass man auf viele
Hilfsmittel verzichten kann. Sie werden uns als Beispiel vorgehalten, wie man mit
allereinfachsten Mitteln auch um die Welt segeln könnte. Mit der Schlussfolgerung,
dass all das moderne "Zeugs" nicht notwendig sei. Solche Sprüche sind
markig - und falsch. Denn, andersrum betrachtet, all die Seefahrer von damals,
haben, so sie sich es leisten konnten, die modernsten nautischen Hilfsmittel
benutzt, derer sie habhaft werden konnten. Es hat halt kein GPS gegeben. Hätten
sie eins bekommen - das ist sicher - hätten sie es auch liebend gerne benutzt.
Also,
was brauchen wir heute unbedingt, um aus dem Blickwinkel einer guten
Seemannschaft, von sicherer Navigation sprechen zu können?
Was
ist für eine sichere Navigation wirklich nötig?
An
erster Stelle steht - ich denk, da kann es keine Diskussionen unter Seeleuten
geben - der simple Magnetkompass. Den
Einwand, so ein Dings haben wir doch auf jedem Hand-GPS, wisch ich vom Tisch:
Der Magnetkompass funktioniert immer, auch ohne elektrischen Strom, und er
funktioniert auch bei ganz langsamem Schiff, erst recht, wenn keine Fahrt über
Grund gemacht wird. Und notfalls kann man auch mit dem Kompass Landmarken peilen
und sich so nach dem Landfall auf den Ankerplatz vortasten.
Heute
muss es nicht mal ein schwerer Schiffskompass sein, ja, im Notfall tut es
eigentlich jeder Kugelkompass, vor allem dann, wenn er kardanisch aufgehängt
werden kann. Wenn Geld eine Rolle spielt, dann würd ich für so eine bestechend
geniales Ding keine 50 Euro ausgeben.
In
der Praxis auf Langfahrten ist übrigens die schlechte Ablesbarkeit von
kleinen lebhaften "Pfadfinderkompassen" Nebensache, denn nahezu jede
Langfahrtyacht wird sich selbst steuern, sei es ohne mechanische Hilfsmittel
(ja, das gibt es, wenn auch ganz selten - siehe Rollo Gebhards Solveigh) oder
unter Windsteueranlage laufen. Dass ein menschlicher Rudergänger da an der
Pinne sitzt und auf die Magnetkugel stiert, das kommt wirklich nur noch extrem selten
vor.
Was
die kleinen GPS-Geräte aber wirklich gut können, ist die Berechnung der
derzeitigen Geschwindigkeit über Grund und die zurückgelegte Strecke über
Grund. Für den Small-Budget-Blauwassersegler ersetzen sie somit fast perfekt
ein Speedometer und eine Logge. Nebenbei hat schon das berühmte deutsche
Weltumseglerpaar Koch 1965 auf eine Logge verzichtet, mit der Begründung, an
den Fahrtgeräuschen könne man ganz gut die Schiffsgeschwindigkeit abschätzen.
Was - mit einiger Erfahrung - auch stimmt.
Und
wie steht es mit den anderen schönen Instrumenten, Windmesser
und so? Vor vielen Jahren hat einer meiner seebefahrenen Bekannten
gemeint: "Wenn ich die Windstärken nicht mehr abschätzen kann, dann geb
ich das Segeln auf!" Recht hat er. Denn es bedarf nur wenig Erfahrung, den
Zeitpunkt zum Reffen am Seegangsbild abzuschätzen. Und die Stellung der Segel
gibt mir ein Fetzen Stoff oder ein paar Fäden im Segel optisch vor.
An
zweiter Stelle der absolut notwendigen Mindestausrüstung steht
selbstverständlich ein Hand-GPS, das mit
einfachen AA-Batterien betrieben werden kann. Was für ein GPS-Empfänger? Wenn das Gerät
einigermaßen robust ist, sodass es den rauen Bordbetrieb aushält und schon mal
den freien Fall von der Bank auf den Cockpitboden ohne dauerhaften Schaden
übersteht, eignet sich jedes Hand-GPS-Gerät, gleichgültig, ob es für
Autofahrer, Bergsteiger oder auch Segler gedacht ist. Denn ein GPS-Empfänger
kann nichts anderes, als die Laufzeit des Sendesignals zu den Satelliten und
daraus die Schiffsposition ausrechnen. Und das können alle Geräte, egal, ob sie 100 Euro oder 5000 Euro kosten, gleich gut.
