Indonesien war der Volltreffer. Auch wettermäßig.
Jeden Tag Sonne und ein frisches Lüftchen aus Südosten begeisterte uns vom
Klima her. Aber das gilt nicht fürs ganze Jahr. Der Nordwestmonsun bringt die
Regenzeit. Dann ist es besser, vorher weiterzuziehen, und sich nördlich des
Äquators einen sicheren Platz zum Bleiben zu suchen....
September 2004 -
von Entenhausen nach Malaysien
Gili
Aer
ist eine kleine Insel , wie man sie sich wünscht, wenn man vom Aussteigen
träumt: Smaragdgrünes Wasser sowieso, weißer Sandstrand unter Palmen, keine
Autos oder Motorräder, und - sonst wärs ja langweilig - ein Dutzend Kneipen.
Letztere sind aber nicht für die Handvoll Yachten auf der Rede gedacht, sondern
für hunderte von Touristen. Jedoch - die Balibombe! - die Touristen und damit
das Geld für die netten Leute von Gili Aer bleibt schon seit ein paar Jahren
aus. Und so fehlt, schön für uns, der große Trubel. Untätig stehen die
Pferdekutschen mit den kleinen Pferdchen herum und ihre
Besitzer wissen nicht so recht, wie sie die 5000 Rupien (eine Mark) fürs Futter
pro Tag zusammenkriegen können. Denn die paar Yachtsleute, die sich mehr aus
Mitleid für ein paar Dollar um die Insel kutschieren lassen, sind rar.
Pferde
müssten doch auf der ganzen Welt den gleichen Geschmack haben, dachten wir und
brachten in Ermangelung von Würfelzucker ein paar Mohrrüben mit. Einige
Kaubewegungen, dann spuckte der Gaul die Gemüsebrocken trotzig wieder aus. "Manioka
mag das Pferd", meinte sein Besitzer, der vor ein paar Jahren in Erwartung
der Touristenströme immerhin 500 Dollar in seinen Betrieb investierte. Aber wo
sollen wir Manioka hernehmen?
Gleich hinter dem Landeplatz fürs Beiboot befand
sich der Yachtclub. Ein wenig übertrieben ist die Bezeichnung schon, denn es
handelt sich hier um eine ziemlich kahle Hütte, in dem um die paar Tische die
Belegschaft des "Restaurants" lümmelten, bis sich mal eine
Yachtbesatzung dorthin verirrte. An manchen Tag kam niemand. Manchmal landeten
auch Yachties mit dem Beiboot an, und überreichten den Jungs vom
"Yachtclub" lächelnd - man ist ja umweltbewusst - volle Mülltüten.
Ohne ein paar Rupien für Bier oder Essen auszugeben. Ob denen auch bewusst ist,
dass auf Gili Aer der Müll mühsam getrennt, zum Teil verbrannt und der Rest
per Schiff nach Lombok gebracht werden muß? Schmeichelhaft war die Bezeichnung
der Einheimischen für diese Art Yachtsleute nicht! "The rubbish people"
flüsterten sie hinter vorgehaltener Hand.
Das einfache
Essen im "Yachtclub" war schmackhaft und billig, den üblichen Dollar
verlangte
man für eine Mahlzeit. Und das Bintang-Bier war kalt und süffig. Doch
bald waren wir das ewige Nasi Goreng oder Mi Goreng leid
und so hatte Carla die Idee, nach einer Ente zu fragen.
In Asien versteht man
sich wie nirgendwo sonst auf die Kunst des Improvisierens und so versprach man
uns nach Zahlung von ein paar tausend Rupien, mit dem Schiff nach Lombok zu
fahren und dort eine Ente zu besorgen. Denn auf der Insel gabs nur Hühner, die
aber in Massen.
Doch am nächsten Tag erklärte uns Eddy, der
"Kellner" mit betrübten Gesicht, man habe zwar die Ente gekauft, aber
bei der Landung in Gili Aer sei sie ihnen entflogen. Sie könne aber nicht weit
sein, denn Gili Aer ist mit ihren 500 Meter Durchmesser nicht so groß, dass
eine Ente auf immer verschwinden könnte.
Doch die Geschichte arbeitete in uns. Ente,
gerupft und in Plastik verpackt ist eine Sache, eine lebendige auf einer
Trauminsel rumflatternd eine andere. Und so musste ich auf Anweisung Carlas
schon früh am Morgen in den "Yachtclub" fahren und Eddy, der schon
nach der richtigen Sauce gefragt hatte, dazu verdonnern, die Ente auf keinen Fall zu
schlachten.
So lieb sie sind, aber die meisten Indonesier sind auch kleine
Schlitzaugen, die ihren eigenen Vorteil nie ganz außer Acht lassen. Und so
wurde Eddy auch gleich angedroht, dass alle deutschen
Yachten
nach uns von der Sache unterrichtet und die Lebendigkeit des Federviehs
nachprüfen würden. "Ja, aber so eine Ente braucht doch Futter?" Kein
Problem, die paar Rupien vertrug unsere Bordkasse noch leicht. Aber sehen
wollten wir sie zuerst, denn für ein nicht existierendes Tier Bargeld
auszugeben, das schien uns dann doch etwas übertriebene Tierliebe.
Am anderen Morgen empfing uns der pfiffige Eddy
mit der Frage, ob es für die Ente nicht besser wäre, wenn sie auf der bisher
entenfreien Insel einen Enterich haben würde. Das leuchtete uns ein und so wechselte wieder ein Handvoll
schmuddeliger Geldnoten den Besitzer.
Am nächsten Tag war Eddy ziemlich nachdenklich.
Wenn jetzt die Regenzeit komme, dann stehe auch auf der Insel knöcheltief das
Wasser. Das wäre nicht sehr gut für das Entenpaar, ob es nicht besser wäre,
wenn er ihnen ein kleines Haus bauen würde. Auch das sahen wir ein, schließlich
hatten wir ja der Insel das Problem eingebrockt. Und wenn Eddy
großzügigerweise das Haus bauen würde, an uns und an den paar tausend Rupien
sollte es nicht liegen.
Kurz vor unserer Abfahrt machte sich Eddy wieder
Sorgen: Wenn die Enten mal krank werden sollten, Medizin ist teuer... Aber das
war dann doch der Punkt, wo wir das Spiel nicht mehr mitmachten.
Immerhin hat
Manfred von der LAROSSA inzwischen über Funk durchgegeben, dass beide
Enten wohlauf seien und auch schon ein Ei gelegt worden sei...
Bali
wollten wir jetzt endgültig auslassen. Beim Sundowner konnten wir ohnehin die
Sonne hinter dem höchsten Berg von Bali untergehen sehen.
Am nächsten Morgen gingen wir Anker auf mit dem
Ziel Sebana Cove in Malaysien - knappe 1000 Meilen zu segeln. Wir hatten soviel
Sprit, dass wir die Strecke auch durchmotoren hätten können, doch schon am
zweiten Tag stellte sich Wind, schwacher Passat, ein. Denn wir waren noch gut in
der Zeit, der Südwestmonsun würde erst in ein paar Wochen einsetzen.

Hier an dieser Stelle ist es mal angebracht,
über die Schiffsgeschwindigkeiten beim Blauwassersegeln allgemein zu reden. Es stimmt schon, dass unser Kat
die 14-Knoten-Marke er
reichen
kann - unter allerbesten Bedingungen. Aber, wenn der Wind mit gerade eben 10
Knoten exakt von achtern säuselt, dann kann man, auch mit
einem Kat, keine Wunderdinge erwarten. Denn Groß und
Genua zusammen funktioniert nicht, bei dieser Windrichtung würde die Genua abgedeckt.
Und die Genua allein bringt so gerade eben drei bis dreieinhalb Knoten Speed.
Alles andere wäre ein Märchen. Hier schafft nur eine reine
Vorwindbesegelung wie ein Spinnaker oder ein Parasailor echten Gewinn,
nämlich eine Geschwindigkeit von etwas über fünf Knoten. Nicht gerade
berauschend, aber immerhin macht das den Unterschied zwischen motoren und segeln
aus. Am Ende ergibt das dann ein Etmal zwischen 130 und 150 Seemeilen. Und das
bringen Einrumpfyachten ebenso. Und vor dem Wind kreuzen? Das ergibt jedenfalls
mit einem Fahrtenkatamaran keinen so großen Geschwindigkeitszuwachs, dass sich
der Aufwand rentiert.
Das
eigentliche Problem an dieser Strecke, und das gilt wohl für ganz
Indonesien,
sind Tausende von Fischerbooten, mit denen man - vor allem nachts -
konfrontiert wird. So war das Radar nachts im Dauereinsatz, wobei ich eine
Eigenschaft dieses Modells besonders schätzen lernte: Man kann um das eigene Schiff
auf dem Bildschirm einen "Guard" Sektor beliebig festlegen, worauf das
Radar automatisch Alarm schlägt, wenn es ein Echo im Achtung-Sektor feststellt.
Da viele Fischerboote (Holz!) sich erst in ein paar hundert Meter Entfernung auf dem
Radar als Echo darstellten, machte dieses Feature das ständige Beobachten des
Bildschirms entbehrlich. Bei nur einem Mann auf Wache eine große Erleichterung.
Und
der ständige Stromverbrauch? Auch hier hat Furuno mitgedacht: Im Standby-Modus
fließen nur wenige Ampere. Man kann dazu die Guard-Funktion so programmieren,
dass das Radar grundsätzlich im Standby-Betrieb arbeitet und automatisch alle
fünf Minuten in den Sende-Modus mit Guardfunktion schaltet. Findet es im
gewählten Sektor ein Echo, schlägt es Alarm, wenn nicht, legt es sich wieder
im Standby-Modus "schlafen".
Von
diesem 1000-Meilen-Schlag gibts nicht viel zu berichten, außer dass wir bei
Annäherung an die Singapur-Street Besuch bekamen. Eines Abends ließ sich ein Schwalbenpärchen nieder, drückten sich zusammen auf einen Stropp,
zwitscherten noch ein paar Mal und schliefen vertrauensselig ein. Es mussten
deren Artgenossen beobachtet haben, dass sichs auf der THALASSA gut
übernachten lässt und so flog noch ein zweites Pärchen herbei. Am anderen
Morgen dann wieder lautstarkes Unterhaltungsgezwitscher, und kurze Zeit später
war man wieder in der Luft.
Dann verließ uns der Wind. Erwartungsgemäß!
Denn am Äquator "dreht" sich das Wettergeschehen. Als das GPS von
00°00.00' S auf 00°00.01'N umgesprungen war, stoppten wir die Maschinen und
sprangen ins glasklare Wasser. Freilich, einer nach dem anderen. Jeder kennt den
Alptraum aller Segler:. Die Mannschaft nimmt ein Bad, die Yacht treibt davon....
Vor uns lag nun die verkehrsreichste
Wasserstraße der Weltmeere. Zur Vorsicht bekam Rasmus einen Schluck aus der
indonesischen Arrakbuddel ab.

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