Wenn ich also aufs Budget achten muß: Mehr wie 100 Euro würd für ein GPS nicht ausgeben. Notfalls
tuts eines von Ebay, wenn es nicht älter als 5 Jahre ist. Bei gebrauchten
Geräten würd ich aber immer vor dem Kauf zuerst einen Blick ins Batteriefach werfen. Finde ich
dort Spuren von einer leckenden Batterie, dann käme das Ding für mich nicht
mehr in Frage.
Nochmals:
Den Magnetkompass kann das GPS nicht ersetzen, auch wenn es einen noch so
schönen Kompass abbilden kann und sogar einen rechtweisenden Kurs über
Grund anzeigt, was der Magnetkompass nicht kann. Denn die Kompassrose ist nur
ein grafisches Rechenergebnis aus dem sequentiellen mathematischen Vergleich von
GPS-Schiffsorten.
Zur
absolut notwendigen nautischen Mindestausrüstung gehören Seekarten. Das ist so
selbstverständlich, dass man sie in einer solchen Aufstellung fast vergisst.
Würde man sich mit diesen unentbehrlichen Unterlagen für eine Weltreise so
gründlich eindecken, wie sich die Seekartenhersteller das so wünschen, dann
könnte es leicht sein, dass der vollständige Seekartenvorrat den Wert so
manches Weltumseglerschiffes übersteigt. Die Konsequenz: Auf den Ankerplätzen
herrscht meist ein reger Handel mit gebrauchten Seekarten, in die Copy-Shops
werden hundert von Seekarten angeschleppt, um DIN-A2-Kopien anzufertigen und
Läden, die gleich nur Kopien von Seekarten anbieten, haben Hochkonjunktur.
Ja,
sind denn diese Seekarten auch auf dem neuesten Stand? Gar noch, wenn sie aus
zweiter Hand kommen. Über diesen Einwand würden gestandene Blauwassersegler
nur lächeln. Und wahrscheinlich darauf hinweisen, dass die neuesten Seekarten,
die hierzulande als letzte Ausgabe und als "korrigiert" angepriesen
werden, in ihrem Informationsgehalt auch schon einige Jahre alt sein können,
wenn sie nicht gerade deutsche Gewässer betreffen.
Mit
der genannten Grundsausrüstung könnte man schon einigermaßen sicher
(jedenfalls präziser und bequemer als wir in den siebziger Jahren) um die Welt navigieren.
Wenn sich die Navigation nur über Wasser abspielen würde. Da wir aber gerade
wegen der zauberhaften Ankerplätze, wegen der den sonstigen Touristen
verwehrten kleinen Inseln und wegen den abgelegenene Minihäfen um die Welt
segeln, brauchen wir auch ein Instrument, mit dem wir auch Augen unter
Wasser haben: Ein Echolot. Zwar können
wir heute im Normalfall davon ausgehen, dass das GPS unseren Schiffsort auf 50
Meter oder so genau anzeigt, aber die meisten Karten können mit dieser Präzision
nicht mithalten. So wäre es bodenloser Leichtsinn, in entlegenen Gebieten in
enge Ankerplätze mit den gefährlichen Riffen unter dem gelegentlich trüben
Wasser mit dem GPS unter Hinweis auf die 6-Meter-Linie in der Karte
rumzunavigieren. In einer solchen Situation wird das Echolot zum
Hauptinstrument.
Rein
theoretisch täte es auch ein Handlot, was nichts anderes ist als eine markierte
Leine mit einem Bleigewicht dran. Hätt ich sechs Mann Crew, die zu
beschäftigen sind, würde ich schon mal gelegentlich einen Mann an die Reling
stellen, der mir mittels Handlot die Tiefe "aussingt". Aber das sind
vergangene Zeiten. Meist gehören ja auf einer Blauwasseryacht nur zwei
"Mann" zur Besatzung, die Besseres zu tun haben. Im übrigen sind auch
die großen Tiefenbereiche von elektronischen Echolot-Geräten hilfreich bei der
Navigation. Also, die zwei- bis dreihundert Euro für ein Echolot müssen sein!
In diesem Zusammenhang ein Hinweis: Auf sehr kleinen Yachten, bei denen der
Rudergänger vom Cockpit aus die Wasseroberfläche per Hand erreichen kann, tuts
auch ein tragbares batteriebetriebenes Hand-Echolot, das also nicht eingebaut
sein muss und zudem den Vorteil hat, auch vom Beiboot aus benutzt werden zu
können (Sucher nach einer engen Durchfahrt zum Ankerplatz etc)
Um
was man bei der Ausstattung einer Langfahrtyacht in nautischer Hinsicht nicht
drum rumkommt, ist ein Radiogerät, und zwar
ein Kurzwellenempfänger mit entsprechender Spreizung. Dieser
Forderung entsprechen heute fast alle Radios, die über einen Frequenzbereich
bis mindestens 26 MHz verfügen, Single-Side-Band tauglich sind und deren
Frequenz digital einzustellen ist. So ein batteriebetriebenes Ding sollte nicht
mehr als 200 bis 300 Euro kosten.
Warum Kurzwelle? Weil in den entlegeneren
Gebieten sich die Yacht häufig außerhalb der Mittelwellenbereiche befindet und somit nur auf Kurzwellenfrequenzen Wetterberichte empfangen werden
können. Und ohne Wetterberichte heute herumzusegeln, grenzt schon an
Leichtsinn, zumal die Hurricanehäufigkeit, auch außerhalb der
"gültigen" Hurricanezeiten in den letzten Jahren geradezu dramatisch
angestiegen ist.
Ein
Kurzwellenempfänger hat aber - für uns - noch weitere Vorteile. Wir können
damit am Funkverkehr anderer Yachten passiv teilnehmen, der sich über 100
Meilen und mehr hinweg ausschließlich auf Kurzwelle abspielt. Es ist doch ganz
nützlich, zu erfahren, wie es im nächsten Hafen zugeht und welches Wetter
andere Yachten auf unserer Route haben. Da sich viele Yachten auf Amateurbänder
treffen, brauchen wir zur passiven Teilnahme ("SWL" = short wave
listener) nicht einmal eine Lizenz, um sogar den ganz strengen deutschen
Gesetzen zu genügen.
Nur
ein Luftdruckmesser, also ein Barometer,
kann uns unsere metereologische Position anzeigen, also, wo wir uns innerhalb
eines Druckgebildes befinden. Die gesamte metereologische Situation sollten wir
ja aus unserem Radio erfahren haben, sodass wir von unserem Barometerstand
weitere Entscheidungshilfen oder ganz grobe Prognosen bekommen. Das Barometer
muss nicht teuer, sein - 50 bis 100 Euro sollten dafür ausreichen. es muss kein
maritim angehauchtes Instrument sein mit Ruderrad und so außen herum.
Die
Mindestausrüstung sieht also so aus:
-
Kompass
-
GPS
-
Seekarten
-
Echolot
-
Radioempfänger
-
Barometer
Was
kostet die Navigationsausrüstung für eine Weltumsegelung?
Lassen
wir mal die Seekarten außen vor, dann wird die gesamte Navigationsausrüstung
das Mini-Budget mit weniger als 1000 Euro belasten. Nicht viel Geld für das
Werkzeug, mit dem man um die Welt segeln kann. Wenn man es kann!
Erhebt
sich abschließend die Frage, welche weiteren Anschaffungen empfehlenswert
wären, wenn beispielsweise die Oma ihrem künftigen Weltumsegler-Enkel unter
die Arme greifen möchte? Wenn das Budget doch nicht so "small" ist.
Nach
einem Reserve-GPS stünde bei mir ganz oben ein Notebook, der heute, weil an ihn keine hohen
Ansprüche gestellt würden, weit unter 1000 Euro zu bekommen ist. Auf den kann
eigentlich nur verzichten, wer keine Schreibmaschine braucht, wer statt der
kostenlosen Emails lieber auf die sauteure Snail-Mails während der
Hafenaufenthalte zurückgreifen möchte, wer auf elektronische Seekarten
verzichtet und stattdessen auf die teuren Papierkaten setzt, wer seine
Reiseerinnerungen lieber verderblichem Chemiefilm statt kostenlosen Bits und
Bytes anvertraut...und so fort.
Und
wenn man plötzlich noch mehr Geld hat, wer weiß woher? Dann stünde auf meinem
Wunschzettel (und wenn mein Schiff länger als 10 Meter wäre) unbedingt ein
Radar. Denn auf dem GPS sehe ich Ziffern, auf dem Radarschirm meinen Schiffsort.
Und
wenn dann noch die berühmte Fee erschiene, die mir drei (Zubehör-)Wünsche
freigäbe?
Dann
erst kämen UKW-Handy, Speedometer und Windmesser dran.
Und
dann? Ein Kurzwellensender wäre schön! Aber von da an geraten wir schon in den
Bereich der reinen "Spielzeuge".
zur
Home-Page
Page by Bobby Schenk
E-Mail: mail@bobbyschenk.de
URL of this Page is: https://www.bobbyschenk.de/n000/grund.html
Impressum und Datenschutzerklärung
|